Pokémon Go Go Go! Dass ich nochmal einen Ballsport gut finde, damit hat wirklich niemand rechnen können

Es ist doch genauso, wie mit dem Wein. Verkatert verkünde ich: „Jetzt trinke ich mal nix für eine Weile.“ Und wenig später ist die Weile abgelaufen und das nix nur noch ein laues „nicht so viel“. Mit dem Weintrinken klappt das sogar ganz gut zurzeit. Denn Trunkenheit stört meine Konzentration und die brauche ich ganz dringend, um Pokémons hinterher zu rennen. Jajajajajajaja, letzten schrieb und schrie ich noch: Ich will keine neuen Apps und dann naja, … ach, ich hab es doch oben erklärt. Wer nun nichts dazu hören möchte, kann sich gerne wieder den realen, gekühlt und gekelterten Dingen zuwenden. Ich jage Monstern und irgendwie auch meiner Kindheit und der besseren Zeit, die mir damit versprochen wird, hinterher.

Denn Nintendo gehört zu den Erinnerungen an mein frühes ich. Ich mochte meinen Gameboy lieber als die Jungs in meiner Stufe und wollte so gerne wie Super Mario sein, der einfach über alles Schlechte in der Welt hinweghüpft. Zelda lies mich ganz in den winzigen grün-schwarzen Bildschirm abtauchen. Doch kaum waren die ersten Flegmons und Pummeluffs gefangen, entwuchs ich dem Spielalter und verlief mich zwischen Partys und Bars.

Das kann ich jetzt multitaskend mit dem Pokémonspielen verbinden ! Nun muss ich, wenn ich wartend vor dem Restaurant stehe, nicht verlegen auf mein Display schauen, sondern kann mich mit meinen allseits präsenten quasi-unsichtbaren Freunden vergnügen. Ein bisschen eigenartig ist das schon, Dinge zu sehen, die andere nicht sehen.  Zugegeben, für einen pseudo-halluzinogen Trip ist das Einfangen von kleinen Monstern dann auch doch eher lahm.

Doch ich mag die Sprache, die mit Pokémon Go in meinen Alltag einzieht. „Sorry, ich musste gerade noch ein Ei auszubrüten“, entschuldigt sich die zu spät kommende Freundin, als sei sie ein Huhn, aber nicht irgendeins, sondern ein pflichtbewusstes. Twitterer Herr B. aka @legereaude fasste laut Twitterperlen (das echte Zitat, finde ich auf seinen Seiten leider nicht mehr) den Zeitgeist so zusammen:

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Ein bisschen recht hat er ja. Auf einmal will keiner mehr einfach rumsitzen und sich angesichts des Weltschmerzes betrinken. Das finde ich persönlich sehr schade. Stattdessen brechen wir auf zu stundenlangen, kilometerweiten Expeditionen, um Wesen zu jagen, die es gar nicht gibt. Wir tun so als wären die Monster, von denen uns unsere Eltern sagten, die seien bestimmt und ganz sicher nicht unter unseren Betten, nun doch real und wir freuen uns auch noch darüber. Vielleicht stolpern wir bei der Jagd ja irgendwann auch noch über die echten Monster, die unsere echte Welt gerade heimsuchen. Es wär ganz wunderbar, wenn man z.B. ein Trumpi dann auch einfach in einen weiß-roten Ball sperren könnte.

Grippe, Erkältung oder Anzeichen von Aussterben?

Wenn man alle Motivationszitate der digitalen Welt zu ihrer Essenz runterkocht, kommt man auf den kleinsten gemeinsamen Nenner: „Wer atmet ist ein Held“. An diesem zugegeben äußerst niedrigen Maßstab gemessen, bin leider im Moment alles andere als heldinnenhaft. Denn ich habe die gefühlt schlimmste Grippe seit dem Sieg der westlichen Welt über die Tuberkulose. Das ist selbstverständlich völlig übertrieben, aber wenn man Google fragt, worauf furchtbare Müdigkeit, Fieber, Kopfschmerzen, Husten und verschlossene Atemwege hinweisen könnten, zieht die Suchmaschine schleimige, grüne Informationsklümpchen durch sein eigenes Nadelöhr und hustet der Suchenden Ergebnisse auf die Brust, die Waldsterben und Klimawandel wie einen Pups erscheinen lassen.

Und da ist das Problem mit dem Internet. Es ist alles immer gleich ganz furchtbar. Das Internet möchte immer beweisen, dass es eine noch viel überraschendere, spannendere und erstaunlichere Möglichkeit gibt, einen Sachverhalt zu betrachten. Von Heile Welt auf What the Fuck schießt mich das Netz in weniger als 3 Sekunden. Doch wie in Star Wars, gibt es nicht nur eine dunkle Seite, sondern Gott sei Dank auch Dinosaurier im Internet! Das ist gut. Denn das ist meine Medizin. Schon als Kind habe ich mir krank zu Hause liegend, immer wieder Jurassic Park reingezogen und mir von meinen Eltern Dino-Figuren schenken lassen. Im Nachhinein finde ich es etwas paradox, sich während man krank ist mit einer Art zu befassen, die gänzlich ausgestorben ist. Vielleicht war das aber auch gerade mein Trost.

 

Und so bin ich begeistert und würde laut lachen, wenn ich dafür genug Luft, durch meine entzündeten Stimmbänder pressen könnte. Denn das Internet schenkt mir meine Medizin: „TrexTuesday“! Ein paar Jungs in T-Rex-Kostümen filmen sich jeden Dienstag bei Dingen, die Menschen so tun; nicht Menschen wie ich, denn ich kann kein Parcour und bin viel zu erkältet um Eislaufen zu gehen oder durch die Welt zu rennen…

Gute Besserung liebe Dinos, vielleicht klappt das mit der Evolution ja doch nochmal.

Zu viele fremde Tassen in meinem Schrank

Die Wege des Internets sind kurz? Ha! Von wegen! Sie sind lang, verschlungen und kompliziert. So lang, verschlungen und kompliziert, dass man Stalker-Fähigkeiten braucht, vom Format, wie sie nur Spione im Dienste ihrer Majestät aufzuweisen können. Wer nun findet, dass das alles etwas verrückt klingt und mir unterstellt, ich hätte nicht alle Tassen im Schrank, irrt. Denn aus Gründen des Internets habe ich nun sogar eine Tasse zu viel im Schrank. Eine schwarze Tasse, mit dem Namen eines Mannes draufgedruckt, mit dem ich bisher noch nie eine Tasse Kaffee getrunken habe. Ich weiß nicht mal, ob er Kaffee mag. Oder doch vielleicht lieber Tee?

Wie kommt dieses Geschirr also in meine Küche? Auf Umwegen, wie immer, wenn ich irgendwas per Post bekommen soll. Außer es handelt sich nicht um MEINE Post. Die Post anderer Leute gibt mein Postbote nur zu gerne bei mir ab. MEINE Post aber landet immer in anderen Filialen, Stadtteilen, Ländern… . So auch diesmal. Ich machte mich also mal wieder quer durch Köln auf den Weg ein unbekanntes Paket abzuholen. Ich hasse Überraschungen! Aber ich kann sie nicht ignorieren. Nach zweitätigem Wahnsinnigwerdens, was mir wer denn da schickt, hielt ich also ein Paket in der Hand, mit einer Tasse drin und einem Zettel, auf dem stand, das sei doch mal ein ganz tolles Werbegeschenk. Hätte ich mich zu diesem Zeitpunkt noch daran erinnert, was ich vor ein paar Wochen gesagt bzw. gebloggt hatte, wäre das eine lustige Nachricht gewesen. Blöderweise merke ich mir aber nicht, was ich sage oder blogge. Bei Sätzen, die mit „Du hast doch mal geschrieben, dass…“ anfangen ist meine Leitung ähnlich weit, wie die des Netzes. Aber jetzt, nur 3 Tage, nachdem ich das Paket aufgemacht habe, schaltete meine mentale Ampel auf Grün. Aha! Die Erkenntnis, Google sei Dank. Denn der Name auf der Tasse gehört zu einem Fotografen, der meinen Blogpost über doofe Werbegeschenke gelesen hat, mir daraufhin in einem Tweet androhte sein tolles Werbegeschenk zuzusenden, auf irgendeine Weise meine Adresse, die nicht mehr meine Adresse ist, herausbekommen hat und dachte es sei eine ganz tolle Idee mir eine Tasse mit seinem Namen drauf zu schicken.

