Wie man mit Wahlplakaten Geschichten erzählt… und Albträume bereitet

Wahlplakate sind reale Pop-Up-Werbung. Aus dem Nichts sind sie wieder einmal aufgetaucht. Sechs Wochen vor dem 14. Mai und damit pünktlich am ersten April (welch ironisches Spiel des Kalenders) wurden die Laternen in meinem Städtchen mit diesen bunten Bildern bestückt.

Mein Veedel ist aktuell ein echter Plakatdschungel. Alle paar Meter hängt so ein Pappding mit entsprechenden -nasen. Leider sind die meisten zwar bunt, aber gar nicht fröhlich karnevalesque, sondern erzählen düstere Visionen über die sonnige Welt, in der sie hängen.

FDP_Plakat_NRW2017_DigitaleSchuleGanz vorne beim Wahlkampfplakate-Trauerspiel ist die FDP. Da guckt z. B. Christian Lindner so desillusioniert und schockiert ins Leere, dass ihm sämtliche Farbe aus dem Motiv gerutscht ist und drunter steht: „Das Digitalste in der Schule dürfen nicht die Pausen sein.“ Bisher hörte ich immer, in Schulen gäbe es gar keine Digitalisierung. Nun las ich, während mich Christian Lindner mit seiner Depression anzustecken drohte, dass es nicht nur Digitales, sondern sogar das Digitalste in Schulen gibt. Mega! ‚Ja, dann macht doch mehr von diesen digitalsten Pausen’, dachte ich also! Die Balance zwischen Pause und Lehrstunde fand ich schon als Kind immer völlig verschoben.

 

FDP_Plakat_NRW2017_PendlerNoch trauriger war der arme Christian ein paar Meter weiter: Unterwegs im Auto, immer noch in Schwarz-Weiß und immer noch ziemlich depri. Eine Szene aus einem Hitchcock-Film. Aber statt seinem sicheren Tod entgegen, fährt der ärmste zur Arbeit. Das ist bitter. Arbeit darf ja keinen Spaß machen und auf dem Weg dahin regnet es IMMER, wie das Bild zeigt. Das ist traurig. Noch trauriger ist aber, was helfen soll: Frühaufstehen! Aus eigener Erfahrung als Frühaufsteh-Gegnerin weiß ich, dass Frühaufstehen zu mehr Konflikten als Lösungen führt. Und an solchen düsteren Tagen, wie auf dem FDP-Wahlplakat sollte man am besten ganz im Bett bleiben!

 

Gründen_Plakat_NRW2017_FreiheitGrünen_Plakat_NRW2017_Umwelt

Eine Straße weiter versuchen mich die Grünen mit fröhlich strahlenden Motiven aus dem Film Noir zu reißen, der sich in meinem Kopf abspielt. Die Aufheiterung ist nötig. Aber statt Fröhlichkeit geht mir nur durch den Kopf: Hääähh? Erstens, Zweitens… und dann? Soll das eine Kausalkette sein? Passte kein dritter Aufzählungspunkt mehr auf die Fläche? Umwelt, Freiheit, ja, … hmmm. Aha. Ja, versteh ich nicht. Aber die Farben mag ich. Ich geh dann aber mal weiter.

 

SPD_Plakat_NRW2017_HanneloreKraftSPD_Plakat_NRW2017Und da hing dann Hannelore Kraft, die sich auch nicht sicher schien, ob sie lächeln sollte oder nicht, womöglich ebenfalls von den Lindnerschen 50-Shades-of-Grey traumatisiert. Ein bisschen weiter zeigte mir die SPD dann noch einen Opa im 80er-Jahre-Jogging-Kombi und drei süße Kinder. Na immerhin! Süße Kinder und süße Tiere gehen schließlich immer und trösten meine Seele.

Diese Frühlingsgefühle zerstört leider die Linke nur wenigen Meter weiter und zwingt mich zum rotsehen.  Denn da ist nun die Rede von Kindern, die Hannelore vergessen habe. Dramatisch! Unfassbar! Wo vergessen? Wie vergessen? ‚Aber der nette, schlecht gekleidete Opi ist doch bei den Kindern’, denke ich mir und schaue nochmal zurück zum SPD-Bild. Oder ist das gar kein „lieber“ Opi, sondern schon wieder so ein Brutalo-Rentner, der die Kids womöglich an den Arsch der Welt verschleppt? Denn der wird mir von der Linken einige Meter weiter angedroht. Der Arsch der Welt ist der letzte Ort an den Menschen, die in so einem netten, angesagten Viertel wohnen, erinnert werden möchte. Irgendwo da draußen gibt es diesen Arsch und immer mal wieder hört man von Menschen die dahinziehen und dann hört man nie wieder etwas von ihnen. Der Gedanke an ein Leben am Arsch der Welt ist die städtische Wählerschaft 100mal brutaler als Kriegsbilder aus Syrien und bringt ordentlich Gewitter in mein Wohlstands-Wölkchen. Damit ist es zu viel für mich.

