Auch in diesem Jahr geht’s heiter weiter auf Mama Meeting, darum folgt mir hier entlang für die ganze Story.
Hier ein Ausschnitt:
Auch in diesem Jahr geht’s heiter weiter auf Mama Meeting, darum folgt mir hier entlang für die ganze Story.
Hier ein Ausschnitt:
In meinem Umfeld tauchen immer mehr neue Menschen auf. Menschen, die vorher nicht da waren und in mein Leben treten, indem sie aus anderen Menschen gepresst werden. Einige werden auch rausgeschnitten. Meine Verstörung über diesen Prozess überspiele ich mit Gratulationen und Geschenken. Das bringt mich dazu neue Einkaufswelten zu betreten. Ich sage neu, denn die heutigen Spielwarengeschäfte haben nichts mit den Kleinstadt-Lädchen zu tun, in denen ich als Kind meine kleinen, schmutzigen Fäuste auf den dreckigen Fliesenboden schlug, während ich bitterlich weinte, weil ich sich die Türen des Spielzeugporsches nicht öffnen ließen. Ich war in großer Trauer darüber, dass die Spielzeugporsche-Entwickler so dumm waren. So konnte doch niemand einsteigen!
Putzen statt im Dreck toben
Als ich vor einigen Tagen in einem Spielzeuggeschäft war, kam ich gar nicht bis in die Automobilabteilung. Fasziniert blieb ich vor dem mir bisher unbekannten Haushaltswaren-Spielwaren-Regal stehen. In dem als „Mädchenwelt“ beschilderten Bereich standen nicht nur Küchen, die denen bei IKEA in Ausstattung und Preis in nichts nachstanden, sondern auch Putzutensilien für’s Kinderzimmer: Staubsauger, Wischeimer und das State-of-the-Art, Hightec Toy „Besen“, mit Holzstil und roten Borsten.
Bildquelle: Amazon.de
Auch in die kleinste Hand passt noch ein Staubsauger
Für Barbie gibt es inzwischen ein Päckchen auf dem „Wohnaccessoires“ steht. Bei Barbie war schon immer alles Accessoire, vom Pony bis zum Mann. Vermutlich aus berechtigter Rache hat ihr darum jemand die folgenden „Accessoires“ verpasst: Eine Handstaubsauger, eine Bürste, eine Sprühflasche mit Putzmittel und ein Raumspray. Ich weiß nicht, was nutzloser ist: Barbie oder Raumsprays.
Bildquelle: Amazon.de
Wenn du fertig bist mit putzen, mach doch bitte noch meine Steuererklärung
Endlich verstand ich meine Freundinnen. Ich war begeistert von diesen Entdeckungen im Spielwarenfachgeschäft. Bisher wollte ich eigentlich keine Kinder in meiner Wohnung, aber ich brauche dringend eine Putzkraft und nun kann ich mir eine ganze Schar von kleinen Füßen vorstellen, die mit Wischmops und Besen durch meine Küche trappelt. Und die kompakten Arbeitskräfte können scheinbar noch mehr. Zwei Regale weiter im Geschäft standen kleine pinke Locher und Aktenordner. Scheinbar outsourced man heute nicht mehr nach Indien sondern ins Kinderzimmer.
Obwohl ich selbst immer wieder normwidrig mit unseren schönen Sprache und ihrer Zeichensetzung umgehe, übe ich gerne Kritik an der Verwendung bestimmter Begriffe, Idiome und der Verwendung meines Vornames am Anfang einer Aufforderung ohne vorgestellte verfreundschaftelnde Begrüßung. Die Bezeichnung für ein derartiges Handeln darf man übrigens ganz Definitionsgerecht als Doppelmoral benennen. Im Moment umschwirrt meine Ohren wieder ein Wort, das ich so häufig bar jedes Kontextes vernehmen muss, dass ich beginne es auch ganz kontextfrei als Füllwort in meine Sätze integrieren. „Spannend“ ist nicht erst seit kurzem en vogue. Doch zur Zeit hat dieses Wort eine verbale Reproduktionrate in meinem beruflichen Umfeld, an die nicht mal Kaninchen im Kölner Grüngürtel ran reichen.
