Was Frauen wollen – Annäherungen über das Ausschlussverfahren

Statt Dates sammelt Pick-Up-Artist Julien Blanc grade Einreiseverbote; weil er ein Oberarschloch ist und gewalttätig. Derweil muss sich Massenmörder Charles Manson zwischen personalisierten Servietten und Tischkarten entscheiden. Seine Hochzeit mit einer attraktiven, jungen Frau, hat Onkelmaike dazu bewegt, über die Gründe nachzudenken und zu schreiben, die zu so einer Zusammenkunft führen und sieht vor allen die Unverfügbarkeit als entscheidendes Kriterium.

Ich frage mich, durch diese Häufung der Fälle motiviert, ob wir grade gesamtgesellschaftlich die nächste Stufe von „Frauen wollen Arschlöcher“ erreichen. Nehmen wir uns dazu die These als solche vor: „Frauen wollen Arschlöcher.“ Ich bin eine Frau und als Teilnehmerin am sozialen Alltag häufiger als es mir lieb ist, umgeben von Arschlöchern (, die sich mir in beiden Geschlechtern präsentieren. Ich spreche von beiden Geschlechtern, weil ich glaube, dass man nicht Frau und Mann und Arschloch zugleich sein kann. Bei der unmöglichen Dreifaltigkeit muss also ein Geschlecht wegfallen oder das Arschlochsein, sonst geht die Rechnung nicht auf. Das ist Mathematik, das könnt ihr gerne nachrechnen. Wenn ihr nicht auf das gleiche Ergebnis kommt, hab ihr was falsch gemacht.)

Kommen wir zurück zur Problemstellung. Als Frau komme ich also fast täglich in Kontakt mit Arschlöchern und kann darum empirisch belegen, das ich mich zu diesen Personen nicht hingezogen fühle. Nicht einmal, wenn sie gut aussehen, obwohl ich mir wirklich Mühe gebe oberflächlich zu sein. Mich regen derartige Begegnungen nur dazu an, mich zu Hause einsperren zu wollen und der kalten, gemeinen Welt den Rücken zuzukehren. Man könnte nun die Vermutung aufstellen, ich sei eine Ausnahme. Ähm, nö. Ich bin durchschnittlich alt für eine Frau meines Alters, durchschnittlich groß für eine Frau meiner Größe und darum auch durchschnittlich hingezogen zu Arschlöchern. Das ist absolut repräsentativ.

Woher kommt aber dann dieses Vorurteil mit dem wir hier zu kämpfen haben? Vielleicht selbst vom Objekt im Satz, dass diese Lüge propagierte, bis sie zur unhinterfragten Redewendung wurde, so wie die Sache mit dem Teller aufessen. All jenen, die ihr diesem Scherz aufgesessen seid: Eure Essgewohnheiten haben keinen Einfluss auf das Wetter. Im Stille-Post-Modus wurde aus einem dummen Spruch ein noch dümmerer. Eigentlich hat man früher angeblich nur gesagt, dass es morgen wieder was Schönes gibt, wenn man aufisst und wenn nicht, dann eben nicht, dann gibt’s das selben eben nochmal, aufgewärmt – was ja eigentlich widerlegt, dass das heutige schön war, wenn man es aufgewärmt nicht nochmal essen will… aber Logik ist ein anderes Thema.

Was könnte also eigentlich hinter dem Ausspruch gestanden haben? Was könnten Frauen eigentlich wollen? Welches tatsächliche Thema liegt dieser Verwechslung zu Grunde? Hat sich da auch jemand nicht dialektfrei ausgedrückt und sagte eigentlich: Frauen wollen antike Schlösser? War das so? Ich würde eins nehmen. In Südfrankreich gerne, oder sonst irgendwo, wo es warm ist. Nicht Neuschwanenstein. Das ist zu kitschig und ich bin nicht gerne auf Fotos.

Aber denken wir noch einen Absatz länger darüber nach. Schauen wir nochmals auf das Subjekt im Satz, auf mich. Man sagt meiner Spezies ja gerne nach, dass wir unsicher in Bezug auf unser eigenes Verlangen zu sein haben. Dann ist es natürlich ein freundliches entgegenkommen, wenn man uns sagt, dass Frauen Arschlöcher wollen. Demnach ist das ganze  nur ein Angebot, das ich gerne mit „Nein, danke“ ausschlage.