 

Bevor ich mich noch an den Arsch der Welt verlaufe, flüchte ich darum lieber aus dem Plakatwald, zurück ins Internet, wo mich mein Werbeblocker vor derartigen Trauer- und Horrorgeschichten beschützt und es zu Haufe süße Kinder und Tiere gibt!

#ROW – Return on Wohltätigkeit mit Ouzo runterspülen oder ist das der nächste #Varufake ?

Grexit wird in die Wikipedia-Einträge der Zukunft eingehen und sollten diese jemals ausgedruckt und zusammen getackert werden, auch in die Geschichtsbücher. Das merken nicht nur jene, die an der aktuellen Europakrise mitleiden oder mitschuldig sind, sondern auch die, die gerne mit daran verdienen möchten.

Die stärkste Währung unserer Zeit ist nicht der Euro, sondern Aufmerksamkeit. Und die akkumuliert die Crowdfundingkampagne #greekbailout bzw. #crowdfungreek grade so heftig als wäre sie die EZB des Internets.

Als ich das erste Mal von der Crowdfunding-Idee hörte, mit der angeblich ein Britischer Schuhgeschäftsangestellter den Griechinnen und Griechen zu Hilfe eilen will, kramte ich spontan meine Kreditkarte raus. Gutmenschsein mit ROW = Return on Wohltätigkeit. Wer 3 Euro für Griechenland spendet, bekommt eine Postkarte. Für 6 Euro gibt‘s Feta mit Oliven, für 10 Euro eine Flasche Ouzo und für mehr Geld mehr Vorurteilsbestätigungsbeweise. Geil, dachte ich. Doch die Pragmatikerin auf meiner linken Schulter fragte: „Und wie soll das gehen?“ Feta und Oliven für 6 Euro aus Griechenland, mit Versand und Hilfe für einen Staat, der sich entscheiden muss, ob man auf der Säuglings- oder der Krebsstation im Krankenhaus den Strom abstellen sollte. Die Verlockung mit vollem Bauch zurückgelehnt dabei zuzusehen, wie all die Leidenden und Kranken gerettet werden, war groß.

Doch die Skeptikerin auf meiner rechten Schulter fragte: „Wieso sollte das Problem mit 1,6 Milliarden Euro gelöst sein?“ Soviel wird laut Beschreibung der Crowdfundingkampagne Greek Bailout für die Europarettung gebraucht. Ich habe zwar keine 1,6 Milliarden Euro als Kleingeld in meinen Handtaschen verstreut, aber weiß dennoch, dass diese Summe für einen Staat nun auch nicht soooo viel ist. 1,6 Milliarden Euro ist die Kreditrate, die Griechenland grade dem Internationalen Währungsfond nicht zahlt. 1,6 Milliarden ist nur eine Rate! Also nicht mal ein mundgroßes Häppchen vom großen Feta!

„Und wer ist eigentlich dieser Schuhgeschäftsverkäufer, der auf diese simple und angeblich geniale Idee gekommen ist?“ fragte die Skeptikerin weiter. Die Redaktion von t3n hat einen Artikel von kurier.at geshared, in dem mal der Frage nachgegangen wird, wer dieser digitale Gutmensch-Griechenfreund eigentlich ist. Man findet ihn auch mit modernsten Online-Stalking-Equipment nur schwer, aber macht wohl (und das habe ich nicht rausgefunden, sondern nur im genannten Artikel abgeschrieben) eigentlich irgendwas mit Marketing.

Ich mache was mit Marketing und gebe das auch nicht immer gerne zu. In diesem Fall gebe ich es gar nicht gerne zu. Denn ich fürchte, dass diese Kampagne wirklich genial ist. Denn wenn hier der Fall ist, was ich glaube, dann wird in 1-2 Jahren jemand auf einer Bühne der großen Media-Konferenzen stehen und erklären, wie geschickt er oder sie den Grexit nutzte, um die Plattform indiegogo ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit zu schießen. Er oder sie wird darüber referieren, wie es gelang tausende Menschen dazu zu motivieren, aktiv zu werden, indem sie den Paypal Button klickten, auflisten wie oft die Meldung retweetet und geshared und geliked wurde und dafür Applaus bekommen, und vielleicht sogar auch einen wikipedia-Eintrag in die Historienerzählungen unserer Zeit.

