Heute ausnahmsweise mal kein Sex…fast

Eigentlich war die immerantworten-Sprechstunde ja nur einmal monatlich geplant. Mehr zahlt die Kasse einfach nicht. Aber es wird Herbst und damit wohl nicht nur Erkältungszeit, sondern auch Hochsaison für kranke Googlesuchen. Gut, gut, dann drehen wir das Schildchen anner Tür halt doch nochmal auf OPEN. Schön inner Schlange aufstellen liebe Frauschaften und Herrschaften. Wir machen das jetzt nach Dringlichkeit. Akute Aussetzer bitte vor chronischen.

Kommen sie rein, gucken sie raus und zeigen sie mal her, was Google auf den Überweisungsschein geschrieben hat.

bondage hodensack“ — …oh…hm…nein, bitte ziehen sie sich wieder an, Suchworte zeigen hätte auch gereicht. Bei Knoten in der Brust hätt ich ne Empfehlung gehabt, Knoten um die Klöten geht da aber pathologisch vorbei. Kommen Sie doch andermal wieder, wenn weniger los ist…und ich umgezogen bin. Die neue Adresse? Jaja, die kriegen sie dann….als ob!!

So, gibt’s noch Fälle bei denen man nebenbei problemlos Frühstücken kann? Ja Sie? Na, dann kommen Sie rein.

männer y-chromosom gehirn“ — Ja, das ist wohl der Grund für diese verrückten Ideen. Wollen Sie auch einen Kaffee? Sie glauben ja nicht, was für ein Y-Chromosom hier eben war. Mannnmannmann… Da wundert man sich wirklich wie sich Y-Chromosom und Gehirn miteinander managen lassen.

Ist noch mehr Kaffee da. Noch jemand mit Männerproblemen? Dann immer rein.

manipulation um mann zu bekommen“ — Gute Frage meine Liebe. Madame Y-Chromosom und ich diskutieren grad über die kognitiven Kapazitäten der Herren und wir raten Ihnen, lassen Sie’s lieber. Das führt zu nichts Gutem. Aber wenn Sie unbedingt einen wollen, kenn ich da jemanden, der kommt schon mit Leine…um die Eier. Interessiert? Ja? Moment, ich muss mal kurz telefonieren.

So, Frühstück beendet. Jetzt schaff ich auch die Härtefälle wieder. Wer möchte?

käufliches ziegenfleisch“ — Der Metzger ist gegenüber. Ja, kein Problem. Kommt ständig vor. Tschüss und guten Appetit.

kaufliche liebe“ — sollten sie weder Vegetarier noch Veganer sein, könnte da ebenfalls der Frischfleischhandel gegenüber helfen. Ansonsten empfehle ich die Lektüre von „Beziehungsstatus: Verliebt in facebook“, können Sie direkt hier kaufen, Amazon

beziehungsstatus ändern facebook konsequenzen“ — also Ihnen empfehle ich auf jeden Fall mein Buch. Ich schreib Ihnen am besten ein Rezept. So damit gehen sie jetzt zu Amazon und holen sich das Buch. Dreimal täglich lesen, dann wird alles gut.

So, einer darf heut noch. Dann mach ich Feierabend. Wer ist noch da? Da, ja Sie Sehen bedürftig aus. Was haben Sie denn?

wohltätigkeitsbitte“ — Aha, na das hätt ich mir ja denken können. Nagut, weil heut Freitag ist, verschenk ich ein Exemplar der ersten Auflage von „Beziehungsstatus: Verliebt in facebook“, mit persönlicher immerabgelenkter Signatur.

Lass mir bis Montag einen Kommentar da, meinetwegen auch mit den Dingen, die du dich nicht getraut hast, bei Google einzugeben und dann entscheide ich ganz wohltätig Montagmorgen darüber, wessen Postadresse ich Anfrage.

Das ist nicht genug Altruismus? Dann stell dich doch nächstes Mal bei der AWO an und nicht an meiner Praxis!

Männer, Milton, Manipulation

Zwei Tage später und ich drehe immer noch im Subkosmos Sex und sonderbare Subkulturen meine Runden. Vielleicht bin ich auch schon völlig vom NLP hypnotisiert und hänge darum hier fest. NLP das gehört auch zu den PUs. PU oder PUAs (Pick Up Artists, ja genau, Pick Up, wie der Keks), das sind Jungs (Scherzkekse), die anderen Jungs erklären, wie Frauen funktionieren; psychologisch, mit dem Ziel auf der physiologischer Ebene zu punkten, formelly known as Penetration oder einfach Bumsen.

In den Foren, durch die ich mich gelesen  habe, bin ich immer wieder auf die modernen männlichen Cynderella Geschichten gestoßen. Eine Fee, also ein Aufreiß-Experte, kommt mit seinem Zauberstöckchen herbeigeflogen und hilft dem Frosch zum Prinzen zu werden. Dazu schafft die Fee, ganz wie im Märchen, schöne Kleider und ein Zauberwolke aus Feenstaub ran. Womit wir denn beim NLP wären, Neurolinguistic Programming. Man mag meinen, dass die Märchenwelt bei der Wissenschaft aufhört, aber nein, mit dem in Aufreißerkreisen oft zitierten Milton Modell wird’s erst so richtig magisch.