Darum müsste ich jetzt wohl „Danke“ sagen. Und genau das ist das Problem mit Geschenken. Man kriegt Sachen, die man nicht haben will und ist dadurch gezwungen sich freundlich zu bedanken – lernt man ja schon als Kind: „Was sagt man da zum lieben Onkel?“. „Geh weg, du pädophiler Sack!“ sagt man, wenn es nach meiner Erziehung geht, denn meine Mama hat mir beigebracht nix von unbekannten Onkels anzunehmen.

Nun hab ich mir den unbekannten Onkel mal angesehen und was er so macht und das sieht immerhin nicht so verdächtig aus, sogar sehr schick. Sollte ich mir also Sorgen machen? Sollte ich? Ja? Zu spät. Denn längst schlürfe ich schon an der Tasse rum. Das ist auch so ein Problem mit Geschenken: Man will sie nicht, aber wenn’s was umsonst gibt, dann nimmt man’s, bevor es einem wieder weggenommen wird. Apropos, weil der Schrank ja jetzt voll ist, wäre es ganz super, wenn mir jemand als nächstes Werbegeschenk einen größeren Schrank schicken könnte! Und dann vielleicht eine größere Wohnung! Was mit Deckenfenster wäre toll! Das wäre mal ein Werbegeschenk!

 

 

Zufall oder Fügung oder doch einfach ein Eis?

Jetzt ist es offiziell und verifiziert – ich habe den Beweis – die Maschinen haben übernommen. Denn gerade, als ich darüber nachdachte, ob ich nicht mal wieder eine Immerantworten-Sprechstunde abhalten sollte, sah ich DAS:

immerabgelenkt_antwortenvonselbst

Es ist soweit! Fragen beantworten sich von selbst! Wenn das kein Zeichen für die Übernahme der Welt durch die Maschinen ist, dann…dann…. ja, dann ist das kein Zeichen für die Übernahme der Welt durch die Maschinen. Kritiker mögen rumnörgeln, dass EIN solcher Fall reiner Zufall sei, deswegen nennt man sie ja Kritiker. Tatsächlich ist das so, als wenn man sagt, ich werfe eine Münze in einen Brunnen und wünsche mir ein Eis und an der nächsten Ecke ist eine Eisdiele. Dann denkt man die Münze ist Ursache der Wirkung, kann sich aber kein Eis kaufen, weil man ja grad sein ganzes Kleingeld in den beschissenen Brunnen geworfen hat. Folglich gibt es keine tatsächliche Korrelation zwischen Brunnen, Wunsch und Eisdiele, sondern nur Zufälle. Und in der Tat war auch diese sich selbst beantwortende Suchanfrage wohl eher die Ausnahme als ein Zeichen für eine höherentwickelte Macht. Für Google-Sucher, die es mit Fragen wie „Heiratsantrag Zwiebel“ her leitete, gibt es darum keinen Gott (aus der Maschine) sondern nur mich. Immer bleibt alles an mir hängen…. Boah, aber gut. Ich hab tatsächlich grad Zeit. Also her mit den fehlgeleiteten Suchbegriffen. Kommt rein, fasst nix an und stellt eure Fragen. Ich erbarme mich. Ausnahmsweise. Und nur heute. Bis ich was bessere finde, das ich heut abend noch unternehmen kann.

„Bilder Sex Brückenpfeiler“ – Sexbilder finden sich tendenziell häufiger im Internet als an Brückenpfeilern. Dennoch kannst du dich dort gerne rumtreiben in der Hoffnung selbst derartige Aufnahmen zu machen. Dass du samt Kameraequipment heil nach Hause kommst, damit würde ich dann aber eher nicht rechnen.

„geile titelbilder für facebook“ – Lassen sich auch eher unwahrscheinlich unter Fahrbahnüberquerungen machen.

„die pinkeln“ – Nicht nur die pinkeln, sondern die auch und ganz offen, du höchstwahrscheinlich ebenfalls. Pinkeln ist weiter verbreitet als man meinem mag. Angeblich ist es sogar irgendwie gesund, wenn auch lästig. Denn meistens muss man dann, wenn die Schlange vorm Klo am längsten ist.

„gespaltener Penis“ –  Kann Ursache oder (Neben-)Wirkung einer gespaltenen Persönlichkeit sein. Womit wir dann wieder beim Ausgangsproblem sind. Was kam zu Erst? Huhn, Ei, zu viel Alkohol, oder der Kumpel, der meint ein Youtube-Video qualifiziere ihn für chirurgische Eingriffe? Vielleicht sollten wir lieber nach diesen Fragen Googlen! Wirklich! Ich mach das jetzt. Ich löse das Rätsel. Und schließe darum die Praxis doch direkt wieder.

Außerdem will ich ein Eis.  Und wenn ihr mehr Antworten wollt, könnt ihr einfach mein Immerantworten-Ebook runterladen!

Ich glaub es hackt!

Schöne Fotoaufnahmen machen alles appetitlicher. Alles. Der passende Winkel und eine gute Lichtsetzung, schon läuft Quasimodo Matthew McConaughey den Rang als Sexiest Man Alive ab, eine 20qm-Ein-Zimmer-Wohnung im Souterrain wird zum lichtdurchfluteten Loft und aus Jogurt und Keksresten ein Trifle, garniert mit karamellisierten Erdbeerscheibchen.

Food Porn ist eins der Dinge, die heute viele Internetnutzer und vielleicht sogar noch mehr Internetnutzerinnen, in ihrem Menü haben. Seit 2011 stehe zwar  Social Media auf Platz eins, der am häufigsten abgerufenen „Services“ im Netz, aber das heißt noch lange nicht, dass wir mit unseren Netz-Kontakten nur aktuellste, gesamtgesellschaftsbetreffende Informationen teilen. Bei den meisten Meldungen, die wir hin und her schicken, die wir veröffentlichen, posten, teilen und liken steht gerade das „ME“ in Social MEdia im Mittelpunkt. Oder das MEiiiau. Aber darum geht’s mir heut nicht. Denn ich hab keine Katze zu Weihnachten bekommen, sondern eine Auflaufform. Bis gestern war diese Form mit Gummibärchen gefüllt und hatte damit einen Nutzen für mich. Jetzt ist sie leer und erinnert mich mahnend an ihre massenproduktionell-mitgebenene Funktion: Aufläufe kochen.

Zum einen, bin ich keine große Köchin, weswegen man mich wohl mit einer solchen Form, für die „einfache Küche“, bedacht hat. Zum anderen, habe ich aber extrem hohe Ansprüche an meine Nahrung. Und Auflauf ist. nicht. sexy. Null. Saltimbocca! Das klingt nach Genuss. Ebenso Ratatouille. Und sogar Curry-Kürbissüppchen mit Kokosschaum, klingt alliterarisch appetitlich. Aber Auflauf? Nope.