Solltet ihr an der Kampagne teilnehmen wollen, wählt am besten den Ouzo Deal… mit Schnaps lässt sich die eigene Blödheit besser rechtfertigen.

Neue Vox Show „Politik Queen“ – FDP versucht mit pinken Accessoires die maximale Punkteanzahl zu holen

„Ditt hätt isch dir auch mit Paint machen können, für’n Zwanni,“ werden nicht wenige Betrachter des neuen FDP-Logos dieser Tage sagen. Denn es ist enthüllt. Und mein Nacken tut vom Kopf skeptisch nach links und rechts legen inzwischen weh. Ich weiß einfach nicht wohin die, die sich bis dato Liberale nannten, sich nun aber Freie Demokraten auf‘s wehende Fähnchen schreiben, hin wollen. Vielleicht zu Zielgruppen, die keine fremdwortartigen Begriffe mögen?  So steht nun Blindtext statt Lorem Ipsum auf der Parteirepräsentanz.

Aber bevor man meckert, muss man sich ja eigentlich fragen,

  1. was die FDP mit einem neuen Logo hätte richtig machen können und
  2. was dabei offensichtlich alles falsch lief.

Die Antworten: a) nix und b) Schulterzucken. Wir waren schließlich nicht dabei.

Sprechen wir also lieber über a) und den damit verbundenen Allglauben an die Kraft neuer Logos. Spiegel Online untertitelt „Mit der frischen Optik wollen die Liberalen 15 Monate nach dem Bundestags-Rauswurf moderner und sympathischer wirken.“

Es ist doch wunderbar anzunehmen, dass sich mit einem Rebranding einfach die verbrannte Erde unter den Teppich kehren lässt, während man im Anschluss den Bodenbelag raus reißt und austauscht. Oder ist dies das gesamtsoziale Äquivalent zur Midlife-Crisis, in der man sich unter Einsatz neuer D-Körbchen oberflächlich eine Jugendlichkeit zurückholt, die man vor 20 Jahren gar nicht hatte? So oder so, ich fürchte ein bisschen rosa Lipgloss reicht für eine neue FDP nicht aus, aber das Make-Over scheint ja erst in seinen Anfängen.

Ich bin gespannt auf die große Vorher-Nachher-Show. Die sehe ich beim mentalen Zappen bereits im Nachmittagsprogramm bei Vox. Im rosa Shopping-Queen Bus fahren die Parteivorsitzenden durch die Welt und suchen nach einem passenden Outfit zum Thema: „Modern und sympathisch – Erfinde deine politische Identität neu und sei damit der Hingucker bei der nächsten Landtagswahl“. Dazu wird Maybrit Illner  von der Seite visuell eingeschossen und kommentiert die Versuche, wie dieser Zeit Guido Maria. Und die Protagonist_innen der Show rennen hektisch umher und schreien: „Haben wir noch Zeit? Wie viel Geld haben wir noch?“

Auch bin ich höchst gespannt, wie viele Punkte die FDP mit dem Magenta Logo Accessoire holen kann und ob ihnen nach dieser Anschaffung noch genug Geld für’s Styling bleibt. Ich bleibe dran und genieße die Werbung.

Überall harte Nippel und trotzdem ist die Welt im Eimer

Herr Obama droht Herrn Putin mit Saktionen, wenn es in der Ukraine nicht bald mal ein bisschen ruhiger wird, woraufhin in „Wir-machen-hier-Party-solange-WIR-wollen“-Manier Herr Donskoj vorgeschickt wird, um zu sagen, dass der Westen sich dann sein Öl woanders her holen muss. Parallel ist Mariupol nicht länger von prorussischen Separatisten besetzt, dafür aber Slawjansk und noch so ein Ort mit bisher unbekanntem Namen hat neue „Besetzer“: Die IS-Kämpfer, die „Al-Quaida-Extrem-Extremisten“, haben mehr als 5000 Menschen abgemurkst, um sich den syrischen Militärflughafen Tabka unter die Nägel zu reißen. Wen das nicht interessiert, der kann auch auf der Weltkarte weiterscrollen und landet in Westafrika. Dort hat das Ebola Virus seit Februar tausende Menschen infiziert, in 1429 Fälle ging das tödlich aus. Bleiben wir auf dem afrikanischen Kontinent, doch zoomen wir weiter raus. Laut Who und UNICEF haben im subsaharischen Afrika, also gut Zweidrittel des Kontinents, circa 330 Millionen Menschen keine gesicherten Quellen für sauberes Trinkwasser.