Warum Online-Shopping tot ist

… oder es zumindest mal jemand zur Strecke bringen sollte! Dies ist keine Drohung, sondern eine Bestellung!

Die Weihnachtsmärkte haben noch nicht eröffnet und mein Fest ist schon ruiniert. Darum mache ich mir grade selber Glühwein, als Wärmequelle nutze ich dafür meine flammende Wut. Denn es war einmal eine naive Immerabgelenkt, die sich dachte: „Dieses Jahr bin ich mal früh dran mit den Geschenken.“ und fleißig im Internet zusammensuchte, womit sie glaube ihrem Liebsten eine Freude machen zu können. Klick und angucken. Klick und in den Warenkorb legen. Klick und nochmal vergleichen. Klick und nochwas in den Warenkorb, weil sich mehr Geld ausgeben besser anfüllt als Versandkosten zahlen. Klick und die Bestellung ist abgesendet. Und ich dachte wirklich, nun sei alles gut. Aber nein, diese wahre Weihnachtsgeschichte hat kein Happy End.

Der Grinch hat einen neuen Namen: Re-targeting. Als nur Stunden nach meinem grandiosen Zeitsieg gegen den Adventsstress der Beschenkte das „Device“ nutze, das wir, ganz digital nativistisch „sharen“ (liebe Frauen, die ihr denkt eine gemeinsame Wohnung sei eine große Sache in einer Beziehung, lasst mich euch sagen: Wahre Liebe ist, wenn man von „unserer“ Browserhistorie spricht.), sah er, was ich gekauft hatte, eingeblendet auf jeder einzelnen Seite, die er besuchte und sogar in allen Apps. Hätte ich die Historie nach der Bestellung gelöscht, hätte das auch nichts gebracht. Denn Re-Targeting ist fieser, viel, viel fieser. Re-Targeting bedeutet, dass ein Ziel immer und immer wieder beschossen wird, auch wenn es längst am Boden liegt und ausblutet. Geschossen wird mit der schlimmsten aller Munitionen: Werbung. Und dabei geht das Marketing dahinter so unerbittlich vor, wie die IS. Geheimnisse müssen der Möglichkeit auf mehr Umsatz weichen. In Zukunft wird Weihnachten nicht mehr daraus bestehen, dass wir Kekse backen, sondern Cookies löschen.

Nun könnte man meinen die Technologie hat es nicht so gemeint. Sie konnte ja nichts dafür. Doch kann sie. Sie ist ein fieses Miststück, ein Arschloch, eine dreckige, miese ***************************************************************************************************************************************************************************************************/ZENSIERT. Diese These habe ich experimentell erforscht. Ich hab nämlich einige Tage nach dieser Tragödie, Verlauf und Cookies entfernt und begonnen mir im Internet Dinge genau anzusehen, die ICH mir wünsche. Ich hielt das für ziemlich clever. Doch die Maschinen haben mich durchschaut. Statt Einblendungen des Sportwagens, den ich so gerne hätte, bekommen wir jetzt Empfehlungen für günstige Kredite….

Ein Klugscheißer ist Re-Targeting also auch noch. Wenn das mit Weihnachten also noch was werden soll, muss ich echt raus gehen, in die Innenstadt. Igitt. Nicht mehr heute. Nicht bevor die Glühweinbuden öffnen.

Anschleicher und Abfuhren

Es ist ja Frühling. Die Zeit in der Entenbabys im Park rumwatscheln, auf der Suche nach Brotkrümchen und Singles in der Stadt auf der Suche nach erwidertem Interesse. Das ist ja auch schön. Menschen sollten einander beschnuppern und kennenlernen und zusammenbleiben und sich wärmen, wenn die warme Jahreszeit vorbei ist und es wieder Winter wird. Doch die Gesamtheit aller verfügbaren anflirtbaren Menschen in der Kölner Fußgängerzone ist beschränkt. Und wenn man sich so dumm anstellt, wie der Herr, der mich gestern Abend bei meinem Einkaufsbummel bedrängte, dann bleibt man allein und erfriert, wenn die Eiszeit hereinbricht!