Ich hab mich quer durch’s Netz geklickt, durch alle Rezeptcommunities, von Chefkoch über Kochbar bis hin zu Yummly, dem amerikanischen Hollywood-gleichen-High-Class-Food-Porn-Netzwerk (sicher sind da einige Sachen auch gemacht! Also, bitte, diese Brioche sind doch nie natürlich!!), aber Auflauf bleibt altbacken. Egal von welcher Seite fotografiert, egal ob mit viel oder wenig Licht.

Noch unattraktiver wird’s, wenn man sich die Zutatenlisten für mögliche Auflaufrezepte durchliest, bei denen, meist an vorderster Stelle, das zweit-hässlichste Lebensmittelwörtchen überhaupt und ever steht: Hack. Hack und Auflauf. Hack-Auflauf. Oje. Wenn also Food Porn, das kulinarische Äquivalent zu „traditioneller“ Pornographie ist, in welches perverse Untergenre verstauen wir dann den Hackauflauf?

Ich glaub ich gehe morgen Gummibärchen kaufen und fülle die wieder in die Schale. Oder ich stelle sie aus. Leer. Ein Ready Made. Ganz große Kunst in der kaltbleibenden Küche.

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Update im Fall Florian Sommer

Ich wage mich auf neues Terrain. Immerenthülllungsjournalismus, könnte man das nennen. Oder zumindest Dieseinemalenthüllungsjournalismus. Denn anonyme Informanten, darunter die größte Plaudertasche ever, bekannt als „Google“, haben mir weitere Infos zum Fall „Wo ist der Sommer“ aka Klassensprecher der 3a zukommen lassen, die einige meiner Frage zu diesem Facebookphänomen beantworten, z.B. die Frage, wer als Konkurrenz für Florian Sommer im Wahlkampf um den Klassensprechertitel der Grundschule antritt. …Der da (leider kann ich wieder nur mit Links weiterführen…copyright und so…)

http://ask.fm/KlassensprecherGabriel

Auch dieser blonde Junge, der leicht mit Florian Sommer verwechselt werden könnte..sehr leicht…vielleicht zu leicht (??) möchten den Posten als politisches Sprachrohr an der Grundschule in nahe Wien werden. Moment, Wien? Ein Österreicher, mit einer ehrgeizigen Strategie zur Machtübernahme? Oh. Je. Oh. Je. Ähm..wie viele Follower hat das Kind nochmal in wenigen Wochen bekommen? Fünfstellig. Aha. … Ja, ich pack lieber schon mal.

…. Es hat auch einfach alles ein Revival….mannnmannnmannn

Wo ist der Sommer?

Noch vor zwei Tagen fragte ich mich, wer dieser Florian Sommer ist, das Kind, das bei facebook tausende Likes für seine politischen Ambitionen erntete. Zur Erreichung des Ziels Klassensprecher irgendeiner 3a zu werden, hatte er ein 1a-Beispiel für Social-Media-Hypisierung geliefert. Und ganz dieser Gattung gemäß hatte er nicht nur Fans um sich gescharrt, sondern auch gemein pöppelnde (a)sozial-mediale Nutzerschaften angezogen. Weil ich die Fanpage nun, da ich mir die Zeit nehmen wollte darüber zu bloggen, nicht mehr finden kann, muss ich auf einen Scrennshot via Link verweisen.

http://gtawc.net/index.php?page=Thread&threadID=38342

Ja, tatsächlich, klickt ruhig nochmal rüber auf das Bild. Und noch einmal

…ganz in Echt und wirklich, sah SO die Seite aus, über deren Funktion und Fake-ilität ich mir begründete Mutmaßung machte. Gab es dieses Kind wirklich und meinte der das Ernst? Handelte es sich vielleicht, um eine Guerilla-Werbeaktion für Haargel oder Businessherrenmode in Zwergengröße? Oder gar eine Initiative für mehr politisches Interesse bei jungen Wählerinnen und Wählern? Und vor allem, das fragte ich mich am allerallerallermeisten: Wie sah die Konkurrenz des Klassensprecher-Kandidaten aus und wohin müsste ich meinen Briefwahlantrag senden?

Doch noch bevor diese Wähleranliegen geklärt wurden, verschwand die Seite und reiht sich nun in die Hall of unsolved Mysteries of mankind ein, gleich neben der Geschichte vom heiligen Gral und der Frage, warum Männer immer allein auf’s Klo gehen.

Während Skully und Mulder schon mal bei Eduard Zimmermann im Jenseits anrufen, wage ich drei erste Thesen zum Verschwinden:

1. Die FTP hat dieses Highpotential abgeworben, ihm dann aber den facebook-Zugang gesperrt, weil dieses Internet und alles da drin ja gefährlich ist.

2. Florian Sommer hat sein Ziel erreicht, ist Klassensprecher der 3a geworden und überlässt seine Fans und Follower (aka das Volk) nun einer liberal-toleranten Selbstverwaltung (aka im Stich).

3. Das ganze war und ist die Fortsetzung von Kill Kony 2012. Ein Social-Media-Alien par excellence.

Ganz demokratisch könnt ihr gerne für 1, 2 oder 3 abstimmen. Vielleicht hat ja sogar jemand weiterführende Tipps!

Beziehungsstatus: Zu wenig Zeit

Leider ist Bloggen noch immer ein brotloser Erwerb, in manchen Fällen sogar brotlose Kunst. Da ich auf Grund meiner Zöliakie eh kein Brot vertrage, is mir das Schnuppe und blogge auch pleite. Hin und wieder brauch ich dann aber doch Milch und Kaffee und schufte darum brav im Büroalltag, vollkonzentriert und völlig unabgelenkt.

Und aus diesem Grund wird die Zeit zum Bloggen knapper in den nächsten Wochen. ABER, wie eine moderne Mutter mit 50 Stunden Arbeitswoche kompensiere ich die fehlende Quality-Time mit euch mit ….GESCHENKEN! Jawohl! Ich hab gebastelt. Und zwar Facebook-Header für die Timeline!

Ihr könnt sie gerne für eure Profile nutzen, kopieren und an Freundinnen und Freunde weiterschicken, oder ausdrucken und an eure Kühlschränke kleben. Zu den Kühlschranken komm ich auch ganz bald wieder! Versprochen!

Achja, und ihr könnt euch zum Zeitvertreib oder zum In-den-Kühlschrank-Legen auch gerne mein Büchlein bestellen. Bis ihr die 184 Seiten durch habt, hab ich vielleicht auch schon wieder ganz viel Neues gebloggt.

Beziehungsstatus: Verliebt in facebook gibt’s zum Beispiel http://bit.ly/QBuN2e

‚Status‘ of Affairs

Ich kämpfe mich noch durch die Korrekturen von „Beziehungsstatus: Verliebt in facebook“ und werde noch ein wenig Zeit benötigen. Aber während ich noch am Endprodukt werkele, habe ich beschlossen, die Ausschnitte online zu stellen, die rausgeflogen sind aus dem Buch. Auch wenn sie dann nicht ins Gesamtwerk passten, passen sie doch immer ins Blog. Viel Spaß damit:

Sprache ist ja nur eine Aneinanderreihung von Zeichen, die erst durch die Entschlüsselung des Empfängers mit Bedeutung aufgeladen wird. Semantik hat de Saussure das Spiel zwischen Sendern und Empfänger genannt. Lasswell hat das dann mit seinen Worten nochmal gesagt und herausgestellt wie wichtig Ort, Zeit, Absender und Empfänger sind. Und viele andere haben sich seit dem die Nächte um die Ohren geschlagen, um das Mysterium, das schon Kindern mit dem Lied „Was soll das bedeuten?“ eingesingsangt wird, in theoretisch-wissenschaftlichen Analysen zu lösen.