Da geht es um Suggestion und Manipulation, darum zu kriegen, was Mann will, mit den „richtigen“ Worten. Und da sind wir beim Mysterium, beim verwunschenen Schatz. Was sind die magischen Worte? Was will das Orakel hören, um seine Tore zu öffnen. Assoziationen und Abstraktes, sagen die (S)Experten. Konkret, sollte Mann also Unkonkret bleiben. Die Fick-pardon-Pick-Forum-Fans  beschreiben das ganze komplizierter, aber so ist das ja meist wenn’s unkonkret bleiben soll.

Konkret frage ich mich gerade, ob der Kerl, der mich neulich an der Bahnhaltestelle ansprach ein Sympathisant dieser Milton Modell Manipulations Metaphysik war. Denn der verwirrte mich sehr mit seiner wirren Wortwahl. Vielleicht wollte er aber auch nur mein Kleingeld. Wo liegt da noch die Grenze zwischen Flirtsignalen und Anzeichen geistiger Unzurechnungsfähigkeit?

Strg + y für die Männlichkeit

Männerphantasien sind was Wunderbares und dank Internetaustausches dürfen auch wir Frauen daran Teil haben. Und können vor unseren Bildschirmen lachen ohne irgendjemandes Ego zu kränken. Zeit und Co. unterstellten der gegenwärtigen Generation Mann ja kürzlich Mimosenhaftigkeit statt Machotum. Aber eine Meute selbsternannter Kreuzritter kämpft nun mit Ratschlägen und Intensivtrainings für den Schutz des Y Chromosoms.

Da in meinem Erstlingswerk, meinem Book in Progress, auch handelnde fiktive und fickende Figuren vorkommen und die Kerle in meinem Freundeskreis keinen kalten koitusbezogenen Klartetext reden wollten, wand ich mich an und ins Internet. Denn hier gibt’s keine Schamgrenze. Dafür gibt’s Pick Up Foren. An diesen Orten spricht Mann nicht über das Automodell mit gleichem Namen, sondern tauscht Tipps und Erfahrungen rund um das Themenspektrum ‚Frauen ansprechen‘, ‚Frauen von sich überzeugen‘, ‚Frauen flachlegen‘ aus. In dieser Kausalkette. Auf wie vielen Ebenen das moralisch verwerflich ist, thematisiere ich jetzt nicht. Auf wie vielen Ebenen das extrem amüsant ist, aber schon!

Ebene 1: Die Sprache. Anmachen ist Approachen. Körperkontakt ist Eskalation. Der Freundeskreis ist der Social Circle. Die einzelnen Schritte sind Moves. Der Gedanke dahinter (auch wenn ich bezweifle, dass sich hier viel in kognitivrelevanten Körperregionen ereignet) ist das Mindset. Die Gedankenwelt der zu approachendenen Frauen, genannt Target, besteht wiederum aus Beliefs. Erfolg wird gemessen in Closes… Soviel Denglisch wie im größten PickUp Forum, hörte ich zuletzt im Aerobic-Kurs oder einem Marketingseminar. Womit wir bei Ebene 2 der „Ihr wollt mich doch verkackeiern-Analyse“ sind.

Ebene 2: Die deterministische Methodik. Wenn du mit ihr ins Tierheim gehst, denkt sie du bist ein moralisch guter Mensch und dann geht sie auch mit dir ins Bett (und gibt dir Tiernamen). Das Beispiel hab ich da wirklich so gefunden; etwas ausführlicher ausformuliert und mit der Zusatzbemerkung, dass Tierheim ein super Kosten-Nutzen-Verhältnis bietet. Sex gegen Geld ist ein etabliertes Businessmodel, liebe Hasilein und Putzibärchen. Statt dem Gang ins Tierheim sollte Mann, wenn Mann Kosten kalkuliert, vielleicht einfach ins Bordell gehen.

Ebene 3: die ökonomische Seite des Ganzen. Approachen, moven und letztlich aufpickern kostet Zeit und vor allem Geld. Zeigen zumindest die Vorgehenstipps der Seite. Die sind und die gibt’s umsonst. Wer den Pick Up Mindset aber so richtet internalisiert hat, der lernt: Wenn der Einsatz hoch genug ist, dann gewinnt Mann irgendwann. Mehr Einsatz heißt hier: Bücher kaufen, Workshops buchen. Vielleicht sollte das beim nächsten Date im Casino (ja auch das wird vorgeschlagen, genau wie Autokino und Zoo) mal überdenken?!