Eigentlich reagiere ich gerne freundlich auf andere Menschen, besonders beim Bummeln, besonders wenn diese anderen Menschen hinter der Kasse stehen und mir für meine geflunkerte, geflirtete Freundlichkeit Rabatt geben. Davon haben wir alle was. Ich habe die Stiefel, die ich wollte und dennoch ein bisschen Geld in meiner Tasche und die Dame/der Herr, der meine Stiefel gerade als Geschenk für mich selber hübsch verpackt, freut sich über das eigene Gutmenschsein ohne Einbuße, weil der Rabatt ihm ja nicht wehtut. Menschen bei Shoppen kennen zulernen ist nicht die blödeste Idee.

Eine blöde Idee ist aber, wenn man(n) und nun kommen wir zur Geschichte von gestern Abend, zielstrebig einen Laden für Damenkleidung betritt, sich von hinten an mich anpirscht, während ich nach meiner Größe suche und mir ins Ort brullt: „Hallo, ich bin der Kai!“ Schreck und Schock sind keine Basis für Sympathie. Ich drehe mich also verstört in Zeitlupentempo um und Frage: „Ja und?“ während Kai mir seine Hand hinhält, als wolle er mich zu einem Vorstellungsgespräch begrüßen.

„Ja ich hab dich da vorne schon gesehen,“ stammelt der Mann, der nicht zum Personal gehört, in diesem Geschäft nichts kaufen will und sich lediglich eine Abfuhr abholt. „Du kannst direkt wieder gehen.“ Ja, das war nicht freundlich, aber das passiert, wenn man mich vor meinem ersten Kaffee oder von hinten angeschlichen angequatscht.  Kai guckt mich kurz irritiert an, wiederholt nochmal seinen Spruch, in dem er mir seinen Namen offenbart und zieht langsam Hand und Schwanz ein. Ich wende mich wieder der Suche nach dem Blümchenkleid in meiner Größe zu und als ich mich das nächste Mal umdrehe ist er verschwunden und das „Ich hab dich da vorne gesehen“ halt noch in meinen Ohren nach. Mannmannmannn… so wird das nichts mit dem Frühling, meine Herren!

Vom Spanner zum Ausspanner

immerabgelenkt facebook partnerseiten

Sozialkontaktpflege sollte ja eigentlich was Freiwilliges sein, so dachte ich bisher. Aber manchmal wirkt es wie Sozialarbeit, zu der man verdonnert wurde, weil man schon vor Heilig Abend ins 24. Kläppchen des Adventskalenders gelinst hat. Jajajaja, das mache ich. Und es war Schokolade drin. So wie an jedem anderen Tag auch. Die Überraschung besteht also wirklich nicht im Geschenk hinter diesem Türchen, sondern in meiner jedes Jahr erneut aufblühenden Neugier, die mich zur nicht sozialkonformen Sittenwidrigkeit verführt. Das ich so was mache, ist übrigens eins der Dinge, die facebook nicht über mich weiß/wusste!

Was facebook jedoch zu wissen meint, ist dass ich meine Beziehung vernachlässige. Und so versucht sich Zuckerbergs Freudschefehlermaschine schon seit Jahren (!!!) im Paartherapeutischen und diagnostiziert Interaktionsmangel, wo das Stupsen doch eigentlich noch so leidenschaftlich ist wie am ersten Tag, und der Nacht des Tages, und dem Tag danach, und der Nacht danach und … ja, also eigentlich ist alles ganz wunderbar, zwischen meinem Liebsten und mir. Nur facebook, das Luder, mischt sich da dreiecksgleich ein und tut so, als würde es uns helfen wollen, während es in Wahrheit doch nur unsere beide Aufmerksamkeit voneinander weg und SICH hin lenken will. Ich hab dich durchschaut! Jawohl!

