Zu schwer für ein Huhn

Als Mama lernt man jeden Tag etwas Neues. Da meint man, so ein Kind sei eine leere Festplatte, die darauf wartet, dass man sie mit Wissen und Funktionen fülle. Fehler im System. Tatsächlich lernt man als Mama fucking viel dazu. Nicht nur so Sachen wie Multitasking, Auskommen ohne Schlaf und Nahrung, sondern auch was man ganz grundlegend im Alltag richtig oder falsch macht.

Meine offensichtlich nicht frei beeinflussbare Gen-Festplatte wird bald zwei. Seit über einem Jahr kann er selbst laufen. Leichter wird so ein Mensch mit zunehmendem Größenwachstum auch nicht. Und so lerne ich: Ich trage (ihn) zu viel*; hoch in den dritten Stock; zur Bahn; über die Straße. Ich schleppe ihn, wenn immer mir seine kleinen Füße alleine nicht schnell genug rennen oder ich das Terrain für zu gefährlich halte. Eigentlich voll logisch, vielleicht sogar nachvollziehbar.

ABER mir fallen mehr und mehr Situationen auf, in denen ich nicht nur IHN trage, sondern auch andere: FreundInnen, KollegInnen, Leute, die mir zu langsam oder unfähig vorkommen etwas zu tun. Ich trage diese Personen natürlich nicht tatsächlich. Ich bin ja auch nur 1,70 groß und nach Box-Gewichtsklassen Bantam-Gewicht. (Heißt wirklich so im Kampfsport. Ein Bantam ist übrigens in der realen Welt ein super niedliches Huhn! Googelt es! Jetzt! Und kommt dann zurück! Ich warte hier und picke weiter vor mich hin!) Ich Huhn mache das auch nicht absichtlich, sondern bis vor kurzem Unbewusst und vor allem aus Ungeduld und aus Ungeduld; und aus UNGEDULD(!!!). Ganz ehrlich glaube ich daran, dass auch meine Mitmenschen Sachen können, oft sogar besser als ich, aber eben nicht SCHNELLER.

Meinen Sohn zu tragen, bereitet mir Rückenschmerzen. Davon andere Menschen zu tragen (metaphorisch), kriege ich Kopfschmerzen. Dagegen kann ich nun also Schmerztabletten einwerfen, oder mein Verhalten ändern, das System umprogrammieren. Für so eine Systemtransformation ist aber eine Sache ganz wichtig: Geduld. Hab ich ja nun mal nicht. Kriegt man nicht in der Apotheke. Das wird also Arbeit. Habt ihr Tipps, wie man geduldiger wird und dabei Kopf und Rücken schont?

 

 

*Jajaja, Tragen ist gut für’s Baby und die Bindung sagen Eltern-Kind-Ratgeber. Aber mein Sohn ist nun mal kein Baby mehr und Händchenhalten tut ja auch was für die Bindung.

Mehr als versetzungsgefährdet. 2014 ist durchgefallen.

Wir befinden uns in der besten Zeit des Jahres, in der Zeit der Zusammenfassungen. Wer die letzten 363 Tage verschlafen hat, braucht nur jetzt aufzuwachen und für die verbleibenden 36 Stunden eine beliebige Zeitung runterzuscrollen oder TV-Sendung livezustreamen, um im großen 2014-Rückblick mit mindestens 3+ zu bestehen. Während das Jahr ausläuft, wie ein kaputter Jogurtbecher in einem Fünftklässlerrucksack, schauen alle weiter auf die Bildschirme, in denen die Ereignisse bereits vor Tagen, Wochen und Monaten in Echtzeit an ihnen unbemerkt vorübertickerten. Das meiste konnten wir nicht fassen, als es passierte und auch jetzt landet alles nur kurz im mentalen Zwischenspeicher.

Meine persönliche Speicherplatte ist so voll, wie ich in der Neujahrsnacht zu sein plane. Dabei plagt mich eine Eigenheit: Ich kann nichts vergessen. Verdrängen geht super, aber vergessen so gar nicht. Das war früher super, um auch ohne die Zusammenfassung nochmal zu lesen eine 1- zu bekommen, aber heute ist es eher lästig. Denn ein Erwachsener Mensch unserer Zeit braucht sich nichts zu merken. Er/Sie hat für alles eine App oder eine andere technische oder humane Assistenz. Man müsste sich eigentlich mit nichts mehr langfristig beschäftigen, sondern könnte einfach alles ungespeichert verwenden und vernichten.

Mein Kopf stammt aber aus anderen Zeiten und passt sich nicht an. Ich erinnere mich an viel mehr als die meisten Menschen und viel mehr, als notwendig oder sinnvoll oder gut für mich ist. Fragt man mich, wo ich am 14. Oktober um 9.45Uhr war, kann ich darauf ohne zu überlegen antworten. Ich erinnere mich daran, wo ich war, mit wem ich wo war, was ich an hatte, was ich gesagt habe, was andere Menschen gesagt haben, und wie sie es gesagt haben und wie wütend ich war, als ich mit der sexistischen Kackaussage konfrontiert wurde: „Ich habe nichts gegen Frauen.“

Und so erinnere ich mich an jedes einzelne Arschloch, das mir 2014 einer meiner bisherigen 363 Tage vermiest hat. Entgegen der Behauptung im Rückspiegel lässt die Nostalgie die Karambolagen des letzten Jahres weniger blutig wirken, läuft hier in meinem Fall nur immer der gleiche Horrorfilm. Das Murmeltier grüßt mich jedes Mal, mit derselben unretouchierten Realität, wenn ich an zurückliegendes denke.

