Schrei einmal für Ja und zweimal für Nein

Mein Baby ist da. Glücklicherweise schon seit vier Wochen. Ansonsten wäre ich doch sehr drüber gewesen und geplatzt. Und seit er da ist, gucke ich öfter auf’s Baby als auf’s Handy. Währenddessen schwanke ich zwischen „Du bist ja sooooo süß!“ und „Könntest du doch bitte schnell mal sprechen lernen!“ hin und her. Denn ganz ehrlich, menschlicher Nachwuchs ist toll, aber kommt mit SEHR eingeschränkten Features.

Wie Iphones kommen Babys beispielsweise alle mit dem gleichen Klingelton. Kaum erklingen diese „Geräusche“, schauen sich alle Mütter in der Nähe um und sind dann erleichtert, wenn sie merken, dass nicht das eigene Kind diesen Lärm produziert. „Diesmal muss ich nicht rangehen“, denkt man dann beruhigt. Das Iphone hat dem Baby allerdings die Lautstärke-Regelung voraus; und den Vibrationsalarm. Damit steht es 1:0 für Apple vs. Evolution. Aber der Akku vom Baby hält viel länger, selbst wenn es mehrere Stunden auf voller Lautstärke spielt. Damit steht es wieder 1:1.

In Führung bei diesem Vergleich geht das Baby dann schließlich, weil man sich die Suche nach Steckdosen zum Aufladen spart. Ja gut, man muss schon wissen, wo die mobilen Powerbanks für’s Kind bei der Mutter sind: In der Regel oberhalb des Bauchnabels. (In der Regel…nicht immer.) Aber dafür klappt’s ganz kabellos und überall.

Was die Stoßsicherheit angeht, gibt’s für beide keinen Punkt. Beide Geräte sollte man lieber nicht fallen lassen.

In Sachen Reinigungen ist das Baby pflegeintensiver. Dafür sind die Mitarbeiter beim Kinderarzt netter als die Hipster im Apple Store. Aber der größte Vorteil: Man braucht nicht jedes Jahr ein neues. Das Design wächst mit. Damit gewinnt das Baby schließlich und ich widme mich ihm nun gleich wieder. Es wacht nämlich gerade auf.

Wo bitte geht’s denn hier nach Einschicken?

„Ohne Tragödien keine Kunst“, so oder so ähnlich hat Onkelmaike mein Schreibblockaden-Gejammer gekontert. Und es stimmt. Die wirklich großen AutorInnen litten alle. Sylvia Plath hat mehr als einmal versucht sich das Leben zu nehmen und war schließlich erfolgreich. Fyodor Dostovyesky saß im Exil in Sibirien fest und litt an Epilepsie. Aldous Huxley erkrankte schon im Teenageralter an einer Hornhautentzündung im Auge und war fortan für den Rest seines Lebens so gut wie blind… und die Liste lässt sich weiter vertikal und horizontal durch mein Bücherregal schreiben: Virginia Woolf, David Foster Wallace, Anne Rice,… irgendeinen unerträglichen Schmerz trugen sie alle mit sich herum.

Mir ist bewusst, dass meine aktuelle Misere sich daran nicht messen kann, dennoch möchte ich schreien, weinen, toben und auch eine tröstende heiße Schokolade MIT Sahne würde ich nicht sofort ablehnen, und Schokolade und glutenfreie Kekse und ja auch Eis wäre jetzt ja wohl das MINDESTE!!!

Denn ich komme aus dem Apple-Store, wo man mir, ganz ohne Vorwarnung und ohne Eis oder Lolli mitteilte, man müsse meine Extension of me (meinen NEUEN, noch keinen Monat alten) Computer einschicken.

Das wäre normalerweise keine Tragödie. Technische Geräte gehen kaputt, werden repariert oder ersetzt. Aber Apple zielt ganz bewusst darauf ab eine emotionale Bindung aufzubauen, mit optischer Attraktivität, freundlicher Funktionalität und diesen putzigen Geräuschen, mit denen uns die Produkte zum Kichern bringen. Und weil das alles so persönlich ist, bin ich jetzt auch persönlich enttäuscht davon, dass mein Touch-Pad nicht funktioniert! Und Siri steht auch nur da und schlägt mir vor mir einen Termin für 14 Uhr zu erstellen oder mir auf der Karte zu zeigen, wie ich nach Hause komme.

Viel mehr würde mich interessieren, wo dieses „Einschicken“ ist, von dem so oft in Verbindung mit Technik die Rede ist. Denn folgendermaßen vollzog sich meine  Pilgerfahrt in den Kölner Apple-Tempel:

Ich: *Schnief, hmm, Schnief…muhuhuhuhuhhhhuuuuuuu….!*

Apple-Mitarbeiter im Look als sei er gerade dem Spiel Die Sims entsprungen, in grauem Polo-Shirt, IPad in der Hand und NULL Empathie für meine Lage: „Wie kann ich ihnen helfen?“