Schon vor Jahren wiesen mich Anzeigen im rechten Bildbereich, kaum hatte ich mein eingeloggt, darauf hin, dass ich meinem Freund (der eben nicht irgendein Freud ist, sondern MEIN Freund) doch mal wieder schreiben sollte, ihn anstupsen oder sonst wie mit ihm interagieren könnte. Ich stupse ihn also an, neben mir auf dem Sofa und wir interagierten…

Damit wir das nun aber nicht mehr privat machen, wie das sittenhafte Menschen sonst tun, sondern öffentlich, hat facebook „Partnerschaftsseiten“ erschaffen. Klickt man auf ein beliebiges Profil, z.B. meins, dahin, wo steht, „ist in einer Beziehung mit“ öffnet sich ein neues Profil. Ein Profil, mit einem gespaltenen Profilbild, das das seine und das ihre oder das seine und das seine und das ihre und das ihre (je nach sexuell-orientierter, angegebener Spezifika) zeigt. Ansonsten beinhaltet die Seite eben jeden Online-Schrift-Verkehr, den diese beide Personen bisher via facebook führten.

Im ersten Moment war ich erfreut, denn dem Problem der Verpartnerschaftlichung via Facebook hab ich ein ganzes Kapitel in meinem Buch gewidmet (S. 49ff) und ich hielt es schon für gelöst! Aber dann, wenige Scrolls und Klicks später, fand ich’s, ganz wie die Monotonie im Adventskalender, die sich nun bis zum 24. durchziehen wird, doch irgendwie blöd. Denn mit einem geteilten Raum und sei er auch virtuell, kommen ganz viele weitere Probleme. Darf jeder einfach seinen Content hin kippen wo er will oder haben wir ein System? Brauchen wir einen Putzplan für den Trash, den wir horten? Haben wir trotzdem noch jeder eine eigene Privatssphäre?

Vielleicht bin ich ja überempfindlich, denn mit Satres und Woody Allens (Ex-)Lebenspartnerinnen teilte und teile ich zwar nix auf facebook, aber dafür eine Favorisierung der LAT-Beziehung. Unter dem Titel „Living Apart Together“ versteckt sich das Phänomen, dass Menschen, die zusammen sind, nicht auch zwangsweise zusammen wohnen (wollen). Die Wissenschaft und Presse kennt diese Idee schon seit einiger Zeit und erklärte, sie in Ermangelung einer echten Erklärung, zum Zeitgeist. Dazu attestierten sie, dass es nur so lange gut ginge, bis Kinder im Spiel seien. Bevor da ein Baby ist, gibt es aber gewissen (Warn-)Zeichen, die Zeit geben, sich auf diese Situation einzustellen. (Oder kommt das vom Stupsen und mich hat nur keiner aufgeklärt??) Aber facebook hat die Partnerschaftsseite einfach so rausgepresst, ohne Zeichen, ohne Einverständnis, ohne Mitredechance der Verpartnerten, ob sie das wollen, um darüber zu sprechen, ob dafür der richtige Zeitpunkt gekommen ist.

Doch sie ist einfach da, fordert, dass wir ihr einen Header geben, sie nähren und in ihrem Wachstum fördern und fordert dabei unsere ganze Aufmerksamkeit und Aufopferung! Wer deswegen darüber nachdenkt die Angabe „ist in einer Beziehung“ zu entfernen, steht ganz schnell als Rabennutzer da!!! Für mich kommt jeder Rat zu spät, aber euch ermahne ich darum zur Vorsorge! Kauft mein Buch! Lest es! Und gerne können wir in Leserunden, dann alle Verhütungsmethoden durchsprechen.

Käufliche Liebe…jetzt! echt! ohmannmannmannn…

Es ist da! Beziehungsstatus: Verliebt in facebook. Im Netz. Noch ohne Bild, aber das soll in den nächsten Tagen auch angezeigt werden. Das Buch. Bestellbar. Lieferbar. (Ja, bei Amazon steht es sei demnächst lieferbar, das liegt am book on demand. Wird eben gedruckt, sobald bestellt.) Lesbar!! Ein echtes, käufliches, lesbares Buch!!