Diese Milliönchen eingeschlossen und nochmal fast so viele drauf, können nicht einfach in ihr Badezimmer gehen, den Hahn aufdrehen und einen Eimer mit sauberem, kaltem Wasser befüllen, um sich den dann für ein lustiges Internetvideo über den Kopf zu schütten. Sich einen Eimer mit Infektionserregern und vielleicht sogar Medinawurmlarven (die sich dann im Körper ansiedeln, bis zu einem Meter groß werden und ihre Wirte schließlich lähmen) über den knappen Bikini zu schütten, ist auch eher unsexy. Das sollte man dann besser in Nordkorea machen. Da gibt es solche Würmer nicht, aber da sieht das Internetvideo dann blöderweise nicht das ganze World Wide Web.

Als eine meiner ältesten und besten Freundinnen (wobei ich älter bin und sie dafür besser)für die Ice Bucket Challange nominiert wurde und mir schrieb, ich sie die Nächste, geriet ich ganz kurz in die feuchte Schusslinie.

Doch sie beschloss den Eimer im Bad stehen zu lassen und der ALSA, die Organisation, die den aktuellen Internethype gestartet hat, auch nichts zu spenden. Und das finde ich richtig, richtig cool.

Nicht, weil ich um den nassen Topf herum gekommen bin, sondern weil ich jeden Morgen eiskalt dusche und davon vielleicht mein Bindegewebe, aber nicht die Welt besser wird. Langfristig sind sowohl die Welt als auch meine Oberschenkel vermutlich nicht mehr zu retten.

Eine Portion Optimismus kann motivieren und schlimme Krankheiten heilen zu wollen, sich Demokratie und volles Internet für alle zu wünschen und aktiv etwas dafür zu tun, sind mir eine willkommene Ablenkung zu Katzenbildern und Foodporn. Doch das alles wird nicht mit einem Eimer Wasser in unterschiedlichen Aggregatzuständen zu bewältigen sein. Ganz nebenbei frage ich mich, wie auch Menschen in Deutschland, die an Amyotrophische Lateralsklerose aka Myatrophe Lateralsklerose alias Motor Neuron Disease aka Lou-Gehrig-Syndrom alias Jean-Martin Charcot Charcot-Krankheit aka der Krankheit, wegen der die halbe Welt grad steife Nippel hat, erkrankt sind, von den Spenden an die US-Stiftung profitieren?

 Die ALSA will die Spendengelder für Forschung ausgeben. In diesem Kontext heißt das Genforschung und geklonte Mäuse. Das ist nicht nur bei ALS so, sondern Standard und hilft tatsächlich Heilmittel oder zumindest Therapien zu finden, für Krebs, für Allzheimer, für Diabetes, für seltene und häufige, für sofort und später tödliche Erkrankungen. Aber wenn man für etwas Geld sammelt und das tut man, wenn man am Eiseimern partizipiert, sollte man ja immerhin wissen, wofür es verwendet wird und kurz mal das PETA-Protestschild aus der Hand legen. 

Den Eiswürfel des Anstoßes finde ich ganz großartig. Doch ich befürchte grade, dass die Ice Bucket Challange zur reinen Selbstbewässerung wird, wie alle „Alle-machen-mit-Aktionen“.  Denn bald kommen wir an den Punkt, an dem wir merken, dass nicht ALLE mitmachen und dann sind nicht nur Leute wie ich die Spielverderber, sondern auch jene, deren Staat ihnen kein Internet gibt, die kein sauberes Wasser haben oder grade um ihr Leben kämpfen müssen.

 

Überall harte Nippel und trotzdem ist die Welt im Eimer

Herr Obama droht Herrn Putin mit Saktionen, wenn es in der Ukraine nicht bald mal ein bisschen ruhiger wird, woraufhin in „Wir-machen-hier-Party-solange-WIR-wollen“-Manier Herr Donskoj vorgeschickt wird, um zu sagen, dass der Westen sich dann sein Öl woanders her holen muss. Parallel ist Mariupol nicht länger von prorussischen Separatisten besetzt, dafür aber Slawjansk und noch so ein Ort mit bisher unbekanntem Namen hat neue „Besetzer“: Die IS-Kämpfer, die „Al-Quaida-Extrem-Extremisten“, haben mehr als 5000 Menschen abgemurkst, um sich den syrischen Militärflughafen Tabka unter die Nägel zu reißen. Wen das nicht interessiert, der kann auch auf der Weltkarte weiterscrollen und landet in Westafrika. Dort hat das Ebola Virus seit Februar tausende Menschen infiziert, in 1429 Fälle ging das tödlich aus. Bleiben wir auf dem afrikanischen Kontinent, doch zoomen wir weiter raus. Laut Who und UNICEF haben im subsaharischen Afrika, also gut Zweidrittel des Kontinents, circa 330 Millionen Menschen keine gesicherten Quellen für sauberes Trinkwasser.

