Tatort: Kühlschrank oder In welche Kühlzone gehört die Leiche?

Genau DIESES Entrée, wie im Video oben, müsst ihr euch grad vorstellen. Immerabgelenkt fliegt im Kühlschrank durch die Luft, der Kühlkasten landet und ich rolle raus. Tada! Applaus, Applaus, danke, danke, und damit herzlich willkommen zu den Kühlschrank Dialogen, hier auf immerabgelenkt.de.

Und bevor wir, mit einem spannenden Exemplar beginnen, das mir anonym zugesandt wurde, steigen wir doch erstmal ein, in die Materie Absorptionskältemaschine.

Was MUSS man (unbedingt!!!!) wissen, über das Ding daheim?

  1. Stunde Physikunterricht bei immerabgelenkt: Der Kühlschrank funktioniert nach dem physikalischen Gesetz: Stecker rein. So. Stunde vorbei. Pause.
  2. Stunde Geschichtsunterricht: Wann gab es die ersten Kühlschränke? Kann die Frage jemand beantworten? Keine Meldungen? Keine Freiwilligen? Ja da, ja bitte. Ja geh auf’s Klo. Mannmannnmann…weiß denn keiner die Antwort? Ja gut, dann eben nicht, dann lest das nach und nächstes Mal schreiben wir einen Test darüber! So. Stunde vorbei. Pause.
  3. Stunde: fällt aus, wegen Ablenkung….Denn mich beschäftigt grad Folgendes viel, viel mehr: Frauen in Kühlschränken. Japp, das gibt’s wirklich. Dazu gibt’s nämlich nen eigenen Wikipedia-Eintrag. Gut, der Weihnachtsmann hat auch nen eigenen Wikipedia-Beitrag….dannndann…???….juchheee!…gibt es den Weihnachtsmann doch! Wie wunderbar! Ich schreib gleich mal nen Wunschzettel.

Aber erst mal zurück zu den Ischen in der Eisbox. Der unausweichlichen Kausalkette „Verwirrt mich => muss ich mir angucken“ folgend, fand ich mich kurz darauf in der Comicwelt wieder. Es gibt sogar ein „Frauen in Kühlschranken-Syndrom“, las ich nun. Und nein, damit ist nicht die Routine gemeint alle Fünf-Minuten in den leeren Kühlschrank zu gucken und auch nicht die Angewohnheit alles gerade Gekaufte aufzuessen, noch bevor man es in den Kühlschrank stellt. Nein, nein, viiiieeeel comic-komplexer. Das Frauen im Kühlschrank-Syndrom bezieht sich auf einen comictypischen (Typisch!!! aha!!)-Handlungsverlauf. Eben den, dass da ne tote Torte im Kühlschrank liegt. Und das soll die Funktion haben (und jetzt wird’s fies) Frauen als schwache, machtlose Opfer darzustellen. Der Held (männlich) kämpft gegen den Superschurken (männlich) und die Frau, ja die, die ist in die Küche gesperrt, auf Eis gelegt, in ihre (Kühl-)Schranken gewiesen.

Ahahahaha… Daraus schließe ich im Rückschluss, dass ich mir, am Tag an dem ich ne Leiche in meinem Kühlschrank finde, ein Superhelden-Kostüm umwerfen werde und dies zu meiner Hauptprofession erkläre. Die Power of Massdistraction hab ich ja jetzt schon.

Und damit zum Gast der heutigen Sendung:

Was für einen Kühlschrankbesitzer/ Was für eine Kühlschrankbesitzerin, haben wir hier? Superman oder Magneto, vielleicht? Oder doch Catwoman?

Kommentieren, analysieren und intepretieren Sie JETZT liebe Leserinnen und Leser!

Nach dem Werbeblock trage ich die Ideen und Interpretationen dann zusammen. Aber erstmal die Werbung:

 

“Beziehungsstatus: Verliebt in facebook”, das Buch der immerabgelenkt-Autorin ist jetzt DA!!! Und kann hier http://bit.ly/QBuN2e und in jeder Buchhandlung umme Ecke bestellt werden.

Mitten im Kühlschrank

Willkommen liebe Leserinnen und Leser, zur ersten Folge einer neuen Serie, ach was, Serie? Einer neunen Ära!! Und ihr seid Live dabei! In Zartbitterdenken’s Kühlschrank!

Öffnen wir die Tür und glotzen voller Erwartungen und ins Kühle:

Aha. .hmmm…Aha…hm,hm…ja…ach…HA!…hm…Aha…

Seeeehr interessant. Zartbitterdenken scheint eine Hektikerin, mit Tendenz zum Selberkochen zu sein, die sich an Beladungsanweisungen hält. Milchspeisen oben, Fleisch drunter und Gemüse ganz unten. Vorbildlich. Die Tomaten und das Gemüse unten sind aber nicht ausgepackt, sondern einfach schnell in den Kühlschrank geschmissen, IN der Folie! Da kam jemand vom Einkaufen nach Hause und wollte einfach alles schnell schnell verstauen. Vermutlich um sich angenehmen Dingen zu widmen. Angenehme Dinge, wie der Inhalt des Glases ganz oben, in der zweiten Reihe, hinter dem ganzen Selbstverpackten. Keine Ahnung, was das weiße Zeug ist. Jogurt? Aber der steht ja eine Etage tiefer und in der Tür. Pudding vielleicht? Dafür ist das Selbstverpackte dann doch zu hell. Koks vielleicht? Koks wäre möglich. 2-3 Becher für den Hausgebrauch…

Das fast-geleerte in der zweiten Reihe muss aber was Gutes sein. Versteckt und ganz oben, aber doch fast leer. Snacks stehen normalerweise in erster Reihe, man will ja schnell rankommen. Will man nicht, dass Andere auch davon Naschen, stellt man es weiter nach hinten. Könnte es selbstgemachte Marmelade sein? Irgendwie ist es zu dünnflüssig für Marmelade. Tomatensaft. Hm…Tomatenzeugs steht ja eine Reihe tiefer schon. Wär auch heller. So dunkel und doch klebrig, organisch…Blut vielleicht?

Blut des Typen, dem du das Koks abgenommen hast (!!)? Da ist auch noch was Illuminiertes rechts oben in der Ecke. Was ist denn…? Was…Was ist??? Eine Niere (!) vielleicht?? Blut… und Koks und eine Niere…ähm…Zartbitter, Zartbitter, ich glaub ich muss mal kurz….Was?….Ja, klar, nee ich guck weiter…. Hm…mit dem Rücken zu dir… Oh verdammt….Könnte ich aus dem Hack ein SOS formen??…Was? Nein, ich hab nichts gesagt…schööööner Kühlschrank! Ganz toll! Wahnsinn! Was? Nein, ich hab dich nicht wahnsinnig genannt…Nein, was?

Sprechen wir doch lieber weiter über den Kühlschrank. Lächeln, Immerabgelenkt, einfach lächeln. Der Kühlschrank!! Ja ein wunderbares Ding!! Und so aufgeräumt! Ja wirklich, ganz wunderbar! Und die Kokosmilch von Alnatura, die hab ich auch … und ähm…was haben wir denn hier noch, in der Tür. Einen Flachmann. Ja siehste Zartbitterlein, wollen wir nicht erstmal ein Schlückchen nehmen? Ja und Holundersirup mit Sekt wär auch noch schön. Ja hol schon mal die Gläser. HILFE!! HILFE!!!! Das ist definitiv ne Niere…und Blut….Das verpackte Gemüse kommt gar nicht von der Hektik, sondern ist Alibi!!!…oh verdammt…sie kommt zurück! Und ich steh immer noch vor der Kühlschranktür. Sind das im dem Glas da AUGEN??? ….. Oliven meinte ich, Zarbitter. Oliven. Ja, die find ich auch toll. Nicht hingucken, nicht hingucken, Immerabgelenkt, einfach lächeln und langsam vom Kühlschrank wegbewegen….in kleinen Schritten.

Noch nicht fertig? Ja..ähmm..Ich hab da noch…ja, nee, natürlich ist Nichts wichtiger. Ja, ähm ein Fazit. Hm…ausgewogene Ernäherung. Milch, Jogurt, Gemüse, Organgensaft, Fleisch und Tunfisch. Das hält jung und fit….und heißt sie kann mich vermutlich locker einholen, wenn ich jetzt mit einem Sprint zur Tür die Flucht versuche.
Ob ich was von dem Tiefkühlkuchen da in der zweiten Reihe möchte? Achja, leider kein Gluten. Sorry. Aber danke. Du ich MUSS jetzt auch. Ich…Ich…

… Das ist garantiert Blut (!!!). Und das Glas ist fast leer. Das heißt sie braucht neues. Ich…ja, ich…ähm…LAAUUFTTT!!!!!

Ich guck NIEEEE wieder in fremde Kühlschranke. HIILLLLFEEE!!!

Kulinarische Freizügigkeiten

Während sich das In-Fremde-Kühlschränke-gucken gerade von der Marginalie zum Trend mausert, dominiert eine anderen Bildkategorie seit langem die Kanäle sozialer Vernetzung: Fotos von Essen, kurz vor dem Verzehr. Wie Friends-Charakter Joey Tribbiani, so muss ich gestehen, bin ich kein(e) Freund(in) des Essenteilens, zumindest nicht auf facebook. Im Bistro immer gerne, wenn meine Gabel dafür auch auf andere Teller vorstoßen darf. Aber online hab ich’s noch nie gemacht. Denn das fotografische Essenteilen über facebook finde ich obskur. Und ich hasse es mit dem Essen warten zu müssen, wenn es erst mal vor mir steht. Vielleicht sind meine Gründe für die Trendverweigerung auch einfach nur Hunger und Ungeduld. Sollte ich’s also doch auch mal probieren?