Und auch in der Praxis, fragte sich Anna, in der Ära facebook:„Was soll das nur bedeuten?“ facebook-Statusmeldungen zu entschlüsseln bleibt eine geheime Hexenkunst, aber versuchen darf man es ja doch. Darum hier ein kleiner Status-Subtext-Übersetzungsversuch gängiger Statusmeldungen auf facebook:

Statusmeldung: „Was schiefgehen kann, geht auch schief…“

Übersetzung: Ich brauche Aufmerksamkeit. Und Mitleid. Denn mein Lebensplan realisiert sich in einer mir nicht erwünschten Weise, eigentlich ist es aber garnicht so schlimm, weil ich ja noch Zeit habe die persönliche Verfehlung via facebook der Welt mitzuteilen. Mitleid und Aufmerksamkeit brauche ich aber trotzdem. Denn mein Ego sinkt grad.

Statusmeldung: Dorf Auvfn mehr tu Trubel ! Wk BSHG Vaduz DivX wav??

Übersetzung: Ich bin betrunken und versuchen über mein Smartphone Kontakt mit der Welt aufzunehmen, dabei korreliert meine alkoholbedingte Koordinationsunschärfe mit der Autokorrekturfunktion meines Telefons. Egal ob dieser Status gemocht oder kommentiert wird, ich werde ihn morgen bereuen.

Statusmeldung: Danke für all die lieben Geburtstagsglückwünsche, ich habe mich sehr gefreut!

Übersetzung: Ich weiß, dass nur deswegen so viele Leute an meinem Geburtstag gedacht haben, weil facebook sie daran erinnert hat, aber das ist mir egal, Hauptsache Aufmerksamkeit und ich hab mich auch über jede beiläufige Gratulation so sehr gefreut,  wie über eine persönliche, ernst gemeinte. UND mir ist sehr wohl aufgefallen, dass DU, ja DUUUU, mir nicht gratuliert hast! Und um dir das bewusst zu machen, bedanke ich mich jetzt nochmal in aller Öffentlichkeit bei den 199 von 200 FreundInnen, die an mich gedacht haben, wenn auch nur für 2 Sekunden. UND DICH (!!!), ja dich, der du gesehen hast, dass ich Geburtstag hatte und mir NICHT gratuliert hast, dich lösche ich jetzt. ..Oder später. Vielleicht. Bestimmt. Vielleicht war er ja nur nicht online an dem Tag. Na gut, einen Versuch hat er noch. Nächstes Jahr lösch ich ihn aber, wenn das wieder vorkommt! Jaha! Echt.
Leckkeerrr! [Post der in der Regal mit einem Foto der gerade zu verzehrenden Speise daherkommt]
Übersetzung: Ich habe gekocht. Oder zumindest Geld für Essen ausgegeben. Und weil ich sonst nichts tolles zu posten habe, poste ich eben das. Essen geht schließlich immer, essen müssen und mögen wir alle, also garantiert dieser Post auch ein paar Likes. Ha!

Statusmeldung: Scheiß neues Gesetz § XY!! [Oder eine beliebige politische Meinungsäußerung ansonsten neutral-politischer Menschen, zu einem medienpräsenten Thema.]

Übersetzung: Ich habe heute morgen die Bildzeitung gelesen und jetzt eine Meinung. Jawohl! Und ich bin voll dagegen. Jawohl! So, das musste mal gesagt werden.
 

Statusmeldung: Bitte poste dies weiter, denn facebook ändert die Privatsphäre-Einstellungen. Geht zu Privatspähre und ändert…

Übersetzung: Das sah wichtig aus, deswegen hab ich es mal weitergeleitet, ich leite auch Kettenbriefe weiter, weil es könnt ja doch was dran sein. Worum es eigentlich geht, weiß ich auch nicht so genau, aber Privatsphäre klang wichtig und facebook klang böse. Also weiterleiten! Ja, ihr alle! Ich tu’s auch. Gemeinsam gegen …ähm…facebook?!…okay, facebook! Gemeinsam gegen facebook! Wir lassen uns das nicht gefallen, was auch immer „das“ ist.

Statusmeldung: [Post an die Pinnwand des Freundes] Ich hab dich sooooo lieb Schatzi!!! Letzte Nacht war toll! Freu mich auf später! :-*

Übersetzung: Die Ex-Freundin(nen) sind noch mit ihm über facebook befreundet und ich musste kurz mein Revier markieren.

Wenn man anfängt Mäuse zu sehen, geht’s nicht mehr lange gut

Es gibt sie noch, tatsächlich; Menschen ohne facebook Profil, die man nur kennt als „jene, die nicht auf facebook sind“. Wobei hier differenziert werden müsste. Denn es gibt auch facebook-Nutzerinnen und –Nutzer, die zwar kein eigenes facebook-Profil haben, aber dennoch auf/in/bei/ oder-wie-auch-immer-man-es-präpositionieren-will facebook sind. Menschen, die sich zum Beispiel über die Accounts ihrer Lebenspartner einloggen, um dann doch am sozialen Stalkertum zu partizipieren. Apropos, Party! Das hier ist der 100. Blogbeitrag! 100mal abgelenkt! Gratulationen werden gern angenommen!

Aber nun zurück zum Thema… Denn ein solcher, nicht auf facebook-vertretener Freund teilte mir am Montag mit, dass er glaubt, dass Netzwerk mache es eh nicht mehr lange und auf sinkende Schiffe steige er nicht auf.

Ist es möglich? Kann es etwas anderes geben? Irgendwann einmal, in einer fernen, fernen Zeit, vielleicht sogar auf einem anderen Planeten, das facebook ablösen wird? Denn facebook wird ja nicht einfach den Eisberg rammen, unter gehen und alles ist aus. Studivz hat erfolgreicher als Google+ versucht, sich zum Mutterschiff aufzuschwingen, die Lokalisten kann ich in ihrer Nische nicht lokalisieren und auch bei wer-kennt-wen, kenn man mich nicht und ich kenn da niemanden. Und gab’s da nicht auch so ein anonymes Anti-facebook Netzwerk, dessen anonymen Titel ich glatt vergessen hab?? Egal wie es hieß, sie alle versuchten facebook das Wasser zu reichen und verschwanden schnell wieder vom Radar, oder treiben ziellos im Datenozean vor sich hin.

Aber heute habe ich etwas gefunden, dass tatsächlich das Potential hat, richtig große Wellen zu schlagen. Ich bin grad aufgesprungen, auf mein Board bei rebelmouse.com, als early beta user und während die Strömung mich immer tiefer rein zieht, merke ich, wie ich mich wie damals fühle, als ich mein facebook-Profil einrichtete. Hier drüben schreiben wir noch dies rein und da unten noch jenes, und da muss auch noch was hin und hier ein hübsches Bild und an die Wand da, da kommt ein cleverer Spruch für Besucher. Ich hab’s mir erst mal hübsch gemacht und mich schnell zu Hause gefühlt. Das Dekorieren machte Spaß und so verstreute ich meine persönlichen Informationen im virtuellen Raum und freute mich, dass alle meine Freundinnen und Freunde auch einzogen und wir zusammen glücklich in unserem Privatdatenchaos vor uns hin hausen können und so munter vor uns hin treiben.

Doch genau dieses Gefühl, die Euphorie, die beim ersten Klick auf rebelmouse.com/immerabgelenkt, machte mir bewusst, wir sind auf einem Schiff. Und an Board sind Mäuse, Ratten und die nagen am Bug. Denn im Gegensatz zu Google+, Lokalisten und all denen, die da mit ihren Schlauchboten gegen die MS facebook anpaddeln wollten, sind die rebellierenden Mäuse einfach an Board geschlichen. Mitmachen kann man bei rebelmouse.com bisher nämlich nur über die Vernetzung mit dem eigenen Social-Media-Profil.