Diese Milliönchen eingeschlossen und nochmal fast so viele drauf, können nicht einfach in ihr Badezimmer gehen, den Hahn aufdrehen und einen Eimer mit sauberem, kaltem Wasser befüllen, um sich den dann für ein lustiges Internetvideo über den Kopf zu schütten. Sich einen Eimer mit Infektionserregern und vielleicht sogar Medinawurmlarven (die sich dann im Körper ansiedeln, bis zu einem Meter groß werden und ihre Wirte schließlich lähmen) über den knappen Bikini zu schütten, ist auch eher unsexy. Das sollte man dann besser in Nordkorea machen. Da gibt es solche Würmer nicht, aber da sieht das Internetvideo dann blöderweise nicht das ganze World Wide Web.

Als eine meiner ältesten und besten Freundinnen (wobei ich älter bin und sie dafür besser)für die Ice Bucket Challange nominiert wurde und mir schrieb, ich sie die Nächste, geriet ich ganz kurz in die feuchte Schusslinie.

Doch sie beschloss den Eimer im Bad stehen zu lassen und der ALSA, die Organisation, die den aktuellen Internethype gestartet hat, auch nichts zu spenden. Und das finde ich richtig, richtig cool.

Nicht, weil ich um den nassen Topf herum gekommen bin, sondern weil ich jeden Morgen eiskalt dusche und davon vielleicht mein Bindegewebe, aber nicht die Welt besser wird. Langfristig sind sowohl die Welt als auch meine Oberschenkel vermutlich nicht mehr zu retten.

Eine Portion Optimismus kann motivieren und schlimme Krankheiten heilen zu wollen, sich Demokratie und volles Internet für alle zu wünschen und aktiv etwas dafür zu tun, sind mir eine willkommene Ablenkung zu Katzenbildern und Foodporn. Doch das alles wird nicht mit einem Eimer Wasser in unterschiedlichen Aggregatzuständen zu bewältigen sein. Ganz nebenbei frage ich mich, wie auch Menschen in Deutschland, die an Amyotrophische Lateralsklerose aka Myatrophe Lateralsklerose alias Motor Neuron Disease aka Lou-Gehrig-Syndrom alias Jean-Martin Charcot Charcot-Krankheit aka der Krankheit, wegen der die halbe Welt grad steife Nippel hat, erkrankt sind, von den Spenden an die US-Stiftung profitieren?

 Die ALSA will die Spendengelder für Forschung ausgeben. In diesem Kontext heißt das Genforschung und geklonte Mäuse. Das ist nicht nur bei ALS so, sondern Standard und hilft tatsächlich Heilmittel oder zumindest Therapien zu finden, für Krebs, für Allzheimer, für Diabetes, für seltene und häufige, für sofort und später tödliche Erkrankungen. Aber wenn man für etwas Geld sammelt und das tut man, wenn man am Eiseimern partizipiert, sollte man ja immerhin wissen, wofür es verwendet wird und kurz mal das PETA-Protestschild aus der Hand legen. 

Den Eiswürfel des Anstoßes finde ich ganz großartig. Doch ich befürchte grade, dass die Ice Bucket Challange zur reinen Selbstbewässerung wird, wie alle „Alle-machen-mit-Aktionen“.  Denn bald kommen wir an den Punkt, an dem wir merken, dass nicht ALLE mitmachen und dann sind nicht nur Leute wie ich die Spielverderber, sondern auch jene, deren Staat ihnen kein Internet gibt, die kein sauberes Wasser haben oder grade um ihr Leben kämpfen müssen.

 

Luxus ist manchmal auch nur Wüste und Einöde

Als Kölnerin aus vollem Herzen beobachte ich im Moment berufsbedingt die Entwicklungen unserer ungeliebten Nachbarstadt Düsseldorf. “Köln und Düsseldorf”stellt einen Dualismus her, der sich, wie alle Gegensätzlichkeiten, gegenseitig bedingt. Kein schön ohne häßlich, kein abgehoben ohne bodenständig, kein Schickimicki-Luxus ohne ausgebeutete Drittweltarbeiterkinder, die im Dreck leben. Blöderweise vergisst man, je nachdem auf welcher Seite man grade steht, oft den Gegensatz.