Ebene 4: Das Kernproblem. Alles steht und schwillt wieder ab mit den Frauen, hier nur als HB bezeichnet. Nicht zu verwechseln mit den Zigaretten, der Hansestadt Bremen oder Hepatitis B. Nein, nein, HBs dann sind „Hot Babes“. Wegen und für uns werden aus Internetlesern Idioten. Wir sind die Bienenköniginnen, um die sich die kleinen Aufpicker scharen, für die sie summen und leben. Wäre das Geschreibsel und Geratschlagel in den Pick Up Foren nicht so selten dämlich, könnte frau sich als HB fast beeindruckt von all diesem Aufwand fühlen. Wären wir wirklich im Bienenreich, würde sich das Problem denn auch von selbst lösen. Denn die Wahrheit über die „Bienen und Blumen“ Geschichte steht nicht im Pick Up Forum, aber die sag ich euch gerne ganz kostenfrei, damit ihr zum Schluss dann doch was gelernt habt: Bienenpenisse explodieren beim Vögeln, bzw. „Bieneln“.

Egogetriebene Endlosschleifen

Kontaktpflege über digitale Medien, von Email über SMS und whatsapp, sowie natürlich Facebook, Google+ und all den Optionen miteinander in “Kontakt zu treten” und “zu bleiben”, erinnert mich in letzter Zeit zunehmend an das Telefonhotline-Phänomen“Please hold the line…tüdellüddela…tüddellüddeli…”. Die Musik fehlt noch, aber daran arbeitet Facebook ja angeblich gerade, zusammen mit einer Gesamtgeschichte des Lebens der NutzerInnen und der Welt, real und digital und ganz und gar und überhaupt und absolut und wow. Spannend, spannend. Besonders wenn in dieser Historie dann auch wirklich meine gesamte Kommunikation über das soziale Netzwerk abgebildet wird. Zum Teil bietet Facebook das schon. Seit einigen Wochen erscheinen nämlich alle Nachrichten und Chatgespräche zusammengefasst in einer langer Kette in meinem Facebook-Postfach, sortiert nach Kommunikationspartner, statt nach Datum oder gar Betreff, der ja nun gänzlich abgeschafft wurde. Ist ja auch egal worum es bei einer Unterhaltung geht, dachten sich die Innovatoren. Und irgendwie passt das zu dem, was auch mir auffiel. Nämlich eine ganz bestimmte Art und Weise, ein gewisser Habitus des “Keeping in Touch”s. Nachrichten mit den Worten: “Hey, wie geht’s dir? Was machst du so? Liebe Grüße”, die sich wiederholen und zu Gesprächen führen, in denen ich mich fragte, ob mein virtuelles Gegenüber wirklich ein reales Pendant hat. Denn was dann auf meine Antworten folgte, waren meist kurze “cools”, “super”, “wirklich?” und dann eine freundliche Verabschiedung. Einige Wochen später folgte dann wieder eine freundliche Nachricht oder eine Chat-Ansprache mit eben jenem Satz “Hey, wie geht’s dir?” und die Facebook-Nachrichtenliste lässt mich nun ein Muster erkennen. Die Sortierung nach Kontaktpartner auch. Denn diese Bekundungen von freundlichem, unaufdringlichem Interesse sendeten mir ausschließlich männliche Freunde, zur Mehrheit jene, mit denen der Kontakt auch außerhalb Facebooks mal “kompliziert” war oder hätte werden können. Mit denen die reale Historie dazu geführt hat, dass ich sie im Präsenz, auf der Straße nicht als “Freunde” vorstellen würde, auch wenn ich sie im Netz so führe, sondern als Männer mit denen “ich mich noch gut verstehe”. Und ich bin mir recht sicher, dass auch auf der anderen Seite der Leitung keine ernsthafte Intention besteht mit mir tatsächlich “befreundet” zu sein, im dem Sinne, wie wir Freundschaft ante Facebook natum verstanden. Auch möchte ich niemandem eine infarme Intention unterstellen, denn der Ansprecher fragt die Angesprochene ja nichts Anstößiges. Aber es ist eben doch kein Kontaktpflegen, sondern ein In-Kontaktbleiben, nur um den Kontakt nicht ganz abbrechen zu lassen.

Ich antizipiere inzwischen, dass es hierbei eben nicht darum geht Interesse an mir zu zeigen, weil der Andere  (noch) was von mir will. Sondern es geht eben um ihn, der sich wünscht, dass ich Interesse zeige und es mit der Phrase “Hey, wie geht’s dir?” zu evozieren sucht. Die Möglichkeit über Technologien zu kommunizieren, macht mich an dieser Stelle selbst zur “Option”. Zeit- und Kostenunintensiv wird eine Geschichte erschaffen und von Facebook erfasst, auf die man sich dann berufen kann, wenn man sich doch mal wirklich wiedersehen sollte, die aber bis dahin das Trugbild vermittelt es bestünde Nachfrage bzw. Interesse.

Dass die Frage nur die Suche nach der Gegenfrage ist, das Interessebieten nur die Aufforderung ist, es zu erstatten, bewies sich vor Kurzem. An meinem Geburtstag. Denn trotz automatischer Erinnerung erhielt ich eben an diesem Tage, keine freundlichen, interessierten Worte. Vielleicht weil es an diesem Tag eben um MICH  (!!!) ging.