Nach 99 Blogbeiträgen zu Facebook und digitaler Lebenswelt und einem Roman zu facebook, der in Kürze (!!! Vielleicht schon Ende des Monats) bei Bod.de erhältlich sein wird, nach all den Jahren Facebook-Nutzertum, halte ich – und ich hätt’s NIE geglaubt – die Revolution für möglich. Ich hätte aber nie gedacht, dass sie in Form von Nagetieren daherkommt.

Crowdtweeting – Folter und fucking fabelhaftes Social Media Marketing zugleich

Ich und das türkise Twitter-Täubchen leben ja bekannter Weise ko-existentiell voreinander hin, genau wie ich und die Tauben auf dem Nachbarbalkon. Solange mir die Viecher nicht nah kommen und mich oder meinen gemieteten Grund mit ihren Exkrementen nicht tangieren oder gar tapezieren, beobachte ich mit piep-egal-Attitüde, wie sie ihre Scherze am gegenüberliegenden Haus treiben. Gleiches gilt für Twitter. Meistens ignoriere ich es, aber ab und an, wenn die Sonne scheint, schaue ich dem Gegurre und Abwerfen verbaler Notdurft doch mal für eine Weile zu.

Selbst mitzwitschern mag ich hingegen gar nicht. Das war mir bisher einfach zu intim, gestehe ich ganz urteilsfrei. Doch JETZT muss ich. Weil ENDLICH (!!!) mal jemand einen Weg gefunden hat, die Technik gut zu nutzen, auch wenn die Intention eigentlich böse ist, weil werbegetrieben. Aber wovon rede ich da eigentlich?

Um das zu erklären, muss ich etwas sehr Intimes von mir zugeben, das ich sonst NIE öffentlich einfach so rausgeschrien hätte. Das Ganze ist echt peinlich. Aber was soll ich nur tun? Entweder die Welt wird es erfahren oder ich erfahre nicht, wie es weitergeht. Mit Eric. Und Bill. Und Sookie. Und Lafayette, dem geheimen Helden der Show. Und all den anderen Elfen, Hexen, Shape-Shiftern, Werwölfen, Werpanthern (ja echt, Werpanther, geil oder?) und Vampiren.

Ja, jetzt ist es raus. Ich gucke eine Vampirserie. Regelmäßig. Jeden Montag, nachdem die neue Folge bei I-Tunes zum Download bereit steht. Und DIESEN (!!!) Sonntag wird in den USA die letzte Folge der aktuellen Staffel ausgestrahlt und schon jetzt, so sagte mir facebook gerade, kann ich mir eine Sneak-Peak ansehen. Ein winziges, vermutlich nichtssagendes, Hunger schürendes Häppchen.

Kurz nachdem das Angebot aufgeleuchtet ist, glühte in meinem Vampirserienguckenden Herzen die Hoffnung auf, zu erfahren, ob Russel Edgington die Elfen alle aussagen wird, ob Eric Sookie doch rettet, ob Bill seinen Verstand und sein Weicheigetue wiederfindet, ob jemand Jason Stackhouse eines seiner entzückenden Haare krümmen wird…und und und. Denn True Blood, so heißt das cinegraphische Serienformat, das mich auf den Vampirtrip brachte, ist vor allem eins (nein, keine alberne, Vampirkinderkacke!): True Cliffhanger! Es ist völlig egal mit was für einem bekloppten Schwachsinn – Werpanther?! Mal echt jetzt. Wehr.Panther. Wer denkt sich denn bitte sowas aus und in welchem Zustand??? Wehrpanther… – die Autoren der Serie während der gut 40Minuten daherkommen, am Ende einer jeden Episode sitze ich mit aufgerissenen Augen vorm Abspann und will unbedingt wissen, wie es weitergeht.

Um aber nun vorab schon zu erfahren, was denn nun passieren wird, wie es denn weiter geht, ob doch alles gut wird, oder die Welt untergeht und die Serie damit ausläuft, wie das Blut aus all den Statisten, die in den letzten Episoden Vampirfutter spielen durften, soll ich twittern. Für den tweet, für die Verbreitung des televisionären Amphetamins in Cliffhangerform, bekomme ich vielleicht eine kleine Probe, einen Ausschnitt, eine Sneak Peak auf’s Finale. Aber nicht einfach so, sondern erst, wenn 100.000 Leute den gewünschten Werbetweet zur Serie verbreitet haben. Crowdtweeting quasi. Das Marketing ist so genial und boshaft, wie die Serie selbst.

Ich ziehe meinen Hut, vor den True Blood Social Media-Strategen …und hoffe, dass die Täubchen drüben auf dem anderen Balkon bleiben, bis der Hut wieder sitzt.

Kill Kony Kunstfilmchen

Ein Thema, ach was, ein Mann, ach was, ein Video weht durchs Netz. Und ich bin ganz begeistert. Ich mag Ästhetische Filmkunst, aufwändige Dramaturgie und Zoomeffekte, narrative wie auch visuelle. The Oscar goes to Kony 2012. Ganz sicher. Schönes Werk. Bisschen lang für meine Aufmerksamkeitsspanne, aber schön ausgeleuchtet, schöne Musik, die Darsteller könnte man verbessern, aber Angelina Jolie dreht wohl grad wieder wo anders und war nicht verfügbar. Vielleicht kriegen sie sie für die Fortsetzung. Bezahlen könnte man die Gage über das Merchandising. Das Konzept Kony scheint von Anfang an auf der Vermarktungsebene mitgeplant gewesen zu sein. Kony, das ist kurz und prägnant, eingängig, simpel. Kürzer als King Kong und weniger verwechslungsgefährdet als Osama. Und das Alliterationspotential!!!!!  

Kill Kony, das ist herrlich alliterarisch, das ist kurz, das passt auf T-Shirts. Die dann von Kinderhänden in Asien hergestellt werden, die dafür mies bezahlt werden. Asien, japp. Da leiden auch Kinder. Erwachsene übrigens auch, aber die funktionieren medial nicht so gut wie Kinder. Kinder garantieren Kassenerfolge. Kinder und Tiere. Beides zusammen ist ein Full House. Aber ich will den Filmemachern von Kony 2012 nicht ihre Fortsetzung spoilen, darum weg vom Kontinent im Osten, zu dem im Süden. Afrika. Das hatten wir seit der Fussball-WM schon wieder vergessen. Dabei ist das Land voller Probleme und Nöte, mit denen wir uns im Wohlstandswesten ein bisschen schlechtes Gewissen und damit Moral aneignen können. Wenn wir hier schon nicht leiden, dann können wir wenigstens für ‚die da unten‘ (im Süden, in der Hölle, am ARSCH!) mitleiden. Betroffen sein und uns der Illusion hingeben, dass wir doch noch mehr fühlen als die ständige Gier nach mehr. Wir hungern ja auch, zwischen Frühstück und Mittagessen, wir verstehen also die Probleme des Elends.

Wir teilen die experience! Jawohl! Und dann teilen wir das Kony 2012 Video und haben an der Veränderung teil. Slacktivism ist mehr Trend als tatsächlicher Aktioninismus und bezeichnet eben dieses Teilen und Teilhaben, eine Form des Weltverbessertums für Selbstverbessertum. Wunderbar. Genau meins. Ich kann gemütlich daheim vor dem Computer sitzen und zwischen meiner Soap, einer Email an meine Freundin und dem Newsletter von Zalando kurz politisch aktiv sein. Ach was. Noch mehr! In einer Art altruistischer Apathie lehne ich mich eine halbe Stunde zurück – Stream für die Soap muss eh noch vorladen – und kriege ein Bewusstsein verpasst. Ein Bewusstsein dafür, dass Kinder in Afrika meine Hilfe brauchen und das nicht nur zu Weihnachten. Und helfen kann ich, indem ich kurz nach der Bestellung meiner Schuhe ein paar Cent an die Videomacher überweise.