 

Jeder sollte da leben, wo er/sie will und sich wohlfühlt. Aber Köln ist natürlich schöner. 🙂 Das sage ich nicht nur, weil es offensichtlich ist, sondern auch weil ich andere “schöne” Städte dieser Welt bereits bewohnt habe, ohne mich da wohl zu fühlen. Schönheit ist nur oberflächlich, auch in Sachen Stadtschönheit. Das musste ich vor einigen Jahren in der Mega-Wüstenstadt Dubai lernen. Dubai wurde mal eben so, in kürzester Zeit als eine Art “Neu New York” aus dem Boden gestampft. Dafür wurde übernommen, was anderswo auf der Welt als “das Beste” angesehen wurde und dabei wurden keine Kosten gescheut. Und die ersten 2 Wochen hat mich diese Fata Morgana tatsächlich getäuscht. Dann fing’s an zu Regnen. Es regnet oft da, wo ich bin, das habe ich inzwischen auch gelernt. Mit dem Wasser von oben ging die schöne Fassade leider den Bach runter. In die Skihalle regnete es rein, die mega-breiten Straßen wurden unbefahrbar und die eisige Klimaanlage im Büro bekam einen Sprung und spielte abwechseln Arktis und Antarktis. Dabei litt ich noch am geringsten unter dieser Situation. Denn sowohl der Bürokomplex, als auch der Komplex in dem ich wohnte, waren umzäunt und gesichert – abgeschotten von zehntausenden Gastarbeitern, die in Wellblechhütten dem Wetterumschwung ausgeliefert waren. Aber egal, die saßen eh fast nie in ihren Hütten, denn die malochten 24/7 auf den Baustellen, auf denen Luxusapartments entstanden, von denen sie nach Fertigstellung mit einem Zaun ausgeschlossen würden.

Warum ich mich gerade jetzt daran erinnere? Weil ich fast jeden Tag zum arbeiten nach Düsseldorf pendele und dennoch lieber in Köln wohnen bleibe. Gegensätze gibt’s hier genauso, aber ich hab das Gefühl man ist ein bisschen weniger stolz darauf. Aber das wirklich dramatisch an dieser Sitation ist, dass das einzige passende Zitat, dass mir dazu einfällt der Ikea-Werbeslogan ist! Wohnen und Leben sollten doch keine Kontraste sein!

Wählen ist wie Shopping, mit kürzeren Warteschlangen an den Kabinen

Wäre am kommenden Sonntag verkaufsoffener Sonntag und die Wahllokale Markenstores, wäre die Beteiligung dann höher? Ich formuliere diese These als Frage, denn ich kann dafür keine Antwort geben. Ich meide Menschenaufläufe, anstatt ihre Einzelteile zu zählen. Dennoch fällt mir beim kommenden Großwahlsonntag auf, dass mich das Wählen gehen anstrengt, weil ich dazu an meinem SONNTAG (!!!) irgendwann vor 18Uhr aus dem Bett kriechen muss, um in eine verlassene Grundschule zu pilgern. Ähnlich geht es mir bei Verkaufsoffenen Sonntagen, da will ich auch nicht raus, aber aus gegensätzlichen Begründungen, weil es da zu viele Menschen gibt. Jajajaja, ich hätte auch einfach per Post abstimmen können. Solange das aber mehr wie Katalogbestellen und weniger wie Online-Shopping ist, ist der Gang zum Briefkasten äquivalent Freizeitstörend, wie das Wahllokalbesuchen am Sonntag.

Aber genau auf Grund dieser Faulheit und dieses Desintereses, falle ich in DIE Zielgruppe politischer Werbung überhaupt. Denn all die pflichtbewussten Mitbestimmer, machen eh was sie wollen. Aber ich, ich bin beeinflussbar, mich kriegt man mit Wahlwerbung, mit Appellen, mit dem Versprechen, am Weltgeschehen mitentscheiden zu dürfen, zu sagen, wo es langgeht. Meine Stimme könnte das hier alles endlich mal in Ordnung bringen!

Allein zur Unterhaltung meinerseits und Menschen, wie mir, wird grade ganz großes Wahlwerbungstamtam betrieben und Wahl-o-Mat-digital-Umfragen erstellt, in denen ich meine in diesem Falle völlig unentscheidende Meinung dazu abgeben darf, ob die institutionell-demokratische Einheit „die Stadt“ für alle Gassigeher kostenlos unbegrenzt Hundekottüttchen zur Verfügung stellen sollte und der Putin die Ukraine behalten darf.