Und zwar hier: Beziehungsstatus: Verliebt in facebook

Also alles palleti. Oder nicht? Nicht so richtig. Ich bin nervös, aufgeregt und noch nicht ganz fröhlich, weil’s irgendwie noch nicht real scheint. Vielleicht wird’s besser, wenn die von bod und Amazon das Bild dazu hochgeladen haben.

Aber vielleicht funktioniert auch Folgendes: Die These umdrehend, dass der Kühlschrank die Seele des Menschen wiederspiegelt, versuche ich jetzt mal, durch die Befüllung meines coolsten Teils in der Küche, für frohe Feierstimmung zu sorgen:

Schatz ich muss dir was sagen, aber erst muss ich bei facebook einstellen, dass ich schwanger bin

In meiner Mission als Netzwelt Wohlfahrts Orakel (NWO) oder schlicht immerantworten hatte ich ja den Besucherinnen und ganz besonders den Besuchern meines kleinen Blogs schon dazu geraten, sich nicht über facebook zu verloben.
Die traute Zweisamkeit online publik zu machen ist das Eine. Aber die Formulierungen so mancher Suchen, die Google hierherleitete, verleiteten mich zur Annahme, dass der Kniefall mit Ring bald gänzlich dem „XY hat dir einen Heiratsantrag geschickt“ weichen würde. Aber mein Glaube an eine schönere, gerechtere Welt ist wiederhergestellt. Facebook bietet neuerdings nämlich allen Romantikverschmähten die Chance zur Rache. Und ganz sicher nur dafür ist diese neue Funktion da. Ganz sicher. Ohne Zweifel! Denn die angeblich Ersehnten und Geliebten, denen man so virtuell inzidentell mit-TEILTE, dass man sie gern ehelichen möchte und sie vor die Wahl von „Zusagen“ und „Später“ stellte, können jetzt der Welt mit wenigen Klicks verkünden, dass sie schwanger sind.
Wahr und echt und wirklich. Ich denke mir das nicht aus. Könnte ich gar nicht. Obwohl? Vielleicht doch. Ich beweise ja gerne immer wieder meine wilde Phantasie. Aber nein, diesmal muss ich fuckbook zugestehen, dass es sich das ganz selber ausgedacht hat. Bravo, facebook. Nimm dir einen Keks.

Was in meinem kreativen Kopf jedoch gerade keimt, sind eventuelle Kommentare, die wohl auftauchen wenn die Funktion genutzt wird. Denn ich erwarte, dass sobald auf der facebooks Startseite erscheint „Jaqueline erwartet ein Kind“, der erste schreit „Ich war’s nicht“. Und mein Zynismus ist nicht unberechtigt. Vor diesem feature, in den guten alten Zeiten der verbalen Kommunikation an realen Orten, erfuhr ich direkt von der Schwangeren von ihrem Glück, oder etwas später von tratschenden lästernden informationsweitergebenden FreundInnen. Und auch ich selbst würde derartige Umstände, nicht auf schnellstem, sofortigem, digitalem Wege ALLEN mitteilen wollen. Oder doch? Doch, vielleicht gibt es Fälle bei denen es einen Sinn hat, dass auf einen Schlag möglichst viele Menschen erfahren „ XY erwartet ein Kind“. Nämlich dann, wenn es mal wieder kompliziert ist. Diesmal nicht mit dem Beziehungsstatus, sondern der Vaterschaft.
Ob es wohl einen Zusammenhang zwischen dieser Innovation und dem kürzlich eingeführten Möglichkeit Umfragen zu erstellen und durchzuführen gibt? Je länger ich drüber nachdenke, desto stärker merke ich eine leichte Übelkeit. Besorg ich mir dafür jetzt einen Schwangerschaftstest oder warte ich einfach ab, bis facebook den auch erfindet? Juliane erwartet vor allem eins, nämlich dass facebook dann bitte auch bald die Funktion einführt: Juliane erwartet ein Paket. Denn das ist mindestens genauso wichtig und darauf warte ich nun auch schon gefühlte 9 Monate, liebe Post!

Facebook Beziehungsstatus: Verliebt, Verlobt, Es ist kompliziert

UPDATE: „Beziehungsstatus: Verliebt in facebook“, das Buch ist jetzt da und kann hier und hier oder auch hier bestellt werden.

