Immer und überall am bechern

Wenn ich dieser Tage durch den Supermarkt bummele, begegnen mir mit steigender Frequenz Lebensmittel, die in Bechern verpackt werden. Jogurt ist dabei noch die harmloseste Variante dieses Trends.  Bei Keksen im Becher wird’s schon komischer. Zwieback im Becher wundert mich dann kaum noch. Hackbällchen im Becher dafür sehr. Suppe im Becher kann ich nachvollziehen. Mein Verständnis hört aber bei Currywurst im Becher auf.

Das Skurrile an den Bechern ist aber vor allem ihre Größe. Denn diese Verpackungen gleichen auf wundersam unheimliche Weise den klassischen Coffee-To-Go-Bechern, die Menschen wie ich, und da oute ich mich, mit angewinkeltem Arm, den Mitmenschen entgegen zeigend  die eigene Pseudo-Busyness und Dekadenz der Welt präsentierend, vor sich her tragen, während sie von Bahn zu Büro oder Büro zu Poststelle oder Poststelle zu Bahn oder Bahn zu Café von Café zu Sportstudio oder sonstwohin, wo man auch Kaffee kaufen kann, bummeln. Aber der Becher muss mit, denn er ist der Pokal der Kosmopoliten, selbst wenn das Alltagsreich nur einen Umkreis von zwei Kilometern umfasst. Der To-Go-Becher setzt mich von den Gammlern und Rumhängern ab, ist Trophäe  dafür, dass ich es geschafft hab. Ich hab irgendwo zu sein! Ich bin unterwegs! In Bewegung! Bewegung ist gut, selbst wenn der Weg steil bergab geht. Das ist latte, solange ich meinen Macchiato hochhalte.

Während das Tragen von koffeinhaltigen Brühgetränke schon exzentrisch ist, frage ich mich sehr, was die Motive von Fleischfertigwaren-to-go-Trägern sind? Und jetzt sagt nicht, es ging um Hunger! DIESE Art der Lebensmitteldarstellung hat so wenig mit Ernährung zu tun wie Mode mit Wärmefunktion.  Ich verstehe den Becher als Accessoire. Aber nicht, wenn er nach Lammhaxe oder Gänsebraten riecht. Das ist so, wie wenn man Schokolade mit Chili isst. Man erwartet etwas geliebtes Bekanntes aber wird statt befriedigt, einfach nur verstört.

7 Gedanken zu “Immer und überall am bechern

  1. Ha! ich habe Tränen gelacht. Und das mitten im vollen Buchladen.
    Die Kunden haben sich sicherlich gewundert, was der Kerl da am PC macht und warum er so rumgackert.
    Danke!
    Lenk mich bitte noch mehr ab.
    Samy

  2. Meine Mutter kam letztens auch mit diesen Hackbällchen im Becher an, auf die Frage was sie damit wolle (warum gerade die??) kam nur ein „Weil sie so schön klein sind!“ – Aha, vor allem aber auch teuer… Und dennoch: klein ist irgendwie auch „in“…wer will sich schon ne riesen Boulette mitten auf der Straße reinziehen? (Außer man ist gerade bei BK, McD und co dann ist es wieder ok). Genau so „in“ wie Leitungsasser (pardon: stilles Wasser) aus kleinen Plastikflaschen – ist irgendwie alles im „Kleinformat“ das auf irgendeine Art und Weise suggeriert: Ich esse nur wenig – also gesund. Jedenfalls kommt mir das immer in den Kopf, wenn ich so etwas sehe.
    Ich esse meine Boulette lieber frisch aus der Pfanne, mein Leitungswasser trinke ich lieber direkt vom Wasserhahn ins Glas abgefüllt und meinen Kaffee lieber in einer großen Tasse (ich verbrühe mich sonst eh nur)… 😉

  3. In Becher verpacktes kaufe ich nicht, aus Papp-Bechern trinke ich nicht. Cafe aus TOGO (Westafrika) könnte verlockend klingen, aber am liebsten trinke ich im Cafe/Bar einen italienischen Espresso aus der Tasse.

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