Es wird bis zum Äußersten gegangen: Fähnchen, Blümchen und Papierflyer werden mir in die Hand gedrückt und dazu immer wieder die Aufforderung zum Wählen gehen. Denn ich entscheide. Was an diesem Szenarium gar nicht lustig ist, ist: Dass es stimmt. All die noch so verzweifelten Versuche, Menschen an die Urne zu kriegen, sind berechtigt. Das könnte hier wirklich alles viel besser werden, wenn ich meinen Hintern hoch kriegen würde. Also stell ich mir diese Woche auch für Sonntag meine Wecker. Achja, immerhin weniger los und weniger zu tragen als an einem verkaufsoffener Sonntag. Und in der Kabine hängt kein Spiegel, der dick macht. 

Weichteile sind keine Waffen

Das menschliche Miteinander birgt so viele Gefahren und Fettnäpfchen. Sooo viele. Sooo, sooo… ach lassen wir das, diesen Blog-Post kriege ich nicht mehr freundlich gedreht. Denn aus meinen Augen schlagen Flammen vor Wut. Ich arbeite nämlich aktuell in einem Umfeld, indem gar nicht nett miteinander umgegangen wird. Das Umfeld nennt sich Politik. Während Politik, so dachte ich zumindest immer, dafür da ist, Frieden zwischen Menschen herzustellen und zu erhalten, begegnet mir fast täglich herabwürdigendes, respektloses und einfach nur unfassbar politisch unkorrektes Verhalten. Dass gekämpft und geschimpft wird, oder dann doch freundlich ausgedrückt „Dialog geführt wird“, ist voll okay, das ist wohl Teil des Jobs.

Doch als extrem störend empfinde ich, dass dieser Krieg mit Genitalien gefochten wird. Jawohl! Jetzt nicht tatsächlich, bildlich mit Geschlechtsteilen… Igitt, das will doch keiner sehen!… aber verbal genital!

Ich bin mir durchaus der Tatsache bewusst, dass alle #aufschrei-en, sobald ich das S-Wort sage. Das böse, dumme Wort, das Frauen immer dann anbringen, wenn die Männchen sie zum Weinen gebracht habe. Aber, meine Herren und meine Damen, Sexismus (da ist es das S-Wort, schreit, wenn ihr wollt, lasst es raus, aber Sexismus) ist die mieseste Form auf Menschen rumzuhacken! So muss ich in meinem gegenwärtigen Umfeld ertragen, dass möglichweise echt nicht sehr kompetente Personen, die aber keinen neutralen Personen sind, sondern Frauen, in den Männermeetings, denen ich beisitze, als „frigide Biester, mit Zähnen auf den Haaren“ verlästert werden. Werfe ich ein, dass ich diese Art der Nachrede übel finde, heißt es in selber Runde ich sei „angezickt“.

Wir müssen uns nicht alle liebhaben, umarmen und uns schon gar nicht mit diesen speicheltriefenden Bussi-Bussi-Gesten begrüßen. Im Moment, finde ich ja auch so einige Persönchen höchst unsympathisch, aus gegebenem Anlass. Doch, wenn wir uns schon angreifen und ankeifen, dann bitte mit anderen Waffen, mit Pistolen, Messern und Panzern, aber nicht mit geschlechtsanzeigenden Organen.

 

Bitte hier unterschreiben!

Während ich mich im letzten Post noch gegen die Weiterverbreitung von Briefen gewehrt habe, habe ich nun selbst ein Anliegen, von dem ich wünsche, dass es um die Welt geht und kräftig Zustimmung sammelt. Man mag mir nun vorwerfen, mein Verhalten sei inkongruent und liegt damit völlig richtig. Wer diesen Blog schon länger liest, weiß das. Also tut nicht so, als hätte ich euch nicht gewarnt. Und nun zur (guten) Sache:

Gefordert ist eure Partizipation, mit kleinstmöglichem Aufwand – ihr müsst nämlich fast gar nichts machen und helft dennoch. Eine Freundin hat eine Online-Petition für ein seriöses und wichtiges anliegen an mich weitergeleitet. Das es hier mal um was seriöses geht ist durchaus unerwartet, das habt ihr nicht geahnt, nicht wahr? Aber da ich als Allergikerin, Unverträglichkeiterin und Schilddrüse-ex-und-hopp-Betroffene vom Anliegen meiner Freundin gleich mehrfach betroffen bin, habe ich unterschrieben und zwar dafür, dass es mehr niedergelassene, kassenärztlich tätige Endokrinologen gibt. Zu meinem Endokrinologen muss ich nämlich über eine Stunde fahren, und das obwohl ich in einer Großstadt lebe. Und bevor ich mich auf den Weg machen kann, muss ich mindestens 3 Wochen auf einen Termin warten. Gäbe es sie nicht oder würde ich mich nicht auf den Weg machen, läge ich den ganzen Tag nur depressiv und kraftlos im Bett. 