Und hier der ursprüngliche Blogbeitrag:

Irgendwer hat mal diese These aufgestellt, dass Internet würde eine Parallelwelt erschaffen und bald lebten wir nicht mehr physisch in der „realen“ Welt, sondern würden uns ganz in Welten wie Second Life flüchten. Mal davon abgesehene, dass Second Life so schnell wieder verschwunden war, wie eine volle Brieftasche aus der hinteren Hosentasche in öffentlichen Verkehrsmitteln, ist die „Flucht“ wohl gescheitert. Au contraire, es ist, als hätte man die alte und die „schöne, neue“ Welt in einem Mixer verfrachtet und ordentlich durchpüriert. Und jetzt entdecke ich fast täglich fiese Klümpchen, klebrige Mischungen aus Netzsubstanz und Alltagsbrei. Wie man im sozialen Netz nicht umhin kommt, die Statuseinträge seiner Freunde mit zu verfolgen, kann man in Bahn und Bus nicht weghören, wenn sich zwei lautstark unterhalten (und ist dann auch schon mal so abgelenkt, dass man nicht merkt, wie einem die Brieftasche geklaut wird). Mit exponentieller Häufigkeit vermerkte ich in letzter Zeit die Wörter „facebook, posten, like“ mitzuhören.

Eine sehr unterhaltsame Webseite sammelt derartige Mithörgeschichten, nicht nur zum Thema Netzkultur. Aber ich habe ein relevantes Beispiel mal von dort entliehen (heimlich aus der hinteren Hosentasche)

Hannover. In einem Bus. Zwei junge Mädels in Reitklamotten (ca. 16) unterhalten sich. Plötzlich platzt das eine Mädchen laut hervor: “Also wenn ich dem schon einen blase, dann kann er doch wenigstens seinen Beziehungsstatus bei Facebook ändern!” (Quelle: Belauscht.de)

Und ich muss zugegeben, auch ich kann mich dem nicht entziehen und merke immer häufiger, wie ich mich mit FreundInnen über das unterhalte, was gerade bei facebook „passiert“. Dem Freundschaftsdienst wird dabei realitätslegitimierende Bedeutung zugeschrieben. Es hält sich hartnäckig der Glaube, Menschen würden hier wahrheitsgemäße Angaben machen. Für mich persönlich muss ich sagen, solange ich mich nicht in einem Polizeiverhör befinde oder meine Steuererklärung mache, und ganz ganz besonders im Internet neige ich schon mal dazu, meiner Phantasie freien Lauf zu lassen. Ich bin nun einmal ein kreativer Mensch, ein Künstler! Und die Kunst hat sich seither gegen die Konventionen und Normen unserer Gesellschaft gesträubt! Jawohl!

Die Mehrheit der Menschheit hält aber weiter daran fest, dass Facebook nicht nur Informationen, sondern Fakten liefert. Und das kann den Alltag in der realen Welt erschweren und dann findet man sich, sowieso schon frustriert, weil ohne Brieftasche bei Freund/Freundin angekommen, mit Anschuldigungen und Klagen konfrontiert.

„Es ist kompliziert“: Die Netzwelt liefert nicht nur Antworten, sondern auch viele neue Fragen. Insbesondere: Wann sollte man seinen Beziehungsstatus umstellen? Die Beziehung zu verkünden ist dabei noch die angenehmere Unsicherheit. Aber wann stelle ich von Beziehung auf Single um? In den seltensten Fällen endet eine Beziehung von jetzt auf sofort, nachdem sich zwei (Ex-)Partner zusammengefunden haben, weil sie „mal miteinander reden müssen“. Ich wage zu behaupten, dass diese Einstellungsänderung in 8 von 10 Fällen aus Trotz und verletzten Gefühlen heraus vorgenommen wird. Um dem/der anderen zu zeigen: Du kannst mich mal! (By the way, ich hoffe ja immer noch darauf, dass facebook das Auswahlfeld abschafft und endlich Raum für die eigene Kreativität lässt. Oder zumindest um Optionen erweitert wie: Emerit, Lonesome Ranger, Jane Austen oder auch „Kost fufzig Euro“.)

