Hochgeschwindigkeits-ZuK Montag

Ich hatte zwar was anderes angekündigt, aber ein wenige Minuten zurückliegendes Erlebnis zwingt mich grad dazu hierüber zum ZuK zu schreiben. Wie gesagt, das Ganze ereignete sich erst vor Minuten. Vermutlich bin ich also noch traumatisiert und nicht im Stande mich klar auszudrücken und deswegen wird das hier alles etwas wirr und macht vermutlich zum Schluss garkeinen Sinn. Vielleicht liegt’s auch daran, dass ich auf der Nespresso-Koffein-Skala in den nächsten Gang geschaltet hab, indem ich von violetter auf schwarze Kapsel umgestiegen bin. Ich tippe auch grad schneller. Hui! Geduld und Ruhe sind aber auch sonst nicht gerade meine Stärken. Vielleicht ist die schwarze Kapsel also nur ein Placebo. Geduld ist mein absolutes Steckenpferd. Für Geduld hab ich einfach keine Zeit. Ich kann mir kein Lied zu Ende anhören, sondern muss nach spätestens 30 Sekunden (30 endlosen Sekunden aus meiner Sicht) weiterklicken. Genauso scrolle ich Seiten erstmal hoch und runter, bevor ich mich damit befasse worum es geht. Gibt’s viel zu scrollen, weil die Seiten lang ist: Tschüss, Browser zu. Nächste Seite. Keine Zeit für Lebenszeitverkürzung, das Leben ist zu kurz für Geduld. Ich springe einfach gerne von Start auf Ziel. Aber vermutlich mache ich mir ganz umsonst Sorgen, denn ich bin nicht die Einzige, die vor der Voreiligkeit fort läuft. Aber eine Anekdote zur Verbildlichung:

Ungeduldige Menschen fallen noch durch etwas Anderes besonders auf: Wir kennen alle jemanden, die Sätze, die nur halb ausgesprochen sind gern vervollständigt. Da macht der Redner/die Rednerin eine dramatische Pause im Satz, um dem Gesagten seine würdige Bedeutungsschwere zukommen zu lassen, ein ernstes Gesicht aufzusetzen, einen Schluck Wasser zu trinken oder einfach zu atmen (zwischen Wörtern atmen wird übrigens überwertet. Reden ODER Atmen, bitte. Leben erfordert Entscheidungen. Man kann nicht immer alles haben, außer bei Coke Zero. Aber das Leben ist keine Coke Zero.) aber in die Stille mischt sich immer die Stimme einer, die den Satz dann einfach vervollständigt. In acht von zehn Fällen bin ich diese Ungeduldige Nervensäge. In sieben von zehn Fällen schießt mein hinzugefügtes Satzende völlig am Thema vorbei.

ABER! Das mache nicht nur ich! Für einen medial denkenden Menschen ist das ganz normal. Google macht es uns vor…. und ist in diesem Prozess fast so kreativ wie ich:

Facebook nach Jesus, aber noch vor Lenin und Hitler

 

Ich kommentier das Bild jetzt nicht explizit… Diesen Post könnt ihr jetzt via Auto-Vervollständigung weiterführen. Ich mach ne dramatische Pause und trinke noch einen Schluck Kaffee.

Protestprobleme

… aka „Macht, dass es aufhört! Teil 2 – Aber ziemlich zügig!“

Ich habe nun einen Tag darüber sinniert, ob ich mich in die mir zugeschrieben Rolle der alpinaffinen, aber altersschwachen Alten (mit Vorliebe zur Alliteration) fügen sollte, indem ich mich heute wie eine Dame von Welt fortgeschrittenen Alters verhalten habe. Ich habe doppelt so laut gesprochen wie sonst, mich dabei halb so schnell vorwärts bewegt, den Behindertenplatz in der Bahn benutzt, genörgelt, gemeckert und jeden in meiner Nähe angepöbelt, außer den hübschen jungen Herren, der in der Bahn eine Haltstelle vor mir ausstieg, dem hab ich, ganz wie ich es als rüstige Rentnerin tun würde (ich bin ja dann trotz allem immernoch ich und einfach hoffnungslos romantisch), hinterher gerufen: „Für dich würd ich mir glatt `ne neue Hüfte einsetzen lassen, Jungchen!“

Aber trotz der Freuden, die mir dieser Tag beschert hat, bebt in mir der Widerstand. Nein, ich kann es nicht den Mächten der Netzwelt (siehe vorhergehender Beitrag, für alle die nicht regelmäßig mitlesen) überlassen, wer ich bin und welcher Konsumgruppe in angehöre. Ich werde mich wehren. Ich fordere mein Recht auf Mündigkeit ein! Jawohl!

Einige wichtige strategische Knackpunkte meiner Protestbewegung muss ich zwar noch ausarbeiten, z.B. in welcher Farbe und mit welchem Motiv ich die Protest-Shirts drucken lasse1, aber dafür gibt es Dienstleister im Internet, die übernehmen das für mich. Läuft alles vollautomatisch. Hier ist sowieso alles automatisch. Auch dieser Blog. Denn auch hier kam der allererste Eintrag nicht von mir. Sondern von WordPress, die in meinem Namen der Welt Hallo gesagt haben. Nicht einmal das darf ich selber tun. Läuft alles auch ohne mich. Das denken und handeln haben längste Algorithmen übernommen. Ich surfe nur auf der Welle mit. Vielleicht spart mir das ja noch mehr Arbeit in Bezug auf meine geplante Revolution. Zum Beispiel filtert Facebook ganz automatisch potentielle Mitstreiter, Anhänger, Sympathisanten aus meinen Freunden heraus. Denn da sehe ich ja auch nur noch die, die sowieso meiner Meinung sind. Ausführlich hat sich ein Redakteur von spiegel.de mit diesem Algorithmus auseinandergesetzt. (Konrad Lischka: Die ganze Welt ist meiner Meinung. 13.03.2011. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,750111,00.html) Lischka beschreibt, wie die Mathematik hinter dem sozialen Netzwerk meine Freunde für mich organisiert. Über die, mit denen ich über das Netzwerk heftig kommuniziere, werde ich regelmäßig informiert. Jene mit denen ich mich hier seltener beschäftige und die vielleicht genau darum sogar mal was spannendes, völlig neues, meinen Horizont erweiterndes mitzuteilen hätten, verschwinden aus meinem virtuell-visuellem Sichtfeld. So musste ich neulich mit Schrecken feststellen, dass eine Kollegin, mit der ich über andere digitale Kanäle und traditionelle Kontaktstellen (allen voran die wichtigste aller analogen Kontaktstellen: die Kaffeeküche im Büro), durchaus in regelmäßigem und bereicherndem Austausch („Hier hast du den Zucker. Gibt mal die Milch rüber.“) stehe, ein neues Profilbild hatte. Facebook hat dieses Ereignis als nicht relevant genug anerkannt, um es zwischen „ich bin ja so müde“ und „ich bin ja so krank“ und „ich bin ja so einsam“ auf meiner Startseite erscheinen zu lassen. Dabei ist meine liebste Kollegin eine der Ersten, die ich bitten würde sich meiner Protestbewegung anzuschließen. Mit müden, kranken und einsamen Leuten kann man keine Revolution beginnen, liebes Facebook! Oder geht’s dir grade darum?

  1. Sie werden an dieser Stelle vielleicht schmunzeln liebe Leserin bzw. lieber Leser, aber T-Shirts sind entscheidender Bestandteil jeglicher Gegenwehr. Sie sind die Uniform derer, die gegen die Uniformierung antreten. Bedruckte T-Shirts sind das Emblem des Einspruches, das Medium der Mitbestimmung. Sie machen Personen zu Plakaten des Protests. Ohne T-Shirts brauch man garnicht erst anzufangen. Erinnern Sie sich an Che Guevara’s Vornamen? Na, na? War’s Emil? War’s Egon? Oder war’s Ernesto? Oder doch nur El Che? ABER das Che-Shirt haben sie sofort vor Augen, geben Sie’s zu!