Warum braucht man dafür eine Petition? Weil es ein strukturelles Problem ist, das beschreibt die Initiatorin der Petition am Besten in ihrem eigenen Kommentar auf der Petitionsseite, ich copy-paste mal einen Auszug:

„Die Petition ist mir wichtig, weil ich als Endokrinologin derzeit hauptsächlich Privatpatienten behandele, weil mir eine Kassenzulassung fehlt. Ich möchte gerne auch Kassenpatienten versorgen. Hier gibt es keine Zulassungsmöglichkeiten, obwohl wir in Deutschland unterversorgt sind mit ca. 500 niedergelassenen Endokrinologen. In Italien und Frankreich sind es jeweils ca 3000!“

 

Ausführlicher gibt das ganze hier: Petition

Und dort könnt ihr auch direkt unterschrieben, die Infos teilen und gerne, gerne weiterschicken! Vielen vielen Dank und frohe, gesunde Ostertage!

Neuland und Internet ist wie Diätaufkleber auf Schokolade

„Das Internet ist Neuland“, sagte Frau Merkel, jedoch nicht vor 15 Jahren, wie man meinen mag, sondern gestern! Das Internet ist. kein. Neuland! Neuland ist unbewohnt und bereit zur Eroberung. So was wie der Mond!

Das ist hier nicht der Fall. Denn das Internet gehört schon mir! Meins. Alles. Das ganze, weite digitale Land! Die steppen der Blogs, die Meere der Katzenbilder und die schönen Wasserfälle der Dinge, die ich nie sehen wollte! Alles MEINS! Immerabgelenkt-Land! ProkrastiNATION!

Also liebe Merkelianer, brecht eure Expedition ins Neuland ab, nehmt eure Fähnchen und schwenkt sie da weiter im Wind, wo ihr hergekommen seid!

Und nochmal zum Beweis, hier mein Blogbeitrag von vor langer, langer Zeit, der beweist: Ich hab das hier vorher erobert! Das Internet ist MEIN Land! Ha!

Wo ist der Sommer?

Noch vor zwei Tagen fragte ich mich, wer dieser Florian Sommer ist, das Kind, das bei facebook tausende Likes für seine politischen Ambitionen erntete. Zur Erreichung des Ziels Klassensprecher irgendeiner 3a zu werden, hatte er ein 1a-Beispiel für Social-Media-Hypisierung geliefert. Und ganz dieser Gattung gemäß hatte er nicht nur Fans um sich gescharrt, sondern auch gemein pöppelnde (a)sozial-mediale Nutzerschaften angezogen. Weil ich die Fanpage nun, da ich mir die Zeit nehmen wollte darüber zu bloggen, nicht mehr finden kann, muss ich auf einen Scrennshot via Link verweisen.

http://gtawc.net/index.php?page=Thread&threadID=38342

Ja, tatsächlich, klickt ruhig nochmal rüber auf das Bild. Und noch einmal

…ganz in Echt und wirklich, sah SO die Seite aus, über deren Funktion und Fake-ilität ich mir begründete Mutmaßung machte. Gab es dieses Kind wirklich und meinte der das Ernst? Handelte es sich vielleicht, um eine Guerilla-Werbeaktion für Haargel oder Businessherrenmode in Zwergengröße? Oder gar eine Initiative für mehr politisches Interesse bei jungen Wählerinnen und Wählern? Und vor allem, das fragte ich mich am allerallerallermeisten: Wie sah die Konkurrenz des Klassensprecher-Kandidaten aus und wohin müsste ich meinen Briefwahlantrag senden?

Doch noch bevor diese Wähleranliegen geklärt wurden, verschwand die Seite und reiht sich nun in die Hall of unsolved Mysteries of mankind ein, gleich neben der Geschichte vom heiligen Gral und der Frage, warum Männer immer allein auf’s Klo gehen.

Während Skully und Mulder schon mal bei Eduard Zimmermann im Jenseits anrufen, wage ich drei erste Thesen zum Verschwinden:

1. Die FTP hat dieses Highpotential abgeworben, ihm dann aber den facebook-Zugang gesperrt, weil dieses Internet und alles da drin ja gefährlich ist.

2. Florian Sommer hat sein Ziel erreicht, ist Klassensprecher der 3a geworden und überlässt seine Fans und Follower (aka das Volk) nun einer liberal-toleranten Selbstverwaltung (aka im Stich).

3. Das ganze war und ist die Fortsetzung von Kill Kony 2012. Ein Social-Media-Alien par excellence.

Ganz demokratisch könnt ihr gerne für 1, 2 oder 3 abstimmen. Vielleicht hat ja sogar jemand weiterführende Tipps!