In einem Artikel des TIME Magazines verglich der Redakteur die Beziehungsstatus-Einstellung mit einem Verlobungsring. Statt den Brilli am Finger, zückt man nun das Smartphone aus der Tasche, um zu signalisieren: Ich bin vergeben. Die Zeiten in denen Diamanten eines Mädchens beste Freunde waren, sind damit wohl endgültig vorbei. Die Nostalgie dieser Zeit und das eben beschriebene Dilemma greift folgendes Video auf. Viel Spaß damit:

Über die Stupidität des Stupsens

Die digitale Welt bietet so viele schöne Möglichkeiten zur Kommunikation. Keine Tat – sei sie auch noch so irrelevant –, kein Gedanke –sei er auch noch so banal – der nicht in den globalen Kanal gepostet, gezwitschert oder geblogt wird, dieser Tage. Wir sind immer mittendrin im Gesehen, quasi hautnah dabei in der Katastrophe, mit den Knien im Sumpf, aber ganz ohne uns die Finger schmutzig zu machen. Wir können Demonstrieren ohne wirklich aktiv werden zu müssen – bequem zu Hause vom Sofa, Schreibtisch oder Bett aus und uns ganz auf das konzentrieren was wir am allerliebsten machen: mitreden! Und selbst wenn wir garnichts zu sagen haben, was uns meistens nicht davon abhält doch was zu sagen, aber für die Fälle, wo wir wirklich grad aus Mangels an Zeit und/oder Worten nichts von uns geben wollen/können, ja, für diese Fälle gibt es Klick-Kommunikationsformen wie „like“ und „anstupsen“. Letzteres betreibe ich seit kurzer Zeit in dem Exzess ähnelndem (Über-)Maße. Lange Zeit war mir diese Facebook-Funktion völlig unbekannt. Bis ich sie eines Tages entdeckte und ausprobierte und mich kurz darauf, dabei ertappte wie ich über eine Stunde damit verbummelte meine Kontakte nach Person zu durchforsten die ich anstupsen könnte und Personen zurück zu stupsen, die mich angestupst hatten – anstatt für meine Prüfung über Tim O’Briens Vietnam-Kriegs-Erzählungen zu lernen. Wo ich mich aber ja eigentlich, irgendwo in meinem tiefen Unterbewussten nun doch mit meinem Prüfungsthema beschäftigte, kam ich zu folgender spannender Überlegung:

 

Beim Durchforsten meiner sozialen Kontakte fielen mir nämlich auch einige Personen auf, die ich gerne vor einen Zug „stupsen“ würde, ins offene Messer, von einer Brücke, oder ins Meer (an einer ganz tiefen Stelle mit starkem Wellengang, und Haien). Ob ich den Betreibern des Netzwerkes mal schreiben sollte, ob sie das „anstupsen“ nicht um derartige Funktionen erweitern können? Und vielleicht kann dann auch gleich die Möglichkeit hinzugefügt werden jemanden „gemeinsam zu stupsen“ quasi als Equivalent für eine Schlägerei. Auf sie!!! Achja, aber die frohe Welt der sozialen Netzwerke kennt natürlich nur Freunde und würde dieses Verhalten nicht akzeptieren. Wobei wir bei einer brisanten These wären. Hierzu kurz eine einführende nicht ganz so brisante These: „Irgendwann gibt es nur noch Social Media.“ Das glaube ich wirklich. Denn inzwischen benutze ich facebook als Kommunikationskanal um mit dem Rest der Welt in Kontakt zu bleiben, zum Einkaufen, um mich über aktuelle Themen zu informieren, und und und. Ich glaube daher, dass das Netz langsam aber sicher in die Hand von facebook gleitet. Auf dieser These aufbauend nun die BRISANTE (!!!) These oder besser Frage: Sind wir dann irgendwann alle Freunde oder ist das Entwickeln von Anwendungen zur virtuellen (Nachbarschafts-)Kriegsführung der nächste Schritt?

Ich überlege jetzt schonmal wie ich mein Stupsen aufrüsten kann, also gleich, sobald ich ein paar Stunden für meine Prüfung gelernt hab.