Immer häufiger ertappe ich mich dabei, wie ich Dinge mit dem Adjektiv beschreibe, die jeglicher Spannung von Natur aus entbehren, zum Beispiel meine Arbeit. Da ich weder Unfallchirurgin noch Kommissarin bin, ist das, was ich mache nun wirklich nicht „spannend“. Für Spannung in meinem Alltag, müsste ich schon die Finger in die Steckdose halten. Dennoch reden alle mir und sich ein. „Total spannend.“ „Ein ganz spannendes Projekt.“ „Wir sind da in einem ganz spannenden Prozess.“ „Ich bin total gespannt,…“. „Das stelle ich mir spannend vor.“
Nein. Nein. Nein. Nein und wirklich nein. Solange hier jemand aus ungeklärten Gründen zu Tode kommt, gibt’s hier keine Krimis zu erleben. Das Wort ist derweil in meiner Wahrnehmung verbraucht. Statt spannend höre ich: „Es gibt eigentlich keine Grundlage für unser Gespräch über dieses Thema. Alle Aufgaben sind verteilt und alle Ziele festgelegt, aber um dennoch den Mund nicht schließen zu müssen, aus Angst, dass über die Nase vielleicht nicht genug Sauerstoff in die Lunge kommt, sprechen wir weiter und versichern uns gegenseitig unserer Motivation hinsichtlich der Sache, über die es nichts mehr zu sagen gibt, aber der wir zustimmen. Und während wir weiter so vor uns hin spannen, passiert ja vielleicht tatsächlich was, das dem Adjektiv gerecht wird. Vielleicht wird ja grad draußen eins der Kaninchen von einem Hund gejagt und so eine Treibjagd ist ja immerhin ein Ereignis mit unbekanntem Ausgang und das ist nun wirklich etwas, dass spannend ist. Bis so etwas passiert, behalten wir das Wort im Sprachgebrauch, damit wir es auf der Zunge haben, wenn wir es gebrauchen können.“
Fortsetzung folgt….
Nein, nicht wirklich, ich wollte es nur spannend machen. Die Geschichte ist hier zu Ende.
Als Kölnerin aus vollem Herzen beobachte ich im Moment berufsbedingt die Entwicklungen unserer ungeliebten Nachbarstadt Düsseldorf. “Köln und Düsseldorf”stellt einen Dualismus her, der sich, wie alle Gegensätzlichkeiten, gegenseitig bedingt. Kein schön ohne häßlich, kein abgehoben ohne bodenständig, kein Schickimicki-Luxus ohne ausgebeutete Drittweltarbeiterkinder, die im Dreck leben. Blöderweise vergisst man, je nachdem auf welcher Seite man grade steht, oft den Gegensatz.
Jeder sollte da leben, wo er/sie will und sich wohlfühlt. Aber Köln ist natürlich schöner. 🙂 Das sage ich nicht nur, weil es offensichtlich ist, sondern auch weil ich andere “schöne” Städte dieser Welt bereits bewohnt habe, ohne mich da wohl zu fühlen. Schönheit ist nur oberflächlich, auch in Sachen Stadtschönheit. Das musste ich vor einigen Jahren in der Mega-Wüstenstadt Dubai lernen. Dubai wurde mal eben so, in kürzester Zeit als eine Art “Neu New York” aus dem Boden gestampft. Dafür wurde übernommen, was anderswo auf der Welt als “das Beste” angesehen wurde und dabei wurden keine Kosten gescheut. Und die ersten 2 Wochen hat mich diese Fata Morgana tatsächlich getäuscht. Dann fing’s an zu Regnen. Es regnet oft da, wo ich bin, das habe ich inzwischen auch gelernt. Mit dem Wasser von oben ging die schöne Fassade leider den Bach runter. In die Skihalle regnete es rein, die mega-breiten Straßen wurden unbefahrbar und die eisige Klimaanlage im Büro bekam einen Sprung und spielte abwechseln Arktis und Antarktis. Dabei litt ich noch am geringsten unter dieser Situation. Denn sowohl der Bürokomplex, als auch der Komplex in dem ich wohnte, waren umzäunt und gesichert – abgeschotten von zehntausenden Gastarbeitern, die in Wellblechhütten dem Wetterumschwung ausgeliefert waren. Aber egal, die saßen eh fast nie in ihren Hütten, denn die malochten 24/7 auf den Baustellen, auf denen Luxusapartments entstanden, von denen sie nach Fertigstellung mit einem Zaun ausgeschlossen würden.