Karitativer Konsum kontra Kony. Oder kauf ich mir doch lieber noch die Kurzweste, die zu den Schuhen passt? Völkermord gibt’s morgen bestimmt auch noch, das Schnäppchen gilt nur heute!  Die Welt ist ja so ungerecht.  

Chronische Chronik-Hysterie

“Und dann hab ich die Leiche gebraten und verspeist.” 12 Menschen gefällt das, Clarice Starling kommentiert: “Und du hast mich wieder nicht eingeladen!” und facebook zeigt an, dass Hannibal jetzt einen Freund weniger hat.

Ja, ja, mit der Chronik aka Timeline weiß jetzt jede/jeder genau wer, was, wann, wo verbrochen hat. Vielen schmeckt das irgendwie garnicht. Die wollen ihre (Un-)Taten lieber vergessen und ihre Leichen im Keller lassen. Wie in den meisten Hollywood-Filmen funktioniert das aber nicht ewig, irgendwann kommt euch jemand auf die Schliche und bringt alle Sünden zurück in die Gegenwart und schlimmstenfalls Zurück in die Zukunft. Und wenn es kein Helden-Ermittler-Protagonistin-Paar ist, das euch jagt, dann doch zumindest euer Gewissen! Und genau das scheint gerade alle zu plagen, die die Chronik fürchten. Es riecht nach Angst vor verdrängten Erinnerungen, die nun wieder auf die Startseite gescrollt werden könnten. Tzz, tzz, tzz. Verdrängen bringt doch nichts. VERBERGEN heißt der facebook-Befehl. Und schon ist alles sauber. Zumindest oberflächlich. Irgendwo in den Tiefen der sozialvernetzenden Technologie klebt bestimmt noch was, aber solange kein Expertenteam zum extrahieren dieser Hinweise anrückt, ist der Tatort sauber. Am besten ist und bleibt aber natürlich die Methode, die keine Spuren hinterlässt. Und garnicht erwischt wird der/die, der/die gar nicht erst Mist baut.
Die Chronik ist schick und übersichtlich und nützlich, um Informationen zu sortieren. Ich bin ja bekannterweise aufräumaphin. Vielleicht liegt es daran, dass mich die Horrorgeschichten, die sich allerorts angesichts der Chronik erzählt werden, nicht anziehen. Aber mal ehrlich, wer Informationen, die ihn verraten könnten, öffentlich ins Internet stellt, sollte die Karriere als Killer lieber gleich streichen.

Eine Anmerkung zum Schluss: Japp, ich bin immernoch auf der Suche nach der perfekten Film und glotze mich grad durch die Klassiker. Empfehlungen sind nach wie vor herzlichst willkommen!

Schatz ich muss dir was sagen, aber erst muss ich bei facebook einstellen, dass ich schwanger bin

In meiner Mission als Netzwelt Wohlfahrts Orakel (NWO) oder schlicht immerantworten hatte ich ja den Besucherinnen und ganz besonders den Besuchern meines kleinen Blogs schon dazu geraten, sich nicht über facebook zu verloben.
Die traute Zweisamkeit online publik zu machen ist das Eine. Aber die Formulierungen so mancher Suchen, die Google hierherleitete, verleiteten mich zur Annahme, dass der Kniefall mit Ring bald gänzlich dem „XY hat dir einen Heiratsantrag geschickt“ weichen würde. Aber mein Glaube an eine schönere, gerechtere Welt ist wiederhergestellt. Facebook bietet neuerdings nämlich allen Romantikverschmähten die Chance zur Rache. Und ganz sicher nur dafür ist diese neue Funktion da. Ganz sicher. Ohne Zweifel! Denn die angeblich Ersehnten und Geliebten, denen man so virtuell inzidentell mit-TEILTE, dass man sie gern ehelichen möchte und sie vor die Wahl von „Zusagen“ und „Später“ stellte, können jetzt der Welt mit wenigen Klicks verkünden, dass sie schwanger sind.
Wahr und echt und wirklich. Ich denke mir das nicht aus. Könnte ich gar nicht. Obwohl? Vielleicht doch. Ich beweise ja gerne immer wieder meine wilde Phantasie. Aber nein, diesmal muss ich fuckbook zugestehen, dass es sich das ganz selber ausgedacht hat. Bravo, facebook. Nimm dir einen Keks.

Was in meinem kreativen Kopf jedoch gerade keimt, sind eventuelle Kommentare, die wohl auftauchen wenn die Funktion genutzt wird. Denn ich erwarte, dass sobald auf der facebooks Startseite erscheint „Jaqueline erwartet ein Kind“, der erste schreit „Ich war’s nicht“. Und mein Zynismus ist nicht unberechtigt. Vor diesem feature, in den guten alten Zeiten der verbalen Kommunikation an realen Orten, erfuhr ich direkt von der Schwangeren von ihrem Glück, oder etwas später von tratschenden lästernden informationsweitergebenden FreundInnen. Und auch ich selbst würde derartige Umstände, nicht auf schnellstem, sofortigem, digitalem Wege ALLEN mitteilen wollen. Oder doch? Doch, vielleicht gibt es Fälle bei denen es einen Sinn hat, dass auf einen Schlag möglichst viele Menschen erfahren „ XY erwartet ein Kind“. Nämlich dann, wenn es mal wieder kompliziert ist. Diesmal nicht mit dem Beziehungsstatus, sondern der Vaterschaft.
Ob es wohl einen Zusammenhang zwischen dieser Innovation und dem kürzlich eingeführten Möglichkeit Umfragen zu erstellen und durchzuführen gibt? Je länger ich drüber nachdenke, desto stärker merke ich eine leichte Übelkeit. Besorg ich mir dafür jetzt einen Schwangerschaftstest oder warte ich einfach ab, bis facebook den auch erfindet? Juliane erwartet vor allem eins, nämlich dass facebook dann bitte auch bald die Funktion einführt: Juliane erwartet ein Paket. Denn das ist mindestens genauso wichtig und darauf warte ich nun auch schon gefühlte 9 Monate, liebe Post!

Minuspunkte für Google+

All die Blogs, Tweets und Meldungen, die ich inzwischen zu Google+ aufgesogen habe, versprachen eine richtig gute Party. Nicht jeder wird reingelassen, die Inneneinrichtigung ist stylisch und vor allem – ein Aspekt, der bei jeder Party enorm wichtig ist – der Gastgeber ist bekannt für seine Erfolge. Google’s einzigem und ewigen Gebot, dem kategorischen Imperativ  “Do no evil”, ist das was facebook und co zu sein versuchen inhärent: die Komponente des sozialen. Dass Facebook, nicht als Anwendung sondern Institution, immer mehr netzWERK und kaum noch Soziales ist, wird nicht nur mir schleichend klar. Statt freundschaftliche Beziehungen zu fördern, versucht Zuckerbergs Spielwiese immer mehr Werbetreibenden zu Kontakten zu verhelfen. Denn facebook ist eben nicht einfach ein Internetdienst oder Netzwerk, sondern ein Unternehmen. Und hier liegt das Paradox, denn Unternehmen sind in erster Linie kapitalorientiert und eben nicht auf soziale Harmonie aus. Für das Unternehmen facebook sind wir abstrakte Nummern, die es gerade versucht in monetäre Ziffern umzuwandeln. Die Idee man zahle nichts für’s Mitspielen im Netz ist die Illusion des sozialen Kapitalismuses. In der Utopie der www, der Win-Win-Welt, dürfen Freunde umsonst technische Kommunkationsmittel nutzen und trotzdem verdienen die, die sie gebaut haben, weil sie den Freunden ab und zu Werbung zeigen. Stimmt nicht ganz. Denn facebook rentiert sich – im Gegensatz zu Google – nicht über Werbung, sondern Investoren und die wiederum….Aber warum fange ich jetzt eigentlich mit dieser kritischen Systemanalyse an?