Zu meinem Glück gab es auch viele erfreuliche Tage 2014, aber ich freue mich doch sehr darüber, dieses Jahr nun zu den Akten legen zu können. Adieu 2014, du hast dich sehr bemüht, aber alles in allem waren deine Leistungen nicht ausreichend und so wird das nichts mit der Versetzung ins nächste Jahr. Am besten du räumst schon mal deinen Platz und wisch doch bitte, wenn du gehst, noch die Schweinerei weg, die du hinterlassen hast.

Man lernt für’s Leben, aber aus dem Internet

Der heutige Tag brachte ein freudiges Ereignis mit sich, eine darauf folgende Enttäuschung und auf die Enttäuschung folgende gute Vorsätze. Aber chronologisch. Ich habe wieder eine EC-Karte. Die wurde mir während meines Aufenthaltes im Ausland nämlich deaktiviert, weil es, wie mir die Bankdame erklärte, voll gefährlich ist, wenn meine Karte im Ausland geklaut wird und dann jemand damit Geld abhebt. Deswegen funktionieren die Karten des Bankunternehmens meines Vertrauens nur in Deutschland. Denn in Deutschland würde sowas ja niemand machen. Denen vertraut meine Bank. Deswegen haben wir ja auch keine Gesetze und keine Polizei und keine Gefängnisse in Deutschland. Brauchen wir alles nicht. Wir hier, in Deutschland. Die Logik meiner Bank: Unbezahlbar. Aber zurück zur Geschichte. DAS war also das freudige Ereignis. Karte da. Jippie. Darauf folgte die Enttäuschung bzw. Ernüchterung, denn da hatte schon längst jemand das ganze Geld von meinem Konto abgehoben. Einfach so, ohne dass die Bank eingegriffen hatte. Nämlich ich, und mein Vermieter, Energieversorger, Fitnessstudio, Telefonanbieter und all die anderen, die ich mit einem Dauerauftrag beschenkt hatte. Ich bin also, gut fünf Wochen vor Weihnachten (!!!), pleite. Mal wieder. Und sogar pleiterer als sonst. Denn der Urlaub war lustig, aber Spaß gibt’s heut auch nicht mehr umsonst. Damit steht nun fest: Weiterurlauben ist erstmal verschoben und ich muss mir was für Weihnachten einfallen lassen. Früher hieß das Zauberwort hierfür „basteln“, heut ist es ein ganzer Satz: Do it yourself! Selbermachen. Kostet wenig und alle sagen doch immer, dass sie was „von Herzen“ wollen und das der Gedanke zähle und das „Zusammensein“. Hm. Zusammensein können wir dann spätestens in der Notaufnahme, wenn meine Bastelversuche wie üblich verlaufen. Aber diesmal komm ich nicht drum rum. Ich muss wirklich ein bisschen self do-en. Und mein Freund und Held das Internet hilft. Eine kurze Recherche hat mir nämlich gezeigt, dass man im Internet scheinbar ALLES (!!!!) lernen kann. Es gibt nichts, wozu es keine Anleitung gibt. Meistens sogar mit Video. VIDEO! Wozu verdammt bin ich zur Uni gegangen?

Sobald ich „How to make“ oder „Do it yourself“ bei Google eingebe, schlägt es mir Selbermachrezepte für Elektromotoren, Waffen, Sex , Solarziegel, Chutneys, Seifen, Feuer und und und … und Reichtum vor. Ja, einfach nur Reichtum. How to make wealth. Kann das bitte jemand für mich basteln dieses Jahr?? Und mir schenken? Das wäre ein SUPER Geschenk! Brauchst du auch nicht extra einpacken. Schleife drum reicht völlig. Zugegeben, manches ist auch völlig irrsinnig und utopisch, wie der Vorschlag: „How to make your Windows PC boost faster.“ Ja,ja, ja und an den Weihnachtsmann glauben wir auch noch.

Youtube bietet mir an, mir beizubringen, wie man jemanden mit einem Schlag K.O. schlägt – nicht ganz das passende Geschenk für Weihnachten…zum Geburtstag vielleicht, aber Weihnachten. Neeeee. -, wie man traditionelles Challah Brot macht, wie man ohne Drogen High wird (DAS wiederrum könnte in der Weihnachtszeit nützlich werden.), wie man 10 kg abnimmt, wie man leidenschaftlich küsst, wie man Butter frittiert (kein Witz: http://www.youtube.com/watch?v=_sq5heWcpKM), wie man Alkohol herstellt und Löwen zähmt und ENDLOS viel mehr. Es gibt einfach zu viele Lösungen für mein Problem. Gut dass ich noch ein paar Wochen bis Weihnachten habe, um mich zu entscheiden. Einen Favoriten habe ich schon, aber dafür müsste ich erstmal Mäusefallen aufstellen: