Hunderte enthauptete Schwangere

Wir suchen ein neues Bild für unsere Mama Meeting Home. Das derzeitige Bild war als Platzhalter gedacht und weilt nun schon zu lange an dieser exponierten Position. Doch ein gutes Mamabild zu finden ist sau schwer. Für jedes Vorurteil, das man zum Muttersein im Internet verbildlicht findet, fehlen fünf Schwangeren die Köpfe. What? Ja. Ich sag’s nochmal, in anderen Worten: Im Netz werden Schwangere reihenweise enthauptet. Die Täter: Der böse Bildausschnitt. Mögliche Mittäter: Photoshop und Co.

Mit Mama Meeting wollen wir starken, ambitionierten Frauen Möglichkeiten bieten an der Verwirklichung ihrer Träume zu arbeiten. Das kann der Einstieg in den Traumjob sein, die Gründung eines Unternehmens oder einfach eine entspannte Work-Life-Balance.

Je tiefer ich mich nun aber durch die Bilddatenbanken dieser digitalen Welt klicke, desto mehr schreien mir die Bildbotschaften zu: „Du bist kein Mensch mehr, sondern nur noch Bauch oder Baby!“ Ich sehe überall Bäuche und Arme, die Kinder halten, aber selten Köpfe. Vom Hals aufwärts sind die Damen auf den Bildern guillotiniert, wie das französische Adelshaus 1789. Dabei handelt es sich nicht um einen Klassenkampf. Bei den kostenlosen Datenbanken ist die Bandbreite der reinen Bäuche genauso beschämend, wie bei den teuersten für High Quality Werbebilder.

Das ist ziemlich scheiße. Nicht nur für meine Suche nach einem neuen Bild für unsere Homepage. Sondern auch gesamtsozial. Denn, wenn immer es nun um Schwangere oder Mütter im Netz geht, sieht man nur einen kleinen Teil von ihnen. Und den dann auch noch in überhöht ästhetisierter Darstellung als Superbabybauch.

Ein Lichtblick zum Schluss: Ich habe nun den Fehler gefunden. Er liegt natürlich bei mir. Ich habe einfach die falschen Suchbegriffe eingegeben. Denn Suche ich nach Vätern, finde ich ganz viele Köpfe, Gesichter, verschiedene Situationen: Freizeit, Arbeit, Urlaub, das Leben in all seinen Facetten.

7 Regeln für die Ansprache von Müttern

In meiner Facebook-Timeline taucht ein Hinweis zu einer Krabbelgruppe ab 3 Monate auf. Darunter ein Kommentar: „Welche Rabeneltern schieben ihr 3 Monate altes Baby ab?“ Wenn man das in dem Kurs wirklich könnte, wäre der Kurs vielleicht noch überbuchter als sowieso schon. Kurz darauf taucht in meinem Newsfeed ein Artikel auf, in dem ein Psychologe erklärt, Eltern würden ihre Kinder in Zeiten der Digitalisierung mehr verhätscheln als je zuvor. Denn um den Blick nicht zu lange vom Handydisplay abzuwenden, erhielten die Kleinen schon nach kurzem Quengeln was immer sie wollten. Ich hörte nun, dass es Eltern gibt, die überlegen, sich statt einem zweiten Kind lieber einen Secondscreen anzuschaffen.

Offensichtlich ist die Welt voll von Mütter und Väter, die als schwarze Vögel oder Helikopter über ihren Babys kreisen. Während ich mich also naiv darüber freue, dass mein Schatz täglich neues entdeckt (gestern waren es seine Zehen! Spektakulär!), muss ich zusehen, wie die Liste der Dinge, die ich falsch mache schneller wächst als mein Sohn.  

Das wäre noch okay, wenn es sich bei dieser Erfahrung um eine rein digitale handelte. Denn im Internet ist bekanntlich alles 100mal lauter als auf der Straße. Im Netz ist jeder Fehltritt gleich ein Verbrechen und eine Horde von pöbelnden Laienrichtern steht twentyfour-seven bereit, um eine öffentliche Exekution durchzuführen, gegen die die französische Revolution wie eine Bergische Kaffeetafel aussieht.

Das schöne war bisher: Schaut man doch auf vom Display, gucken alle anderen schnell peinlich berührt zu Boden. ABER NICHT, wenn man ein Baby dabeihat! Auf einmal starren mich Menschen länger an, als die in der Großstadt tolerierten 2 Sekunden oder sprechen mich sogar an!!! Diese sozialen Interaktionen wären vielleicht, ganz vielleicht ganz nett, wenn nicht immer irgendwelche Ratschläge nach den obligatorischen drei Fragen nach Geschlecht, Alter und Gewicht kämen. Scheinbar gibt es (noch) keine Small-Talk-Regeln für die Ansprache von Müttern. Dem kann ich gerne Abhilfe schaffen:

Regel Nr. 1 – Wenn du den Blick nicht von mir und meinem Baby lassen kannst, lächle wenigstens dabei. Vielleicht lächeln wir zurück und der Tag ist für uns alle ein bisschen sonniger geworden.

 

Regel Nr. 2 – Wenn du nicht anders kannst, als uns anzusprechen, sag etwas Nettes. Wir mögen Komplimente; beide.

 

Regel Nr. 3 – Wenn das Baby im Kinderwagen liegt, sag mir nicht, ich würde mein Kind vernachlässigen, weil es so weit von von meinem Körper weg ist.

 

Regel Nr. 4 – Wenn das Baby in der Trage sitzt, erzähl mir nicht, ich würde mein Baby verhätscheln und es wollte dann für IMMER auf den Arm, bis er 18 ist.

 

Regel Nr. 5 – Wenn du danach fragst, wie lange mein Baby schläft, mach dich darauf gefasst, auch über deine Schlafgewohnheiten ausgefragt zu werden? „Wie schläfst du denn so? Wie lange? In welcher Position? In was für einer Art Bett? Abgedunkelt oder bei Tageslicht? Mit was für einer Decke? Aha, aha, aha.“ Egal, was du antwortest, ich werde dann sagen: „Oh, das ist aber ganz, ganz schlecht! Ganz ungesund!“

 

Regel Nr. 6 – Fass das Baby nicht an. Es kann zwar noch nicht beißen, ich aber schon.

 

Regel Nr. 7 – Wenn mein Baby plötzlich in der Öffentlichkeit schreit, guck mich nicht so an, als läge es an mir. Viel wahrscheinlicher ist, dass es an dir liegt.

Schrei einmal für Ja und zweimal für Nein

Mein Baby ist da. Glücklicherweise schon seit vier Wochen. Ansonsten wäre ich doch sehr drüber gewesen und geplatzt. Und seit er da ist, gucke ich öfter auf’s Baby als auf’s Handy. Währenddessen schwanke ich zwischen „Du bist ja sooooo süß!“ und „Könntest du doch bitte schnell mal sprechen lernen!“ hin und her. Denn ganz ehrlich, menschlicher Nachwuchs ist toll, aber kommt mit SEHR eingeschränkten Features.

Wie Iphones kommen Babys beispielsweise alle mit dem gleichen Klingelton. Kaum erklingen diese „Geräusche“, schauen sich alle Mütter in der Nähe um und sind dann erleichtert, wenn sie merken, dass nicht das eigene Kind diesen Lärm produziert. „Diesmal muss ich nicht rangehen“, denkt man dann beruhigt. Das Iphone hat dem Baby allerdings die Lautstärke-Regelung voraus; und den Vibrationsalarm. Damit steht es 1:0 für Apple vs. Evolution. Aber der Akku vom Baby hält viel länger, selbst wenn es mehrere Stunden auf voller Lautstärke spielt. Damit steht es wieder 1:1.

In Führung bei diesem Vergleich geht das Baby dann schließlich, weil man sich die Suche nach Steckdosen zum Aufladen spart. Ja gut, man muss schon wissen, wo die mobilen Powerbanks für’s Kind bei der Mutter sind: In der Regel oberhalb des Bauchnabels. (In der Regel…nicht immer.) Aber dafür klappt’s ganz kabellos und überall.

Was die Stoßsicherheit angeht, gibt’s für beide keinen Punkt. Beide Geräte sollte man lieber nicht fallen lassen.

In Sachen Reinigungen ist das Baby pflegeintensiver. Dafür sind die Mitarbeiter beim Kinderarzt netter als die Hipster im Apple Store. Aber der größte Vorteil: Man braucht nicht jedes Jahr ein neues. Das Design wächst mit. Damit gewinnt das Baby schließlich und ich widme mich ihm nun gleich wieder. Es wacht nämlich gerade auf.

Geht’s los? Jetzt? … Jetzt? Jetzt aber, oder?

Wenn Nestlé bei dir nachhakt, ob das Baby denn nun endlich da sei, weißt du, dass du echt über deinen Termin bist. Dabei ist es erst eine Woche. Nach 40 Wochen Schwangerschaft, empfinde ich das gar nicht als sooooo lang. Und als jemand, der regelmäßig auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, ist mir auch eine gewisse Toleranz für Verspätung ansozialisiert.

Aber die Welt sorgt sich, ein bisschen um mich und ein bisschen um das Baby aber VOR ALLEM darum etwas zu verpassen, etwas nicht in der Sekunde, in der es passiert mitzubekommen. Egozentrisch wie ich bin, versuche ich mir dennoch weiter einzureden, es ginge nur um MICH, wenn wieder jemand eine Whatsapp mit „Naaa?“ schickt oder mir meine Schwiegermutter mir rät diesen ruhigen Tag noch zu genießen und dabei ganz beiläufig fragt, wie es mir denn so ginge. „Wie geht’s dir?“ ist aber eigentlich Code für „Geht’s schon los?“. Zu lange schwanger zu sein, ist offensichtlich nicht zeitgemäß.

Inzwischen habe ich meinen Whatsapp-Status in „Das Baby ist noch nicht da“ geändert. Das brachte kurz Ruhe. Dann kamen die Nachfragen, ob das denn noch aktuell sei. Besonders beliebt sind auch Prognosen. „Ich glaube heute kommt das Baby?“, wird zahlreich gewettet, aber immer OHNE einen Einsatz zu nennen. Die ersten Pakete Windeln wären ansonsten schon jetzt refinanziert. Oft sind die Nachfragen nett. Stressig wird es, wenn ich nicht mehr antworte und Hypothesen bei mir eingehen, ist sei doch jetzt sicher auf dem Weg ins Krankenhaus. Nein, bin ich nicht. Ich bin noch hier oder beim Sport oder schreibe oder blogge oder backe oder mache so dies und das, was ich eben so mache. Ich bin tatsächlich auch hochschwanger noch busy. Das geht auch nicht anders, das ist Teil meiner Persönlichkeit. Wenn ich aufhöre busy zu sein, wird es angebracht zu fragen, wie es mir geht.

Vielleicht wissen meine Freunde, Familie, Bekannte und die Newsletter-Verschicker bei Nestlé aber auch mehr als ich. Vielleicht hat irgendwo ein Orakel verkündet, dass dieses Baby der Messias ist, der die Lösung für Klimawandel, Krankheiten und den Umstand, dass gutes Essen zu viele Kalorien hat, mitbringt – und für alles andere, was noch so auf dem Weltrettungswunschzettel steht. Dann wäre die ganze Aufregung natürlich legitim. Und dann wäre ich schon jetzt die ignoranteste Mutter Deutschlands. Kein guter Start. Vielleicht will es deswegen nicht raus. Statt zu schreiben, zu backen oder Rückfragen dazu, ob das Baby denn nun da ist zu beantworten, trainiere ich mir also lieber mal schnell den „Mein Kind ist ein Wunderkind“-Habitus an. Hat hierfür jemand Tipps, Ideen oder Erfahrungswerte?

Die wahren Gründe, warum Babys bei der Geburt schreien – Geburtseinleitung mit Google

Der errechnete Entbindungstermin ist vorüber, aber das Baby hat keine Anstalten gemacht sich zu entbinden. Ist vielleicht auch ein bisschen viel verlangt von jemanden, an den die letzten 10 Monate lediglich die Forderung gestellt wurde, größer und dicker zu werden. Mit dem Tag an dem das Baby selbstverständlich nicht kam – weil Babys Zeiten und Kalender pupsegal sind, so wie ihnen alles, außer Brüsten, Brüllen und ihren eigenen Bedürfnissen pupsegal ist (niemand beansprucht das Konzept von pupsegal so für sich, wie Babys) – begann ich, neben den 28.945 Fragen, die man sonst so während einer Schwangerschaft googelt, nach dem Thema Einleitung zu suchen.

Dass mich ein guter Teil der Tipps, die ich fand, ins Krankenhaus bringt, davon bin ich überzeugt. Dass ich damit wirklich auf der Station für Geburtshilfe lande ist nicht ganz sicher.

Denn meinen Recherchen zu Folge ist die natürliche Geburtseinleitung ganz einfach: Ich muss nur Postkoital mit einem in Nelkenöl getränkten Tampon Treppensteigen, dabei extrem scharfes Essen mit Literweise Tee aus Zimt, Eisenkraut und Himbeerblättern runterspülen und meine Nippel reiben. Klingt machbar. Vielleicht sind die Dinge, die man sich so in die Vagina stecken soll aber auch der Grund, warum Babys bei der Geburt schreien.

Lockender klang da schon Folgendes: Die Geburt mit Kaffee anregen. Leider soll man das Aufputschmittel aber nicht trinken, sondern untenrum frei für gute 20 Minuten über aufgebrühtem Kaffee abhängen. Mir kommt dabei die Idee einer Geburt in einer mit Kaffee gefühlten Wanne. Muss es wohl schwarzer Kaffee sein oder sind Milch und Zucker erlaubt?

Doch besonders abartig fand ich folgenden Vorschlag: Fenster putzen. „Schatz, wenn du die Fenster putzt, dann kommt das Baby, du machst das also nicht für den Haushalt, sondern für dich“, höre ich Männer sagen, die dieses Gerücht ins Netz gesetzt haben. „Und wenn das nicht hilft, dann putz doch noch das Auto, mäh den Rasen und tapezier die Küche.“

Spätestens am Punkt mit dem Putzen, habe ich beschlossen, keinen der Tipps zu befolgen. Dann bleibt das Baby halt drin und rund auf dem Sofa. Liebe Krankenkasse: Der Mutterschutz geht noch eine Weile! Ihr könnt das Geld auch direkt in Schokolade schicken.

Die längste Schwangerschaft ever dauerte übrigens angeblich 13 Monate bzw. 53,3 Wochen. Kann das wirklich sein? Und wie sahen die Fenster dieser Dame aus?

Buchverlosung „SO SEIN WIE SIE“ – noch acht Tage

Der Countdown läuft! Nur noch acht Tage, dann ist es soweit! Und damit meine ich diesmal nicht die Geburt. Keine Ahnung, wann und ob dieses Baby beschließt, sich mal das Wetter hier draußen anzuschauen. Es geht um die Verlosung meines Romans „SO SEIN WIE SIE“.

Ich muss Platz schaffen für die Konsumwelt, die man sich mit einem Kind ins Haus holt. Darum habe meine Schränke ausgeräumt und verlose 20 Printexemplare von „SO SEIN WIE SIE“ auf lovelybooks. Wer eins davon abstauben möchte, kann sich bis zum 30. April an der Verlosung beteiligen. Hier der Link für alle, die mitmachen wollen:

http://www.lovelybooks.de/autor/Juliane-Ungaenz/SO-SEIN-WIE-SIE-1444163717-w/buchverlosung/1443190732/

 

Und hier der Klappentext zum Buch, für alle, die erstmal wissen wollen, welche Katze im Sack sie sich da schenken lassen:

Klara möchte mehr erleben. Mit Anfang dreißig hat sie das Gefühl, dass ihr Leben schon jetzt nur noch “Liebe, Hochzeit, Kinder, Ehe-Gatten-Splitting und Sparen für die Doppelgrabstätte” für sie bereithält. Eine Technologie, die es ihr ermöglicht in den Körper und damit das Leben einer anderen zu schlüpfen, kommt ihr da gerade recht. Bis zu 10 Stunden kann sie sich in eine alternative Realität einbuchen. Doch die Nutzung der Technologie kostet Geld und bald merkt Klara, dass sie entweder in ihr “altes” Leben zurück oder ein unmoralisches Angebot annehmen muss.

„SO SEIN WIE SIE“ ist eine unterhaltsame und spannende Utopie, die in der Jetzt-Zeit spielt und die Möglichkeiten der modernen Wissenschaft mit dem Wunsch verbindet in einen anderen Körper zu schlüpfen.

 

Wie man mit Wahlplakaten Geschichten erzählt… und Albträume bereitet

Wahlplakate sind reale Pop-Up-Werbung. Aus dem Nichts sind sie wieder einmal aufgetaucht. Sechs Wochen vor dem 14. Mai und damit pünktlich am ersten April (welch ironisches Spiel des Kalenders) wurden die Laternen in meinem Städtchen mit diesen bunten Bildern bestückt.

Mein Veedel ist aktuell ein echter Plakatdschungel. Alle paar Meter hängt so ein Pappding mit entsprechenden -nasen. Leider sind die meisten zwar bunt, aber gar nicht fröhlich karnevalesque, sondern erzählen düstere Visionen über die sonnige Welt, in der sie hängen.

FDP_Plakat_NRW2017_DigitaleSchuleGanz vorne beim Wahlkampfplakate-Trauerspiel ist die FDP. Da guckt z. B. Christian Lindner so desillusioniert und schockiert ins Leere, dass ihm sämtliche Farbe aus dem Motiv gerutscht ist und drunter steht: „Das Digitalste in der Schule dürfen nicht die Pausen sein.“ Bisher hörte ich immer, in Schulen gäbe es gar keine Digitalisierung. Nun las ich, während mich Christian Lindner mit seiner Depression anzustecken drohte, dass es nicht nur Digitales, sondern sogar das Digitalste in Schulen gibt. Mega! ‚Ja, dann macht doch mehr von diesen digitalsten Pausen’, dachte ich also! Die Balance zwischen Pause und Lehrstunde fand ich schon als Kind immer völlig verschoben.

 

FDP_Plakat_NRW2017_PendlerNoch trauriger war der arme Christian ein paar Meter weiter: Unterwegs im Auto, immer noch in Schwarz-Weiß und immer noch ziemlich depri. Eine Szene aus einem Hitchcock-Film. Aber statt seinem sicheren Tod entgegen, fährt der ärmste zur Arbeit. Das ist bitter. Arbeit darf ja keinen Spaß machen und auf dem Weg dahin regnet es IMMER, wie das Bild zeigt. Das ist traurig. Noch trauriger ist aber, was helfen soll: Frühaufstehen! Aus eigener Erfahrung als Frühaufsteh-Gegnerin weiß ich, dass Frühaufstehen zu mehr Konflikten als Lösungen führt. Und an solchen düsteren Tagen, wie auf dem FDP-Wahlplakat sollte man am besten ganz im Bett bleiben!

 

Gründen_Plakat_NRW2017_FreiheitGrünen_Plakat_NRW2017_Umwelt

Eine Straße weiter versuchen mich die Grünen mit fröhlich strahlenden Motiven aus dem Film Noir zu reißen, der sich in meinem Kopf abspielt. Die Aufheiterung ist nötig. Aber statt Fröhlichkeit geht mir nur durch den Kopf: Hääähh? Erstens, Zweitens… und dann? Soll das eine Kausalkette sein? Passte kein dritter Aufzählungspunkt mehr auf die Fläche? Umwelt, Freiheit, ja, … hmmm. Aha. Ja, versteh ich nicht. Aber die Farben mag ich. Ich geh dann aber mal weiter.

 

SPD_Plakat_NRW2017_HanneloreKraftSPD_Plakat_NRW2017Und da hing dann Hannelore Kraft, die sich auch nicht sicher schien, ob sie lächeln sollte oder nicht, womöglich ebenfalls von den Lindnerschen 50-Shades-of-Grey traumatisiert. Ein bisschen weiter zeigte mir die SPD dann noch einen Opa im 80er-Jahre-Jogging-Kombi und drei süße Kinder. Na immerhin! Süße Kinder und süße Tiere gehen schließlich immer und trösten meine Seele.

Diese Frühlingsgefühle zerstört leider die Linke nur wenigen Meter weiter und zwingt mich zum rotsehen.  Denn da ist nun die Rede von Kindern, die Hannelore vergessen habe. Dramatisch! Unfassbar! Wo vergessen? Wie vergessen? ‚Aber der nette, schlecht gekleidete Opi ist doch bei den Kindern’, denke ich mir und schaue nochmal zurück zum SPD-Bild. Oder ist das gar kein „lieber“ Opi, sondern schon wieder so ein Brutalo-Rentner, der die Kids womöglich an den Arsch der Welt verschleppt? Denn der wird mir von der Linken einige Meter weiter angedroht. Der Arsch der Welt ist der letzte Ort an den Menschen, die in so einem netten, angesagten Viertel wohnen, erinnert werden möchte. Irgendwo da draußen gibt es diesen Arsch und immer mal wieder hört man von Menschen die dahinziehen und dann hört man nie wieder etwas von ihnen. Der Gedanke an ein Leben am Arsch der Welt ist die städtische Wählerschaft 100mal brutaler als Kriegsbilder aus Syrien und bringt ordentlich Gewitter in mein Wohlstands-Wölkchen. Damit ist es zu viel für mich.

 

Bevor ich mich noch an den Arsch der Welt verlaufe, flüchte ich darum lieber aus dem Plakatwald, zurück ins Internet, wo mich mein Werbeblocker vor derartigen Trauer- und Horrorgeschichten beschützt und es zu Haufe süße Kinder und Tiere gibt!

„Jede zweite Schwangere platzt…“

„… das wird nur vertuscht.“ Mit dieser aufbauenden, postfaktischen Berichterstattung ermunterte mich eine meiner liebsten Freundinnen heute. Ich glaube ihr. Man bekommt nur nichts mit von den platzenden Schwangeren mit, weil es zu Hause passiert. Denn spätestens ab der 37. Woche befindet man sich in Umständen, die auch Umstandsmode zu eng lassen werden. Das erlebe ich gerade am eigenen Bauch. Der wächst gefühlt stündlich. Derweil hadere ich, ob ich ein Baby bekomme oder eine von denen sein werde, die platzt. Beides klingt nach einer ziemlichen Sauerei. Drückt mir bitte trotzdem die Daumen, dass es Option A wird.

Auch wenn Option B stressfreier sein könnte. Denn während der letzten neun Monate habe ich Dinge gelernt, die sich wohl nie wieder aus meinem Kopf löschen lassen. So sprechen und denken Schwangere in Wochen, aber nicht in KWs, wie im Bürosprech üblich, sondern in Schwangerschaftswochen. Das seltsame daran ist, dass die 27. Woche ist eigentlich Woche 26 plus irgendwas ist. Noch verwirrender: Eine Schwangerschaft dauert 41 Wochen, was nach meiner Erinnerung an den Matheunterricht in der Schule nicht gleich neun Monate ergibt.

Aber die Regeln der Mathematik sind nicht das einzige, dass in dieser Parallelwelt anders ist. Während man Müttern vorwirft sich primär in Babysprache zu artikulieren, nutzen Schwangere eine Art Steno-Code, um zu kommunizieren; zumindest im Internet. Anfangs scrollte ich mich noch durch Foren und wunderte mich, was ein Anruf bei bei der englischen Football Association bei Schwangerschaftsübelkeit helfen sollte. Aber dann lernte ich: FA ist in diesem Universum die Abkürzung für Frauenarzt bzw. Frauenärztin.

IMG_3927Der (und nicht die Mumu) ist kein Kosename für das weibliche Geschlecht, sondern der Muttermund. (Ja, wir Frauen haben nicht nur einen Mund sondern zwei. Den „unteren“ nutzen wir zu geheimen Absprache von Maßnahmen zur Übernahme der Weltherrschaft. Und um Babys auszuspucken.) Und ET hat nichts mit telefonsüchtigen Außerirdischen zu tun, sondern meint den Entbindungstermin. Da der nun immer näher rückt, dachte ich, ich nehme euch, liebe Blogleserlein, endlich mal mit in diese seltsame Schwangeren- und Babywelt. Und sollte ich wieder weniger zum Bloggen kommen, dann wisst ihr, dass ich doch geplatzt bin.

„JägerInnen des vierlagigen Klopapiers“ – Einen weiteren Einkauf unverletzt überlebt, puuhh

Eigentlich wollte in die Headline schreiben „unbeschadet überstanden“, aber einen Schaden habe ich vom gleich beschriebenen Phänomen doch erlitten. So ehrlich muss ich mit mir selbst sein.

 

Seit ich Netflix durchgespielt habe, führt mich mein Prokrastinationsverhalten auf Youtube. Dort schaue ich mir dann nochmal Ausschnitte der Serien an, die ich zuvor visuell inhaliert habe und lasse mir erklären, welcher Dekoartikel im Hintergrund der Szene der Schlüssel zur Handlung war.

Zunehmend amüsieren mich aber auch die WIRKLICH obskuren Dinge, die mir das Portal vorschlägt. ‚Das Internet kennt mich schließlich besser als meine Familie oder meine Freunde, das wird schon wissen, was ich mag’, denke ich erwartungsvoll… und werde enttäuscht. Manchmal glaube ich, dass Internet bemüht sich nicht wirklich um mich. Das muss es aber natürlich auch nicht, weil ich, egal wie mies es drauf ist, doch immer wieder zu ihm zurückkomme. Denn das tue ich reiz- und neuigkeitssüchtiger Junkie, sogar nachdem ich HAUL-Videos kennengelernt habe.

Vor diesen sitze ich bis zu 15 Minuten und verfolge, wie eine Frau ihre Aldi- oder DM-Einkäufe in die Kamera hält. Die Sachen hat sie nicht geschenkt bekommen, sondern einfach gekauft oder wie sie glaubt, und der Terminus HAUL signalisieren soll, „erbeutete“. Wären zwischen der Wohnung der Vloggerin und dem nächsten Drogeriemarkt eine Kriegszone, ein Dschungel oder zumindest ein unüberquerbares Gewässer, könnte ich dem Begriff zustimmen. Vielleicht auch, wenn die Güter, die im Laden angeboten würden, so rar wären, dass man mit anderen EinkäuferInnen erst darum ringen müsste. In der DDR würde ich das HAULen vielleicht auch noch anerkennen, aber heute und hier? Aber wer weiß, vielleicht geht die Youtuberin auch in Kampfmontur aus dem Haus und reitet auf ihrem Streitross zum Markt. Vielleicht sind die Blasen an ihren Füßen gar nicht von ihren Pumps, sondern in Wirklichkeit Kriegsverletzungen! Dazu gibt’s leider keine Videos. Darum kann ich nur Vermutung anstellen.

 

Groteskerweise sind die HAUL-Videos so im Überfluss auf Youtube zu finden, wie der Drogeriemarkt Duftkerzen für seine Kunden bereithält.

Fröhlich erzählt die Videoprotagonistin: „Ich hab mich diesmal wieder für das vierlagige Toilettenpapier entschieden, das fand mein Mann letztes Mal so toll. Und dann habe ich noch was gegen Fußpilz geholt. Guckt mal, das hier. Das ist von Marke XY. Die Schwimmbadsaison fängt ja bald wieder an. Und am Nieren-Blasen-Tee konnte ich auch nicht einfach vorübergehen. Die Verpackung ist so hübsch! Schaut mal!“ Ich übertreibe nicht… Wer mir nicht glaubt, möge sich selbst ein solches HAUL-Video bei Youtube ansehen. Dann steht ihr nur leider vor dem selben Dilemma wie ich.

Denn noch mehr, als die Tatsache, dass sich diesen Unsinn schon eine halbe Million Menschen vor mir angesehen haben, irritiert mich, dass ICH mir das ansehe, nüchtern. Betrunken oder auf halluzinogenen Substanzen ist das ja vielleicht reizvoll. Da ich noch für eine Weile nichts dergleichen zu mir nehme, kann ich das leider nicht testen. Ich freue mich aber, sollte es eine oder einer von euch probieren. Schickt mir dann bitte den Link zu eurem HAUL-Videos-auf-Droge-gucken Beitrag.

Das Allerseltsamste an diesen HAUL-Videos sind aber nicht die Videos selbst, sondern die Langzeitfolgen und die Übertragung in die offline Realität. Da stehe ich dann nämlich selbst im DM, während mir durch den Kopf schießt: „HAULE ich gerade? Müsste ich jetzt ein Video dazu drehen? Oh, die Verpackung des Blasen-Nieren-Tees sieht wirklich ganz schick aus.“ Selbst wenn ich mein Device abgeschaltet habe, kriege ich das Internet nicht mehr aus meinem Kopf raus.

Würde für dieses Problem ein Mittel im Drogeriemarkt neben dem Fußpilzgel stehen, hätte ich auch mal etwas worüber sich das Vloggen lohnt. Bis dahin rechne ich nun bei jedem Einkauf damit, dass Horden von Youtuberinnen in Tarnkleidung und bis an die Zähne bewaffnet in den Markt einfallen, um mir die Abschminktücher aus den Fingern zu reißen. Ich bin heilfroh, dass ich es heute unverletzt da raus geschafft habe.

Baking for Attention – ein Hilferuf

Es ist ein Fluch, der mich jedes Jahr wieder einholt, ungefähr um diese Jahreszeit. Wenn es kalt und dunkel draußen ist, drehe ich den Ofen auf und kurz darauf bin ich in der Küche gefangen. Ich leide unter einer Krankheit, die ich selbst BFA-Syndrom nenne: Baking for Attention. Meist beginnt es schleichend, am ersten oder zweiten Adventswochenende, mit ein paar Keksen. „Das macht ja jeder, das ist ja ganz normal“, rede ich mir dann selbst noch zu.

Dann kommen die Festtage, an denen Cupcakes und Kuchen gern gegessene Nachspeisen sind. „Solange keiner was merkt, gibt es auch keinen Grund zur Unruhe“, beschwichtigt das Teigknetende Ego mein Über-Ich. Das packt schon mal den Koffer guter Hoffnungen für den Weg nach unten.

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Es folgen Geburtstage von FreundInnen und spätestens hier spüre ich, wie die quickenden „Oh, wie süß! Oh, wie lecker!“-Rufe mein nach Aufmerksamkeit und Komplimenten lechzendes Ego aufgehen lassen, wie einen Hefeteig. Das wäre nicht weiter problematisch, könnte ich denn einfach aufhören. Aber eben das kann ich nicht. Tatsächlich kann ich andere Dinge ganz besonders gut, besser und schneller als andere, weil ich das eine eben nicht kann: aufhören.

Das war nicht immer so. Früher habe ich nicht gebacken. Ich glaube ich fand backen sogar doof. Als ich mit Anfang zwanzig kein Getreide mehr verdauen konnte, versuchte ich die Herstellung glutenfreien Gebäcks und scheiterte furchtbar. Aber beim ersten Zug an der Kippe, schmeckt es ja auch nicht und der erste Schluck Alkohol ist immer bitter.

Dann hatte ich es plötzlich raus. Ich erinnere mich noch an meinen ersten gelungen fluffigen Cupcake. Und was passierte dann? Ich backte weiter und weiter und weiter. Zwei Monate später hatte ich meinen Freundeskreis über Wochen mit bunten Küchlein in allen Geschmacksrichtungen versorgt und genug Rezepte für ein glutenfreies Cupcake-Backbuch zusammen.

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Dieses Jahr fühlt es sich noch schlimmer an, als je zuvor und schuld ist Instagram. Die Likes für meine Backbilder sind direkt mit dem Belohnungszentrum in meinem Gehirn gekoppelt. Das verstärkt das BFA enorm. Außerdem hatte ich mich bisher immer an die lockeren, gesellschaftsfähigen Stoffe gehalten: Cupcakes, Kuchen, Kekse. Doch gestern kam dann das krasse Zeug aus meinem Ofen: Zitronen-Baiser-Tartelette. Heute backte ich schon glutenfreien Hefeteig. Ich hege die begründete Befürchtung, dass es nur ein ganz kleiner Schritt zu Soufflé oder gar Croquembouche ist.

Das muss aufhören. Aber ich weiß noch nicht wie. Mein innerer Therapeut argumentiert, ich solle mir einen Ersatz für das Backen suchen, vielleicht MDMA oder Heroin. Aber vermutlich lande ich auch dann wieder in der Küche, weil es für glutenfreies Ecstasy auf Instagram bestimmt noch mehr Likes gibt. Ich brauche ein besseres Rezept für meinen Entzug, aber weder Chefkoch noch Pinterest sind was das angeht besonders inspirierend. Was mach ich nur? Kennt jemand von euch, lieben Leserinnen und Lesern, eine geheime Zutat, die mir helfen könnte? Ich hätte gerade glutenfreie Mohnschnecken im Tausch anzubieten.

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Hiergeblieben statt weggerannt

Ich habe geheiratet. Vermutlich kann man das gar nicht so sagen, weil eine Hochzeit ja immer ein wir impliziert. Aber ich bin die, die jetzt einen neuen Namen hat und all ihre Dokumente ändern lassen muss. Damit fühlt sich die Ehe erst einmal an, wie die Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm. Und so wie ich in den letzten Monaten digital untergetaucht bin, wäre mir das sogar ein bisschen recht gewesen.

 

2016 habe ich kaum gebloggt. Das lag zum einen daran, dass Dinge passiert sind, die ich verdrängen wollte und über die ich darum hier nicht schrieb. Solange es nicht im Internet steht, ist es schließlich nicht wahr, oder? So sagt man doch.

 

Zum anderen haben sich Persönchen unter meine Blogleserschaft geschlichen, mit denen ich weder hier noch anderswo kommunizieren will. Es ist der Typ Mensch, der einem früher mal mit Gehhilfe und grauem Haar an der Ampel begegnet ist und das Leben mit Hinweisen wie „Der Rock ist aber viel zu kurz, junge Dame,“ bereicherte. Darauf wollte ich dann antworten: „Ja, in ihrem Alter würde ich sowas auch nicht mehr tragen!“ Aber dann bekämen die Herrschaften womöglich einen Herzinfarkt und ich müsste Gutmensch, die ich bin, warten bis der Krankenwagen eintrifft. Ich vermied die unerwünschte Gesellschaft lieber durch flottes Weiterlaufen.

 

Und ganz ähnlich habe ich in den letzten Monaten darüber nachgedacht auch hier weiterzuwandern, zu einem neuen Blog, mit einem neuen Namen, in ein virtuelles Zeugenschutzprogramm. Aber jetzt merke ich, wie fast unmöglich es schon ist, allein eine neue Gmail-Adresse ohne die Verwendung von mindestens 5 Sonderzeichen einzurichten. Darum bleibt immerabgelenkt mein Zuhause, meine Röcke kurz und meine Blogposts manchmal zu lang. Aber einen Rat habe ich für die unlieben LeserInnen: Wenn euch nicht gefällt, was ihr hier lest oder in meinen Büchern steht, dann lauft doch weiter. Ist egal, ob die Ampel noch rot ist.“

 

Pokémon Go Go Go! Dass ich nochmal einen Ballsport gut finde, damit hat wirklich niemand rechnen können

Es ist doch genauso, wie mit dem Wein. Verkatert verkünde ich: „Jetzt trinke ich mal nix für eine Weile.“ Und wenig später ist die Weile abgelaufen und das nix nur noch ein laues „nicht so viel“. Mit dem Weintrinken klappt das sogar ganz gut zurzeit. Denn Trunkenheit stört meine Konzentration und die brauche ich ganz dringend, um Pokémons hinterher zu rennen. Jajajajajajaja, letzten schrieb und schrie ich noch: Ich will keine neuen Apps und dann naja, … ach, ich hab es doch oben erklärt. Wer nun nichts dazu hören möchte, kann sich gerne wieder den realen, gekühlt und gekelterten Dingen zuwenden. Ich jage Monstern und irgendwie auch meiner Kindheit und der besseren Zeit, die mir damit versprochen wird, hinterher.

Denn Nintendo gehört zu den Erinnerungen an mein frühes ich. Ich mochte meinen Gameboy lieber als die Jungs in meiner Stufe und wollte so gerne wie Super Mario sein, der einfach über alles Schlechte in der Welt hinweghüpft. Zelda lies mich ganz in den winzigen grün-schwarzen Bildschirm abtauchen. Doch kaum waren die ersten Flegmons und Pummeluffs gefangen, entwuchs ich dem Spielalter und verlief mich zwischen Partys und Bars.

Das kann ich jetzt multitaskend mit dem Pokémonspielen verbinden ! Nun muss ich, wenn ich wartend vor dem Restaurant stehe, nicht verlegen auf mein Display schauen, sondern kann mich mit meinen allseits präsenten quasi-unsichtbaren Freunden vergnügen. Ein bisschen eigenartig ist das schon, Dinge zu sehen, die andere nicht sehen.  Zugegeben, für einen pseudo-halluzinogen Trip ist das Einfangen von kleinen Monstern dann auch doch eher lahm.

Doch ich mag die Sprache, die mit Pokémon Go in meinen Alltag einzieht. „Sorry, ich musste gerade noch ein Ei auszubrüten“, entschuldigt sich die zu spät kommende Freundin, als sei sie ein Huhn, aber nicht irgendeins, sondern ein pflichtbewusstes. Twitterer Herr B. aka @legereaude fasste laut Twitterperlen (das echte Zitat, finde ich auf seinen Seiten leider nicht mehr) den Zeitgeist so zusammen:

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Ein bisschen recht hat er ja. Auf einmal will keiner mehr einfach rumsitzen und sich angesichts des Weltschmerzes betrinken. Das finde ich persönlich sehr schade. Stattdessen brechen wir auf zu stundenlangen, kilometerweiten Expeditionen, um Wesen zu jagen, die es gar nicht gibt. Wir tun so als wären die Monster, von denen uns unsere Eltern sagten, die seien bestimmt und ganz sicher nicht unter unseren Betten, nun doch real und wir freuen uns auch noch darüber. Vielleicht stolpern wir bei der Jagd ja irgendwann auch noch über die echten Monster, die unsere echte Welt gerade heimsuchen. Es wär ganz wunderbar, wenn man z.B. ein Trumpi dann auch einfach in einen weiß-roten Ball sperren könnte.

Mund voll und Speicher frei

Manchmal wünsche ich mir die Handys der 90er zurück. Nicht diese kleinen Klappdinger der 00er Jahre, sondern richtige Telefonhörer von Waschmaschinenherstellern wie Bosch und Siemens. Handys, deren Mainfeature die Antenne war, die man oben herauszieht und bei denen die Ohrmuscheln noch am Ohr und das Mikro noch am Mund anlagen. Diese Dinger, die in Deutschland Handy hießen und sonst nirgendwo.

Dieser Wunsch lässt, wie die meisten meiner Wünsche, außer Acht, dass ich gar nicht mehr in der Lage wäre so etwas zu bedienen. Fast täglich scheitere ich beim Umstellen von Ipad auf Kindle an der Nicht-Touch-Bedienung von letzterem. Denn mein Kindle ist noch Generation A und inzwischen so verschrobelt, verbeult und zerkratzt, wie es sich für alte Bücher gehört. Damit wird dann auch das neuste eBook wieder antik und darauf bin ich nicht nur ein bisschen stolz.

Das neue alte Handy dürfte also schon zum antouchen sein, nix wiegen und hübsch aussehen. Aber darüber hinaus, will ich einfach keine Apps mehr. Es reicht. Ich bin zu alt für diesen Scheiß und ich komme nicht mehr mit. Kaum hatte ich endlich Instagram, war Snapchat viel angesagter und nun soll Musical.ly total hipp sein, auch wenn hipp sein längst weder cool noch angesagt ist. Alles Dienste, mit denen man sich inhaltslose Inhalte schicken kann, schöne Bilder, schöne Videos und schöne Töne von und für schöne Körper, schöne Katzen und schöne Stimmen. Die ganze Welt verkommt zum Showbiz! Und ich kann gar nicht so viel kotzen, wie ich liken soll.

Und noch schlimmer ist der Zwang zur aktiven Partizipation. Mit Mühe habe ich ein paar Fotos auf Instagram abgelegt, wie Sperrmüll auf dem Gehweg. Ich brauch das nicht mehr, aber vielleicht findet ja jemand anderes etwas Schönes oder Verwertbares dazwischen. Doch schon bei Snapchat entfährt meiner Kehle bei jedem Öffnen nur ein Warnlaut, ein Quieken, weil ich auf dem Display erscheine, sobald ich die App nur öffne. Wie es Menschen schaffen attraktiv im Internet auszusehen ist mir noch immer ein Rätsel, bei dessen Lösung auch keine Schmink- Videos helfen. Und jetzt schicken sich digitale Freunde eigene Musikvideos zu. Wie alles auf dem Smartphone ist das lustig, für drei Minuten.

Das nächste Smartphone, das ich mir anschaffen werde, wird darum eines aus Schokolade sein. Das ist doch endlich mal ein echter Mehrwert. Apps mit denen ich mit niemand anderem kommunizieren muss, ein Handy mit dem ich nichts empfangen oder verschicken kann. Ein Handy, das nicht mal zum Telefonieren geht, weil ganz ehrlich, das macht doch heute auch keiner mehr. Gramm und Kalorien waren immer schon die härtere Währung, im Vergleich zu luftigen Likes und Herzchen. Und mit vollem Mund kann er auch keiner schief ins Handy singen.

 

Liebster, ach nö

Holy Shit, es ist schon wieder passiert. Dann und wann lande ich auf Listen. Es sind leider nie die der Nobelpreise oder Oscars. Zu meiner großen Überraschung aber auch keine Todeslisten. Mein eigenes Verhalten selbstreflektiv betrachtend, würde letzteres bei mir weniger Erstaunen hervorrufen als die Ankündigung, man wolle mir einen Preis überreichen.

Wie in ziemlich allem in meinem Leben, von Hüfthosen bis zu Trendfrisuren, sehe ich auch im Konzept des „Awards“ nur eine weitere Form der Demütigung. Das gilt insbesondere für Blogger-Awards und die Aufrufe dazu. Nun merkte ich, dass ich für einen „Liebster-Award“ nominiert wurde. Mit diesem Schicksal bin ich nicht allein. Einer der anderen Auserwählten schreibt „Das ist wie ein Kettenbrief. Nur in gut.“ Du irrst! Der Kettenbrief steht ganz klar auf der dunklen Seite! Es gibt keine guten Kettenbriefe, wie es keine guten veganen Speisen und keinen guten Donald Trump gibt!

Weiterhin steht Terence Horn mit mir auf dieser Liste, die vielleicht doch eigentlich für die Hände der Mafia statt für’s Internet bestimmt war. Er schweigt sich aus über die Nominierung. Egoistische Tunnelblick-Attitüden sind mir immer sympathisch. Wären wir nicht beide zu antisozial dafür, wäre es sicher nett sich mit ihm über die Welt als Ganzes und im Detail auszukotzen.

Während ich merke, dass ich auch gegen die übrigen „Nominees“ blass aussehe, stelle ich fest, dass ich sowieso disqualifiziert bin. Halleluja! Gottseidank! Als Regel für die Nominierung gilt, dass nur Blogger mit weniger als 300 Followern teilnehmen dürfen. Ach, wie schade. Ups. Naja, ich winke dann weiter aus der Ferne. Und danke Euch lieben Leserinnen und Lesern, die ich mich davor bewahrt habt, mich einem Akt der zügellosen Selbstoffenbarung hinzugeben, um einen Button zu gewinnen, der optisch nicht zu meinem Blogdesign passt! 😉

 

Grippe, Erkältung oder Anzeichen von Aussterben?

Wenn man alle Motivationszitate der digitalen Welt zu ihrer Essenz runterkocht, kommt man auf den kleinsten gemeinsamen Nenner: „Wer atmet ist ein Held“. An diesem zugegeben äußerst niedrigen Maßstab gemessen, bin leider im Moment alles andere als heldinnenhaft. Denn ich habe die gefühlt schlimmste Grippe seit dem Sieg der westlichen Welt über die Tuberkulose. Das ist selbstverständlich völlig übertrieben, aber wenn man Google fragt, worauf furchtbare Müdigkeit, Fieber, Kopfschmerzen, Husten und verschlossene Atemwege hinweisen könnten, zieht die Suchmaschine schleimige, grüne Informationsklümpchen durch sein eigenes Nadelöhr und hustet der Suchenden Ergebnisse auf die Brust, die Waldsterben und Klimawandel wie einen Pups erscheinen lassen.

Und da ist das Problem mit dem Internet. Es ist alles immer gleich ganz furchtbar. Das Internet möchte immer beweisen, dass es eine noch viel überraschendere, spannendere und erstaunlichere Möglichkeit gibt, einen Sachverhalt zu betrachten. Von Heile Welt auf What the Fuck schießt mich das Netz in weniger als 3 Sekunden. Doch wie in Star Wars, gibt es nicht nur eine dunkle Seite, sondern Gott sei Dank auch Dinosaurier im Internet! Das ist gut. Denn das ist meine Medizin. Schon als Kind habe ich mir krank zu Hause liegend, immer wieder Jurassic Park reingezogen und mir von meinen Eltern Dino-Figuren schenken lassen. Im Nachhinein finde ich es etwas paradox, sich während man krank ist mit einer Art zu befassen, die gänzlich ausgestorben ist. Vielleicht war das aber auch gerade mein Trost.

 

Und so bin ich begeistert und würde laut lachen, wenn ich dafür genug Luft, durch meine entzündeten Stimmbänder pressen könnte. Denn das Internet schenkt mir meine Medizin: „TrexTuesday“! Ein paar Jungs in T-Rex-Kostümen filmen sich jeden Dienstag bei Dingen, die Menschen so tun; nicht Menschen wie ich, denn ich kann kein Parcour und bin viel zu erkältet um Eislaufen zu gehen oder durch die Welt zu rennen…

Gute Besserung liebe Dinos, vielleicht klappt das mit der Evolution ja doch nochmal.

Feuer legen, während ich vor verschlossenen Türen warte

Advent, Advent…endlich ist es wieder Zeit Schokoladenmännern die Köpfe abzubeißen! Und eine Kerze anzuzünden. Aber Raum und Zeit sind durcheinandergekommen, mal wieder… seit einer Weile vermute ich, dass das Universum in Altersteilzeit ist und die Hälfte seiner Aufgaben Alzheimerbedingt vergisst oder aufschiebt. Nach 14 Mrd. Jahren kann es schon mal passieren, dass so ein Fehler unterläuft, wie der heutige: Es ist der erste Advent, aber noch nicht der erste Dezember und darum darf ich kein Türchen an meinem Adventskalender öffnen. Das fühlt sich nicht richtig an!

Die Herde von Newslettern, die ich abonnierte habe, um 5 Euro Gutscheincodes zu bekommen, die ich dann doch nie einlöste, versucht die letzten zwei Novembertage zu nutzen, um mir noch einen Adventskalender aufzuschwatzen; in digitaler Form oder zum Bestellen und zu Hause Rumstehen haben. Der Adventskalender hat das Regal „Süßes und Schokolade“ im globalen Kaufhaus lange hinter sich gelassen und ist in sämtliche weitere Konsumwelten und –gruppen gewuchert. Das Füllhorn von Adventskalenderoptionen kommt mit mehr Fragen als Türchen. Was mich bei einem sexy Adventskalender eher abturnen wird, kann ich mir noch zusammenphantasieren. Aber sitzt hinter jeder Tür des „Rentner-Adventskalenders“ eine alte Frau oder ein alter Mann, der mich anpöbelt, ich solle runter vom Rasen und einen Fahrradhelm aufsetzen? Und der DDR-Adventskalender spielt eindeutig mit meinem Vertrauen. Ich erwarte maximal nur hinter jedem vierten Türchen eine Überraschung…. und die soll ich dann vermutlich noch mit meinen GenossInnen teilen. Da würde ich dann doch den Kalender mit der süßen Katze vorziehen, wäre da nicht Katzenfutter drin. Liebe Katzenfutter-Adventskalender Hersteller, ihr seid TEUFEL! Einem Lebewesen ohne Daumen einen Adventskalender vor die Nase zu stellen ist in etwas so, wie den ersten Advent vor dem ersten Dezember stattfinden zu lassen!

Während ich nun also den halben Sonntagmorgen damit verbracht habe zum Adventskalender zu pilgern, um dann doch kein Türchen zu öffnen und die andere Hälfte des Morgens zum Kühlschrank, um das Türchen zu öffnen und zu merken, dass nichts dahinter auf mich wartet (ich glaube mein Kühlschrank ist der DDR-Adventskalender) interessiert Ihr Euch, liebe Leserinnen und Leser, nur für die Fortschritte meines angekündigten Hamsterimperiums. Und darum mache ich einen Hamster-Adventskalender und verbinde damit alles Gute der Welt mit dem offensichtlich puren Bösen. Vielleicht bringt das das Universum wieder ins Equilibrium. Dienstag geht’s los!

Die Katzenbild-Kuratorin präsentiert: Katzen beim Kaffeetrinken

Vergesst das Schreiben und das Marketingen, ich werde Katzenbild-Kuratorin! Angeregt durch einen regen Austausch mit meiner Kollegin und einen wissenschaftlichen Artikel, wonach der Katzenbildkonsum demnächst wohl per Rezept ärztlich vorordnet werden könnte, stellte ich fest, dass die Welt der Katzenbilder bisher kaum sortiert und kategorisiert ist. Katzenbilder werden bisher viel zu häufig konsumiert und zu selten reflektiert! Ich möchte dieses Defizit angehen und darum startet ab sofort auf immerabgelenkt.de die „Ausstellungsreihe Katzenbild“, kurz AKB.

Ich  habe mir erlaubt den Kunstwerken angemessene Titel zu geben. Den Auftakt macht ein Einblick in intime Nachmittagsszenen. Ich präsentiere:  „AKB: Katzen beim Sonntagskaffee“  und gebe alle Aufmerksamkeit nun an die Exponate weiter:

Titel: „Tea Time is me(auuu)-time“ Künstler/Quelle: http://images5.alphacoders.com

Titel: „Tea Time is me(auuu)-time“
Künstler/Quelle: http://images5.alphacoders.com

Titel: “Two Cats, Two Cups” Künstler/Quelle: http://www.copycatfilms.com/

Titel: “Two Cats, Two Cups”
Künstler/Quelle: http://www.copycatfilms.com/

Titel: “Graues Gift“ Künstler/Quelle: http://now-here-this.timeout.com

Titel: “Graues Gift“
Künstler/Quelle: http://now-here-this.timeout.com

Titel: „Alleintrinkerin!“ Künstler/Quelle:  http://www.laureden.com/

Titel: „Alleintrinkerin!“
Künstler/Quelle:  http://www.laureden.com/

Titel: „Kapitalistischer Kalorienbombenkomet mit Karamellgeschmack“ Künstler/Quelle: http://www.funnycutepics.com/

Titel: „Kapitalistischer Kalorienbombenkomet mit Karamellgeschmack“
Künstler/Quelle: http://www.funnycutepics.com/

Ich danke für die Leihgaben. Weitere Ausstellungen folgen. Anregungen sind willkommen, Kaffee auch. Künstler_innen können mir gerne ihre Katzenbilder als Leihgabe schicken. Bitte schicken Sie keine ganzen Katzen.

I need an Army! Oder doch Drachen? Oder einfach nur ein paar Gratisbücher?

Die letzte Folge der fünften Staffel von Game of Thrones ist ausgestrahlt, doch das Rad dreht sich endlos weiter, auch wenn ich mich anderen Hobbies widme. So überlege ich für SO SEIN WIE SIE eine Leserunde bei lovelybooks.de einberufen. Ein Rat bestehend aus Rezensenten, die für ein paar Freiexemplar meines Romans, ihre wertvolle Zeit und Energie widmen, klingt ganz großartig.

Doch zuerst machte ich mich schlau. Wie funktioniert lovelybooks? Sehr einfach: Einloggen, Leserunde-Button-Klicken, Freiexemplare verschicken und auf Rezensionen aka Aufmerksamkeit warten. Aufmerksamkeit ist die Münze unserer Zeit. Je mehr Leute über SO SEIN WIE SIE sprechen, desto mehr hören davon, desto mehr könnten es kaufen. Dafür müssen auch gar nicht alle Meinungen zum Buch positiv sein. Denn für alles, was irgendjemand scheiße findet, findet sich jemand, der es gut findet, nur weil es jemand anderes scheiße findet.

Das Internet lobt die Lovelybooks Leserunden. 165.000 Mitglieder ständen dort als mutige Söldner bereit, um das Thronrecht des meistbietenden zu erkämpfen. Und da liegt das Problem. Denn das Gesetz der lovelybooks-Thronspiele lautet: Von viel kommt viel. Das machte mir der Klick auf die Seite angebotener Leserundenexemplare deutlich. Während andere Autor_innen und Verlage normalerweise zwischen 10 und 30 Bücher verschenken, haut Heyne einfach mal 370 kostenlose Leseexemplare raus.

lovelybooks_Leserunde

Ein solches Heer, kann ich mir als Indie-Autorin nicht leisten. Aber ist das auch wirklich nötig? Reichen vielleicht auch 20 gute Männer (und/oder Frauen), die hier und da ein paar Feuer legen? Oder reichen 10, die eine Mauer hoch klettern können? Oder geht nichts ohne Drachen?

Ich brauche euch, liebe Blogleser und Blogleserinnen, wie können wir das Rad aufhalten?  Und kann mir jemand ein paar Dracheneier schicken?

Paracetamol statt Strandparty: Nicht jede, die schwitzt, macht Ferien…

Während Vögel erst im Winter gen Süden ziehen, tun es die Deutschen in den Hauptsommermonaten Juli und August. Die Sommerferien nahen und damit die Zeit, in der wir über die hiesige Hitze stöhnen, die Adilette auf’s Gaspedal drücken und ab nach Spanien, Italien oder zum nächsten Flughafen flüchten. Am Reiseziel merken wir, dass es ja dort noch viel heißer ist als bei uns und mit einem Hitzschlag sind wir im „Ich-beweg-mich-keinen-Zentimeter“-Modus.

Normalerweise werde ich erst im Urlaub krank, weil ich neben Abschmink- und Sonnencreme auch immer vergesse mein Immunsystem mit in den Koffer zu packen. Nun liege ich schon vor den Ferien bewegungslos rum und schwitze, leider nur vom Fieber. Mit Schirmchen und buntem Strohhalm in meinem Hustensaft versuche ich mich selbst zu täuschen. Ich rede mir ein, die Krangeräusche der Baustelle nebenan seien Meeresrauschen. Aber mit jedem „Ey Uwe!“ von draußen, werde ich aus meinem Südseeträumen gerissen.

Ich hörte von Menschen, die zur Reise in eine gefühlte Ferne durch Computerspielwelten spazieren, Selfies mit Zombies machen und einfach Kräuter statt Kills sammeln. Ich bin ganz schlecht im Gärtnern, zum Spazieren zu müde und die Verwechslungsgefahr zu laufenden Dahinwesenden ist gegeben. Pinterest habe ich durchgespielt und alle exotischen Reiseziele auf meiner Pinnwand und in meinem Kopf abgespeichert. Schon vor dem Sommerurlaub habe ich alles gesehen, was man in dieser Welt nur sehen kann.

Darum suche ich nach neuen Zielen; Welten zum Ausspannen und kehre zu meinem Lieblingsmedium zurück: Dem Buch. Ich verkrieche mich ganz ohne Gepäck in meinem Kindle bis die Grippe vorüber ist. Falls ihr das auch tun wollt, hat die Kölnische Rundschau eine nette Sommerbuchempfehlung für euch. 🙂

Artikel_KölnischeRundschau02