Weil auf der Party Google+ Öde und Langeweile miteinandern Foxtrott tanzen. Japp. Genauso wie wenn man zu früh auf eine Party kommt, ist hier nichts los. Ich hab mich umgesehen. Es sieht alles nett aus. Verpflegung ist auch ansprechend.Auf dem Buffet finden sich verschiedene Nachrichtenfunktionen, Videochat bei dem gemeinsam YouTube-Videos anschauen kann und noch einige andere Leckereien, die ich zögerlich probiere. Für die Grundversorgung ist gesorgt und der Gastgeber tischt weiter auf. ABER es ist kaum jemand hier. Es fehlt das Soziale in seiner Entität: der Mensch. Der Grund warum ich mich hübsch anziehe und schminke und lauter attraktive Hobbies und Interessen in mein Profil schreibe ist der, dass ich mit Menschen interagieren, plauschen, lachen, diskutieren möchte! Aber hier fehlt genau dieses Plus, dieser Vorteil, den das Additionzeichen mir verspricht. Drum stehe ich in der Ecke und sinniere über die Natur der Netzwerke als solches. Kann Google+ wirklich das wieder gut machen, was facebook ruiniert hat? Das soziale Miteinander? Bedeutet Do No Evil automatisch, dass Google Gutes tut oder ist das bereits Überinterpretation? Und auch Google baut sein Plus nicht für mich und die noch erwarteten Partygäste, sondern veranstaltet das alles, um Geld zu verdienen. Die Drinks mögen umsonst sein und Eintritt war auch frei. Aber ich ahne doch, dass ich für’s Mitfeiern zahlen werden muss. Wenn hier nicht langsam was passiert, vergeht mir die Feierlaune. Manche Partys sind leider einfach nur eine Verschwendung von Make-Up.

Protestprobleme

… aka „Macht, dass es aufhört! Teil 2 – Aber ziemlich zügig!“

Ich habe nun einen Tag darüber sinniert, ob ich mich in die mir zugeschrieben Rolle der alpinaffinen, aber altersschwachen Alten (mit Vorliebe zur Alliteration) fügen sollte, indem ich mich heute wie eine Dame von Welt fortgeschrittenen Alters verhalten habe. Ich habe doppelt so laut gesprochen wie sonst, mich dabei halb so schnell vorwärts bewegt, den Behindertenplatz in der Bahn benutzt, genörgelt, gemeckert und jeden in meiner Nähe angepöbelt, außer den hübschen jungen Herren, der in der Bahn eine Haltstelle vor mir ausstieg, dem hab ich, ganz wie ich es als rüstige Rentnerin tun würde (ich bin ja dann trotz allem immernoch ich und einfach hoffnungslos romantisch), hinterher gerufen: „Für dich würd ich mir glatt `ne neue Hüfte einsetzen lassen, Jungchen!“

Aber trotz der Freuden, die mir dieser Tag beschert hat, bebt in mir der Widerstand. Nein, ich kann es nicht den Mächten der Netzwelt (siehe vorhergehender Beitrag, für alle die nicht regelmäßig mitlesen) überlassen, wer ich bin und welcher Konsumgruppe in angehöre. Ich werde mich wehren. Ich fordere mein Recht auf Mündigkeit ein! Jawohl!

Einige wichtige strategische Knackpunkte meiner Protestbewegung muss ich zwar noch ausarbeiten, z.B. in welcher Farbe und mit welchem Motiv ich die Protest-Shirts drucken lasse1, aber dafür gibt es Dienstleister im Internet, die übernehmen das für mich. Läuft alles vollautomatisch. Hier ist sowieso alles automatisch. Auch dieser Blog. Denn auch hier kam der allererste Eintrag nicht von mir. Sondern von WordPress, die in meinem Namen der Welt Hallo gesagt haben. Nicht einmal das darf ich selber tun. Läuft alles auch ohne mich. Das denken und handeln haben längste Algorithmen übernommen. Ich surfe nur auf der Welle mit. Vielleicht spart mir das ja noch mehr Arbeit in Bezug auf meine geplante Revolution. Zum Beispiel filtert Facebook ganz automatisch potentielle Mitstreiter, Anhänger, Sympathisanten aus meinen Freunden heraus. Denn da sehe ich ja auch nur noch die, die sowieso meiner Meinung sind. Ausführlich hat sich ein Redakteur von spiegel.de mit diesem Algorithmus auseinandergesetzt. (Konrad Lischka: Die ganze Welt ist meiner Meinung. 13.03.2011. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,750111,00.html) Lischka beschreibt, wie die Mathematik hinter dem sozialen Netzwerk meine Freunde für mich organisiert. Über die, mit denen ich über das Netzwerk heftig kommuniziere, werde ich regelmäßig informiert. Jene mit denen ich mich hier seltener beschäftige und die vielleicht genau darum sogar mal was spannendes, völlig neues, meinen Horizont erweiterndes mitzuteilen hätten, verschwinden aus meinem virtuell-visuellem Sichtfeld. So musste ich neulich mit Schrecken feststellen, dass eine Kollegin, mit der ich über andere digitale Kanäle und traditionelle Kontaktstellen (allen voran die wichtigste aller analogen Kontaktstellen: die Kaffeeküche im Büro), durchaus in regelmäßigem und bereicherndem Austausch („Hier hast du den Zucker. Gibt mal die Milch rüber.“) stehe, ein neues Profilbild hatte. Facebook hat dieses Ereignis als nicht relevant genug anerkannt, um es zwischen „ich bin ja so müde“ und „ich bin ja so krank“ und „ich bin ja so einsam“ auf meiner Startseite erscheinen zu lassen. Dabei ist meine liebste Kollegin eine der Ersten, die ich bitten würde sich meiner Protestbewegung anzuschließen. Mit müden, kranken und einsamen Leuten kann man keine Revolution beginnen, liebes Facebook! Oder geht’s dir grade darum?

  1. Sie werden an dieser Stelle vielleicht schmunzeln liebe Leserin bzw. lieber Leser, aber T-Shirts sind entscheidender Bestandteil jeglicher Gegenwehr. Sie sind die Uniform derer, die gegen die Uniformierung antreten. Bedruckte T-Shirts sind das Emblem des Einspruches, das Medium der Mitbestimmung. Sie machen Personen zu Plakaten des Protests. Ohne T-Shirts brauch man garnicht erst anzufangen. Erinnern Sie sich an Che Guevara’s Vornamen? Na, na? War’s Emil? War’s Egon? Oder war’s Ernesto? Oder doch nur El Che? ABER das Che-Shirt haben sie sofort vor Augen, geben Sie’s zu!

Facebook Beziehungsstatus: Verliebt, Verlobt, Es ist kompliziert

UPDATE: „Beziehungsstatus: Verliebt in facebook“, das Buch ist jetzt da und kann hier und hier oder auch hier bestellt werden.