Denn tatsächlich führen die Essenfotos auf facebook eine lange künstlerische Tradition fort. Schon im 17. Jahrhundert hatten Bilder von Essen (und Blümchen) ihre eigene Kunstkategorie: Das Stillleben. Van Beyeren malte um 1650 einen Humor mit Fruchtbeilage. Noch bevor van Gogh seine berühmten Sonnenblumen (1888) erschuf, pinselte er 1884 einen Topf mit Kartoffeln. Manet stand auf Fischgerichte und Cezanne schmiss Essen gern quer über den Tisch.

Die facebook-food-fotos sind also in berühmter Gesellschaft. Und schaffen vielleicht sogar noch Gemeinschaften. Vielleicht glaubt der Postende, er esse so nicht allein. Sieht man auf einem Profil Bilder von Essen, dann hat man die erste Gemeinsamkeit gefunden. Du isst, ich esse,…wollen wir nicht FreundInnen werden?

Ist es das?

Ganz überzeugt bin ich nicht. Wer fertig zubereitetes Essen postet, versucht doch, sich von der besten Seite zu zeigen, saftig und garniert. Oder nicht? So nett angerichtet isst man im Alltag doch nicht. Mein Misstrauen bleibt und ich halte am Blick in den Kühlschrank fest. Kalt und roh isst einfach ehrlicher. Ich bleibe dabei: Kein Futter für facebook.

Und eine Neuigkeit zum Desert: MEIN BUCH IST DA!!! So richtisch!! Das erste gedruckte Exemplar kam heut mit der Post. Falls ihr auch eins wollt, einfach bestellen und nicht vom „nicht lieferbar“-Quatsch abschrecken lassen.

Und Buecher.de hat es inzwischen auch…vielleicht sogar auch im Kühlschrank.

Frigidäre Offenbarungen

Futterschnute und Anhora sind auf meine nicht-ganz-so-geheime Leidenschaft aufmerksam geworden: meine Neugier in Bezug auf Nahrungsmittel, mein Fetisch gerne in fremde Kühlschränke zu gucken. Während andere dabei sind Goethe’s Gedichte, den Wetterbericht oder den Beziehungsstatus des Angebeteten zu interpretieren, widme ich mich der Wissenschaftsanalyse des Mediums Kühlschrank.

Kühlschränke und ihre Inhalte sagen mehr aus über Menschen als alle Facebook-Profilangaben, Browserverläufe und Daten, die im Perso stehen, zusammen. Denn am Kühlschrank kann man sowohl demographische Informationen als auch Interessen, Vorlieben, Konsumverhalten und was nicht noch alles ablesen. Das meist schlichte, eckige Ding in der Küche offenbart die wahren inneren Werte, zeigt was reingeht in eine Person und was man zwar mit gutem Willen gekauft aber dann zusammen mit allen athletischen Vorsätzen doch im Gemüsefach vergammelt lässt.

Das geschulte Auge erkennt sie sofort; die Kühlschranke von Singles, Menschen in Beziehungen oder Familien mit Kindern, Menschen mit zu viel Geld aber zu wenig Zeit für gute Ernährung, Menschen, die nie zu Hause sind und jene, die heut Abend zur Party geladen haben.

Und wie oft kauft der Kühlschrankbesitzende so ein? Ein Blick auf die Haltbarkeitsdaten von Jogurt und Co verrät das Konsumverhalten.

Fitnessjunkie oder Genussmensch? Milchprodukte mit ihrer Palette an Fettgehaltsstufen geben Auskunft.

Selberkocher oder Essengeher? Trinker statt Esser? Es gibt keine Schranken, wenn es darum geht, was man alles aus Kühlschränken ablesen kann. Und wie eben auf der Mensch vor dem Schrank kein statisches Objekt mit immer gleichen Gedanken und Wünschen ist, so verändert sich das beleuchtete Bild ständig weiter. Man könnte ganze Biographien schreiben, bebildert mit Aufnahmen der Lebensmittellagerstätte.

Und nicht nur das. Man ist ja nicht nur passiver Rezipient, der in das eckige, kühlende Küchenmöbel glotzt, sondern kann interaktiv mitgestalten. Die Milch kommt hier hin, der Käse da oben und welches, war nochmal die Zone für die Gummibärchen? Apropos Gummibärchen, man könnte den Kühlschrankinhalt natürlich auch mal farblich ordnen. Mein kleines Aufräumherz kommt ins rasen.

Und weil, wie mir Futterschnute und Anhora zeigten, ich nicht die einzige Betroffene bin, gibt’s ab jetzt regelmäßig Fremder-Kühlschrankgucken auf immerabgelenkt.de, so lange, bis mich die KühlschrankbesitzerInnen verklagen, weil ich ihre intimsten Küchenecken ins Internet stelle… Kühlschrankgucken ist halt gefährlich, Extremsport quasi.

Ich gestehe, dieser Kühlschrank ist mir nicht ganz fremd. Aber dennoch nicht meiner und immer wieder spannend. :-)
Ich gestehe, dieser Kühlschrank ist mir nicht ganz fremd. Aber dennoch nicht meiner und immer wieder spannend.