Warum ich mich gerade jetzt daran erinnere? Weil ich fast jeden Tag zum arbeiten nach Düsseldorf pendele und dennoch lieber in Köln wohnen bleibe. Gegensätze gibt’s hier genauso, aber ich hab das Gefühl man ist ein bisschen weniger stolz darauf. Aber das wirklich dramatisch an dieser Sitation ist, dass das einzige passende Zitat, dass mir dazu einfällt der Ikea-Werbeslogan ist! Wohnen und Leben sollten doch keine Kontraste sein!
Wir leben in der „Hat-schon-alles“-Epoche und dennoch müssen wir uns alle immer irgendwas aus irgendeinem Nichtanlass schenken, um uns gegenseitig unserer Sympathie für einander zu versichern. Es wird ja immer stereotypisiert, dass die Menschen in asiatischen Ländern so lustig sinnlose Rituale hätten, deren strikte Ausführung dennoch von höchster Wichtigkeit für den Frieden zwischen den Völkern dieses Globus sei. Als jemand, die noch bevor sie „Nein, danke“ zu sagen lernte mit Werbebeschenkungen beehrt wurde, darf ich sagen: Wir sind keinen kostenlosen Kugelschreiber besser hier in Europa!
Über nutzlosen Kram, den man auf Messen zugesteckt kriegt, wie pappige Hostien beim kirchlichen Namensequivalent der Kaufen-Verkaufen-Veranstaltungen, habe ich schon mal geschrieben. Und was passierte dann? Ich bekam eine Tasse zugeschickt, die ich nicht wollte und für die ich mich dementsprechend nicht bedankte und damit ist der bis dato nicht existente friedliche Kontakt zwischen mir und dem unbekannten Verschenker des Werbeobjektes zerbrochen. Manchmal macht man sich mit dem Schenken also auch Feinde, statt Freunde. Was gut ist, denn die lassen einen dann in Ruhe.
Nun bin ich beruflich in einer Situation, in die ich NIE geraten wollte. Ein großes Unglück hat mich heimgesucht, vermutlich angelockt von meinem miesen Karma, ausgelöst durch das Nicht-Danke-Sagen für die Nicht-Gewollte-Tasse. Ich sitze umzingelt von Kartons, gefüllt mit sechs der sieben Symbole der Kreise der Werbemittelhölle:
Postkarten
Aufkleber
Kühl-schrank-mag-ne-te
But-tons… diese Ansteckkreise, die Löcher in Blusen machen und klappern
Luftballons (immerhin kann man die zerstechen)
und Fähnchen.
Ich dachte immer Werbefähnchen gäbe es nur in der Sparkassenwerbung. Und das schlimmste: Ich habe die berechtigte Befürchtung, dass auch der siebte Hokrux noch geliefert werden wird: Einkaufswagen-Chips.
Schuld an meiner Lage ist Mix aus Demokratie und Haben-wir-immer-so-gemacht-Mentalität. Ich bin also nicht nur umgeben von diesen auf Grund ihrer absoluten Sinnlosigkeit verteufelten Gegenständen, sondern auch noch von Menschen, die sowas ernst meinen. Wo bin ich hier nur gelandet? Wer will diesen ganzen Schrott? Und wer denkt mal an all das Papier, Blech und Plastik, das hier dafür missbraucht wird, unschuldigen Menschen etwas in die Hand zu drücken, zu deren Annahme sie sich dann von Sozialisationswegen her verpflichtet fühlen und das sie sich dann lange Zeit nicht trauen wegzuwerfen, denn Geschenktes wirft man nicht einfach weg, das wäre unhöflich!! Und so schleichen sich Unternehmen, Marken und Parteien in die Haushalte der armen Beschenkten, die fortan in Schuld leben müssen, weil sie ja ein Geschenk angenommen haben und dafür sozialkonform auch etwas zurückgeben müssten.