Und hier der ursprüngliche Blogbeitrag:

Irgendwer hat mal diese These aufgestellt, dass Internet würde eine Parallelwelt erschaffen und bald lebten wir nicht mehr physisch in der „realen“ Welt, sondern würden uns ganz in Welten wie Second Life flüchten. Mal davon abgesehene, dass Second Life so schnell wieder verschwunden war, wie eine volle Brieftasche aus der hinteren Hosentasche in öffentlichen Verkehrsmitteln, ist die „Flucht“ wohl gescheitert. Au contraire, es ist, als hätte man die alte und die „schöne, neue“ Welt in einem Mixer verfrachtet und ordentlich durchpüriert. Und jetzt entdecke ich fast täglich fiese Klümpchen, klebrige Mischungen aus Netzsubstanz und Alltagsbrei. Wie man im sozialen Netz nicht umhin kommt, die Statuseinträge seiner Freunde mit zu verfolgen, kann man in Bahn und Bus nicht weghören, wenn sich zwei lautstark unterhalten (und ist dann auch schon mal so abgelenkt, dass man nicht merkt, wie einem die Brieftasche geklaut wird). Mit exponentieller Häufigkeit vermerkte ich in letzter Zeit die Wörter „facebook, posten, like“ mitzuhören.

Eine sehr unterhaltsame Webseite sammelt derartige Mithörgeschichten, nicht nur zum Thema Netzkultur. Aber ich habe ein relevantes Beispiel mal von dort entliehen (heimlich aus der hinteren Hosentasche)

Hannover. In einem Bus. Zwei junge Mädels in Reitklamotten (ca. 16) unterhalten sich. Plötzlich platzt das eine Mädchen laut hervor: “Also wenn ich dem schon einen blase, dann kann er doch wenigstens seinen Beziehungsstatus bei Facebook ändern!” (Quelle: Belauscht.de)

Und ich muss zugegeben, auch ich kann mich dem nicht entziehen und merke immer häufiger, wie ich mich mit FreundInnen über das unterhalte, was gerade bei facebook „passiert“. Dem Freundschaftsdienst wird dabei realitätslegitimierende Bedeutung zugeschrieben. Es hält sich hartnäckig der Glaube, Menschen würden hier wahrheitsgemäße Angaben machen. Für mich persönlich muss ich sagen, solange ich mich nicht in einem Polizeiverhör befinde oder meine Steuererklärung mache, und ganz ganz besonders im Internet neige ich schon mal dazu, meiner Phantasie freien Lauf zu lassen. Ich bin nun einmal ein kreativer Mensch, ein Künstler! Und die Kunst hat sich seither gegen die Konventionen und Normen unserer Gesellschaft gesträubt! Jawohl!

Die Mehrheit der Menschheit hält aber weiter daran fest, dass Facebook nicht nur Informationen, sondern Fakten liefert. Und das kann den Alltag in der realen Welt erschweren und dann findet man sich, sowieso schon frustriert, weil ohne Brieftasche bei Freund/Freundin angekommen, mit Anschuldigungen und Klagen konfrontiert.

„Es ist kompliziert“: Die Netzwelt liefert nicht nur Antworten, sondern auch viele neue Fragen. Insbesondere: Wann sollte man seinen Beziehungsstatus umstellen? Die Beziehung zu verkünden ist dabei noch die angenehmere Unsicherheit. Aber wann stelle ich von Beziehung auf Single um? In den seltensten Fällen endet eine Beziehung von jetzt auf sofort, nachdem sich zwei (Ex-)Partner zusammengefunden haben, weil sie „mal miteinander reden müssen“. Ich wage zu behaupten, dass diese Einstellungsänderung in 8 von 10 Fällen aus Trotz und verletzten Gefühlen heraus vorgenommen wird. Um dem/der anderen zu zeigen: Du kannst mich mal! (By the way, ich hoffe ja immer noch darauf, dass facebook das Auswahlfeld abschafft und endlich Raum für die eigene Kreativität lässt. Oder zumindest um Optionen erweitert wie: Emerit, Lonesome Ranger, Jane Austen oder auch „Kost fufzig Euro“.)

In einem Artikel des TIME Magazines verglich der Redakteur die Beziehungsstatus-Einstellung mit einem Verlobungsring. Statt den Brilli am Finger, zückt man nun das Smartphone aus der Tasche, um zu signalisieren: Ich bin vergeben. Die Zeiten in denen Diamanten eines Mädchens beste Freunde waren, sind damit wohl endgültig vorbei. Die Nostalgie dieser Zeit und das eben beschriebene Dilemma greift folgendes Video auf. Viel Spaß damit:

Über die Stupidität des Stupsens

Die digitale Welt bietet so viele schöne Möglichkeiten zur Kommunikation. Keine Tat – sei sie auch noch so irrelevant –, kein Gedanke –sei er auch noch so banal – der nicht in den globalen Kanal gepostet, gezwitschert oder geblogt wird, dieser Tage. Wir sind immer mittendrin im Gesehen, quasi hautnah dabei in der Katastrophe, mit den Knien im Sumpf, aber ganz ohne uns die Finger schmutzig zu machen. Wir können Demonstrieren ohne wirklich aktiv werden zu müssen – bequem zu Hause vom Sofa, Schreibtisch oder Bett aus und uns ganz auf das konzentrieren was wir am allerliebsten machen: mitreden! Und selbst wenn wir garnichts zu sagen haben, was uns meistens nicht davon abhält doch was zu sagen, aber für die Fälle, wo wir wirklich grad aus Mangels an Zeit und/oder Worten nichts von uns geben wollen/können, ja, für diese Fälle gibt es Klick-Kommunikationsformen wie „like“ und „anstupsen“. Letzteres betreibe ich seit kurzer Zeit in dem Exzess ähnelndem (Über-)Maße. Lange Zeit war mir diese Facebook-Funktion völlig unbekannt. Bis ich sie eines Tages entdeckte und ausprobierte und mich kurz darauf, dabei ertappte wie ich über eine Stunde damit verbummelte meine Kontakte nach Person zu durchforsten die ich anstupsen könnte und Personen zurück zu stupsen, die mich angestupst hatten – anstatt für meine Prüfung über Tim O’Briens Vietnam-Kriegs-Erzählungen zu lernen. Wo ich mich aber ja eigentlich, irgendwo in meinem tiefen Unterbewussten nun doch mit meinem Prüfungsthema beschäftigte, kam ich zu folgender spannender Überlegung:

 

Beim Durchforsten meiner sozialen Kontakte fielen mir nämlich auch einige Personen auf, die ich gerne vor einen Zug „stupsen“ würde, ins offene Messer, von einer Brücke, oder ins Meer (an einer ganz tiefen Stelle mit starkem Wellengang, und Haien). Ob ich den Betreibern des Netzwerkes mal schreiben sollte, ob sie das „anstupsen“ nicht um derartige Funktionen erweitern können? Und vielleicht kann dann auch gleich die Möglichkeit hinzugefügt werden jemanden „gemeinsam zu stupsen“ quasi als Equivalent für eine Schlägerei. Auf sie!!! Achja, aber die frohe Welt der sozialen Netzwerke kennt natürlich nur Freunde und würde dieses Verhalten nicht akzeptieren. Wobei wir bei einer brisanten These wären. Hierzu kurz eine einführende nicht ganz so brisante These: „Irgendwann gibt es nur noch Social Media.“ Das glaube ich wirklich. Denn inzwischen benutze ich facebook als Kommunikationskanal um mit dem Rest der Welt in Kontakt zu bleiben, zum Einkaufen, um mich über aktuelle Themen zu informieren, und und und. Ich glaube daher, dass das Netz langsam aber sicher in die Hand von facebook gleitet. Auf dieser These aufbauend nun die BRISANTE (!!!) These oder besser Frage: Sind wir dann irgendwann alle Freunde oder ist das Entwickeln von Anwendungen zur virtuellen (Nachbarschafts-)Kriegsführung der nächste Schritt?

Ich überlege jetzt schonmal wie ich mein Stupsen aufrüsten kann, also gleich, sobald ich ein paar Stunden für meine Prüfung gelernt hab.