Ich (hole darauf meinen Mac aus der Tasche und stelle ihn auf den Tisch vor uns, um zu zeigen, was passiert ist und bekomme davon vom Menschen, den ich für einen Profi hielt, einen Blick, den ich vom Arzt kenne. Der Blick, der dir sagt: ‚Ich hatte nicht darum gebeten, dass sie sich frei machen. Ziehen sie sich wieder an. Ich kann ihre Sehstärke auch so messen.’) und erzähle: „Ich kann nicht mehr klicken. Er ist heute morgen aufgewacht und ich konnte nicht mehr klicken. Gestern Abend war noch alles gut. Ist er nur beleidigt, weil er nicht mit im Bett schlafen durfte oder hat er sich in der Nacht auf meinem Schreibtisch erkältet? Bitten sagen Sie, dass es nur eine Erkältung ist?! Ab jetzt drehe ich auch IMMER die Heizung für ihn hoch und bringe ihm noch einen Tee vor dem Schlafengehen und erzähle ihm eine Gute-Nacht-Geschichte! Ich lerne stricken und stricke ihm eine eigene Decke! Er bekommt sein eigenes Zimmer, einen Hund, einen Butler! Was immer es sein muss!!! Aber er soll wieder heile sein!!!!“

Unbeteiligter Apple-Angestellter, der sich schon hoffnungsvollen nach anderen Kunden umsieht: „Wir haben keinen Techniker im Haus, erst in 4 Stunden kann ich ihnen einen Termin anbieten. Dann können wir hier aber auch nichts machen, sondern der muss eingeschickt werden.“

Ich bin noch enttäuschter, weil ich gerade erfahren habe, dass ich die Sprechstundenhilfe für die Ärztin hielt und ich nicht bereit bin 4 Stunden darauf zu warten, dass sich jemand, der auch nichts machen kann, meines Klick-Problems annimmt. Es geht hier schließlich nur um eine Maschine und nicht um das Leben eines Kindes: „Habe ich Alternativen? Geht es vielleicht morgen einfach wieder?“

Die „Geht’s vielleicht von alleine Weg“- Lösung funktioniert leider nur bei Pickeln, nicht bei Computern und auch nur sehr selten bei unerwünschten Personen. Letzteres war ich für mein Gegenüber und um mich loszuwerden, wiederholte er die magische Formel, die bisher alle Kunden vertrieben hatte: „Muss eingeschickt werden.“

Ich: „Und wohin?“

Er: „Wohin?“

Ich: „Ja, wohin? Es heißt immer, dass alles eingeschickt werden muss. Aber wohin werden die ganzen Sachen denn geschickt? Und wieso ist nie einer dieser Ort in der Nähe, so dass man auch einfach hingehen könnte?“

Sprachlosigkeit im grauen Polo-Shirt starrte mir entgegen. … Ich fürchte über meine Frage, kommt er lange Zeit nicht hinweg. Vielleicht hätte ich ihm eine heiße Schokolade, Kekse oder ein Eis kaufen sollen. Doch ich hatte keine Zeit, ich muss rausfinden, wo dieses „Einschicken“ ist und habe den Verdacht, dass ich auf meiner Reise dorthin dem Weihnachtsmann, dem Yeti und Loch Ness begegnen werde…

Bitte baut mir ein Iphone mit Human-Akku!

Innovation um Innovation fällt dieser Tage vom Applebaum. Sorry, mieser Wortwitz. Doch ich darf das, denn Blogger_innen dürfen 1. Alles und 2. hat es das amerikanische Fallobstnamensunternehmen wieder nicht die Neuheit vorgestellt, die ich mir Wünsche. Ich hoffe bis Weihnachten kriegt ihr das hin, liebe Apple-Entwickler.

Ein größeres Iphone und ein kleineres Ipad sind weltverändernd und ein Betriebssystem, das gestalterisch nun erstmal weniger rund und mehr eckig ist, das  finde ich wirklich alles ganz, ganz, ganz „nett“. Und natürlich muss man auch die Technik dahinter sehen, die ist besser, ja ja, besser als die anderen. Aber noch nicht gut genug.

Ich will ein Human-Akku-Iphone. Eines, das meine Körperkalorien verbrennt, während ich es nutze. Surfen und dabei abnehmen, das wäre mal eine Innovation! Denn ich fürchte, ich surfe und telefoniere immer mehr und bewege mich immer weniger. Es reden doch immer alle von der Ressource Mensch! Und irgendwo müssen die Kalorien doch hin. Wäre es nicht schön, wenn der kleine Akku-Balken auch ein Abnehmbalken wäre? Vielleicht baut dann noch jemand eine App, die mir vor der langen Telko eine Currywurst bestellt. Endlich hätte Essen wieder eine richtige Funktion und nicht nur eine soziale, gemeinschaftliche Erlebnisse schaffende! Endlich hätten unsinnige Lebensmittel, wie Bubble Tea und Frozen Yogurt, eine Funktion! Es wäre eine Weltveränderungen und eine Weltverbesserung! Es ist der unausweichliche technologische, nächste Fortschritt der übersättigten Wohlstandsgesellschaften. Ihr schafft das, liebe Apple-Menschen. Es sind noch gut 10 Wochen bis Weihnachten, bis dahin erwarte ich den ersten Prototypen!