Das kann ich nicht zulassen. Eigentlich müsste ich den ganzen Schrott verbrennen, bevor jemand zu schaden kommt und einen Button an seine/ihre Bluse hängt, die dann ein hässliches Loch hinterlässt – ein Loch das auf EWIG die Schuld des/der Beschenkten aufzeigt. Doch das darf ich nicht. Denn auch wir haben diesen Mist in mindestens 1000 Stück Abnahmeauflage selbst nur getauscht, gegen eine andere Art Geschenk: Geld. Vielleicht ist die Kette also einfach zu lan( genau wie dieser Blogpost). Vielleicht sollten Unternehmen, Marken und Parteien einfach Geld verteilen, statt Fähnchen und Buttons. Geld macht keine Löcher in Blusen und verranzt nicht am Kühlschrank! Aber möglicherweise hätten wir dann alle zu viel Geld und Geld allein macht ja nicht glücklich und dann würden sich alle Leute selbst Fähnchen und Einkaufswagen-Chips kaufen, weil sie nicht wüssten wohin mit der baren Münze.
Es ist nicht einfach, wirklich nicht. Ich schreibe Kapitulation auf eins der Fähnchen halte es aus dem Fenster.
ZEIT-Redakteurin Tina Groll hat sich an Katzen-, Pannen- und Make-Up-Tutorialvideos auf Youtube vorbei geklickt, um Arbeitgeber-Bewerbungvideos zu finden. Arbeitgeber-Bewerbungsvideos? Japp. Videos in denen sich Unternehmen als Arbeitgeber bei potentiellen Arbeitnehmern bewerben. Das klingt verdreht. Ist es auch! Hochgradig! Und weil die Arbeitgeber dann auch noch die bereits Angestellten vorschieben, um das Unternehmen als sozialen Treffpunkt zu inszenieren, wo alle Spaß haben und gemeinsam Singen, Rappen und Tanzen, sind die meisten dieser Filmchen nicht nur ver-, sondern auch völlig abgedreht. Groll findet diesen Trend deswegen fehlgeleitet und ich stimme ihr gerne zu.
Und ich glaube, den Ursprung dieser Entwicklung gefunden zu haben…nah, Ursprung ist vielleicht etwas weit gegriffen… gut, nennen wir es den genealogisch vorangegangen Schritt, EINEN Vorschritt der Genealogie dieser Arbeitgeberwerbevideos.
Von vorne angefangen, müsste ich sonst wohl erst einmal die Entwicklung filmischer Werbeformen resümieren und dazu bräuchte ich ein paar Bücher aus der Bibliothek und hierfür bin ich zu faul. Und es regnet draußen. Also greife ich auf das zurück, was ich daheim habe: Das Internet. Und da findet man sie, die inzwischen auch hierzulande verbreiteten und gelikten Videos großer amerikanischer Universitäten. Das musicaleske Video der Uni Yale ist mein persönlicher Favorit.
Den generationenüberdauernden interuniversitären Konkurrenzkampf, der sich sonst im Kidnapping von Maskottchen manifestiert fortführend, konterte Harvard dann auch singender Weise:
Diese Videos sind bekloppt, aber beliebt. Aber im Grunde klassische Werbung in Bewegtbild, weil hier Universitäten werben, die keine klassichen “Bewerber” akkumulieren wollen, sondern Kunden. Bildung ist ein mit Dollar zu erwerbendes Gut im Tauschhandel zwischen Käufern (=Studierenden) und Verkäufern (=Universitäten), in den UrsprungsStaaten der Ablenkungsvideos.
Wenn nun aber Arbeitgeber, denen ich meine Arbeitsleistung, als Verkäuferin dieser meiner Spitzenleistungen anbiete, darum werben, dass ich dies doch bitte tue…verwirrt mich das total. Wenn sie es singender oder tanzender Weise tun erst recht. Klar zieht auch mich ein Unternehmen mit gutem Unternehmensimage an. Aber das Videotheater führt das Personalmarketing zu weit. Wenn was zu lustig klingt, krieg ich Angst.
Ein bisschen fürchte ich sogar, dass die Werbenden eben doch mein Geld wollen, im Tausch dafür, dass ich dann bei ihnen arbeiten darf.
Vielleicht sind es aber auch gar keine Werbevideos, sondern Warnvideos. Denn das gibt’s ja auch in den Sendepausen. Videos die zu weniger Alkohlkonsum aufrufen, zu weniger Unfällen im Straßen- und Geschlechtsverkehr, Videos die aufklären und warnen. Vielleicht ist das ja das Genre, in das man die von Groll präsentierten Kurzfilme einsortieren sollte.